01. Februar 2014 | M.Sc. Met. Andreas Würtz
Frost und Regen, eine gefährliche Mischung!
Alljährlich stellen die Wintermonate insbesondere für den Verkehr eine große Herausforderung dar. Winterliche Wetterereignisse wie Schnee und Glätte durch Überfrieren oder durch Reifablagerungen führen immer wieder zu erheblichen Verkehrsbehinderungen bzw. zu Unfällen.
Ein besonders hohes Gefahrenpotenzial besitzt das Glatteis. Wie kommt es aber genau zu diesem Phänomen? Dieser Frage soll nun im Weiteren nachgegangen werden.
Allgemein spricht man von Glatteis, wenn Wassertropfen, die als
Niederschlag aus der Atmosphäre herausfallen, beim Auftreffen auf den
Boden sofort gefrieren. Zudem setzt Glatteis stets Niederschlag im
flüssigen Zustand, d.h. in Form von Regen, Sprühregen oder
Nebelnässe, voraus. Der Volksmund spricht in diesen Fällen auch
häufig von Eisregen oder "Blitzeis", was jedoch im meteorologischen
Sinne nicht ganz korrekt ist.
Der Meteorologe unterscheidet zwischen zwei Ursachen der
Glatteisbildung: Einerseits der unterkühlte Regen (Eisregen) und
andererseits der gefrierende Regen. Diese werden oft fälschlich als
bedeutungsgleich angesehen.
Beim gefrierenden Regen weisen die Regentropfen eine Temperatur von
über null Grad Celsius auf und gefrieren erst nach Auftreffen auf
eine wesentlich kältere Oberfläche mit einer Temperatur unterhalb des
Gefrierpunktes. In diesem Fall spielt die Witterungsphase vor dem
Zeitpunkt des einsetzenden Regens eine bedeutende Rolle. So können
sich zum Beispiel nach einer längeren winterlichen Hochdrucklage die
bodennahe Luftschicht sowie die obere Bodenschicht durch nächtliche
Ausstrahlung weit unter null Grad Celsius abkühlen. Greift
nachfolgend ein atlantischer Tiefausläufer auf das Gebiet über, wird
mit einer kräftigen westlichen oder südwestlichen Strömung relativ
milde Meeresluft herangeführt. Dabei findet die Erwärmung der
Atmosphäre wesentlich schneller statt als die der oberen
Bodenschichten. Dies führt schlussendlich dazu, dass ausfallender
Regen auf eine noch gefrorene Bodenoberfläche fällt und dort
gefriert.
Der unterkühlte Regen (Eisregen) besteht aus unterkühlten
Regentropfen, die trotz einer Temperatur unter null Grad Celsius ihre
flüssige Phase beibehalten. Erst beim Auftreffen auf den Boden, wobei
dieser nicht gefroren sein muss, gefriert der Regen schlagartig.
Damit diese Form von Regen auftritt, muss zunächst ein bestimmtes
Temperaturprofil in der Atmosphäre vorliegen. Genauer gesagt, muss
zwischen einer kalten Luftschicht in der Höhe und am Boden eine
hinreichend dicke Warmluftschicht vorhanden sein, damit fallende
Schneeflocken aus der oberen Kaltluftschicht vollständig in flüssige
Regentropfen geschmolzen werden können.
Fallen nun diese geschmolzenen Regentropfen in die darunter liegende
Kaltluftschicht, kühlt sich der Regentropfen wiederum ab. Damit diese
Regentropfen erneut gefrieren können, benötigen diese
Kristallisationskeime (z. B. Staub- oder Rußpartikel). Befinden sich
in der bodennahen Kaltluftschicht jedoch keine oder nur wenige
Kristallisationskeime, können sich die Regentropfen bis weit unter
den Gefrierpunkt abkühlen, ohne zu gefrieren. Folglich kommt es erst
bei der Berührung mit einer Oberfläche, die dann als
Kristallisationskeim dient, zum direkten Gefrieren.
Treffen jedoch einzelne Tropfen auf ihrem Weg zum Boden auf
Kristallisationskeime, entsteht eine Mischung aus Eisregen und
Eiskörner.
Eine typische Wetterlage für das Auftreten von unterkühltem Regen,
ist der Durchzug einer Warmfront nach einer längeren
Dauerfrostperiode. Die schwere Kaltluft am Boden wird nur sehr
zögerlich ausgeräumt, wodurch die Warmluft auf die kalten Luftmassen
am Boden aufgleitet und die oben beschriebene Warmluftschicht (sog.
"Warme Nase") hervorruft.
Wirft man einen Blick auf die aktuelle Wettersituation, so stellt der
aufmerksame Beobachter fest, dass heute im Norden und Nordosten eine
gewisse Gefahr von gefrierendem Regen besteht. Durch die östliche
Strömung in der letzten Woche wurde kontinentale Kaltluft aus
Russland in den Norden und Osten Deutschlands geführt, was dort zu
tagelangem Dauerfrost und zur Auskühlung der oberen Bodenschichten
führte. Mit dem heute übergreifenden Tiefausläufer werden wieder
zunehmend mildere Luftmassen vom Atlantik in Richtung Osten
transportiert, welche die Kaltluft ostwärts verdrängen. Weil sich die
Erwärmung der Atmosphäre schneller vollzieht als die Erwärmung der
oberen Bodenschichten, kann sich auf dem noch zum Teil gefrorenen
Boden Glatteis bilden.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: Armin Vogel
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