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18. Februar 2014 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Riesenwellen

Viele Medien berichteten in den vergangenen Wochen über große und zahlreiche Schäden durch sogenannte Riesenwellen an der Atlantikküste von Portugal, Spanien, Frankreich, Irland und Großbritannien.

Teilweise türmten sich die Wassermassen an den Küsten bis zu 15 m
hoch auf. Dabei wurden Schiffe auf dem Meer wie auch in den Häfen
versenkt sowie küstennahe Straßenzüge unter einer bis zu 2 m dicken
Wasserfläche begraben.



Doch wie entstehen diese zerstörerischen Wellen?

Unter Wasserwellen versteht man Oberflächenwellen, die sich im
Grenzbereich zwischen Wasser und Luft entwickeln. Eine wesentliche
Einflussgröße bei der Wellenentstehung und -entwicklung ist der Wind.
Das Zusammenwirken von Windgeschwindigkeit, Einwirkungsdauer und
Eindringtiefe entscheidet dabei über die Größe und die Gestalt von
Wellen.

Die Energie des Windes, die auf die Wasseroberfläche einwirkt,
erzeugt Reibung, welche wiederum die Wasserteilchen in Schwingung
versetzt. Wenn man die Meeresoberfläche betrachtet, so scheint es,
als ob die Wellen an einem vorüber wandern würden. Wenn wir jedoch
einen im Wasser schwimmenden Gegenstand genauer betrachten, so bleibt
dieser fast immer am selben Standort und bewegt sich nur auf und
nieder. Er führt annähernd eine vertikale Bewegung durch. Ist die
Wassertiefe jedoch ausreichend groß, so kommt auch noch eine geringe
horizontale Komponente dazu, die das Wasserteilchen kreisen lässt.

Je stärker der Wind weht, desto größer ist die Eindringtiefe und umso
stärker sind folglich auch die Kreisbewegung der Wasserteilchen sowie
die Wellenhöhe. Durch Wind hervorgerufene Wellen verlaufen dabei
meist in Windrichtung.

Bei der Entstehung der sogenannten Riesenwellen nehmen zusätzlich die
Wellenrichtung, die Wellenperiode sowie die Wellenlänge (Entfernung
von einem Wellenkamm zum nächsten Wellenkamm) entscheidende Rollen
ein.

Trifft z.B. eine schnelle Welle (kleine Wellenperiode) auf eine
langsame Welle (große Wellenperiode), so wird die schnelle Welle
gestaucht und türmt sich auf.

Aber auch Wellenüberlagerungen können zu einer großen Wellenhöhe
führen. Dies kann bei einer gegenläufigen Richtung von Dünung - durch
Wind verursachte Wellen, ohne unmittelbaren Zusammenhang mit dem
aktuellen Wettergeschehen in dem Beobachtungsgebiet (sozusagen "alter
Seegang") - und aktuelle Windsee, also der sogenannten "Kreuzsee",
beobachtet werden. Die Kreuzsee steht häufig im Zusammenhang mit dem
Durchgang einer Kaltfront. Dort dreht der Wind meist von Südwest auf
Nordwest, was auch mit einer wechselnden Wellenrichtung einhergeht.
Auch in diesem Fall kann es zu steilen und unberechenbaren
Monsterwellen kommen.

Eine weitere Möglichkeit zur Entstehung von Riesenwellen besteht in
der Überlagerung von Meeresströmungen und Windwellen. Hierbei kann
sich die Wellenhöhe amplifizieren. Dieses Phänomen wurde bisher
häufig südöstlich von Afrika und an der Südspitze Südamerikas
festgestellt.

Was jedoch den europäischen Raum betrifft, müssen insbesondere die
Britischen Inseln in den nächsten Tagen, wie schon so oft in den
letzten Monaten, immer wieder mit einem hohen Wellengang rechnen. Auf
dem Atlantik entwickeln sich nach wie vor ausgeprägte Sturmtiefs, die
im weiteren Verlauf zusammen mit deren Ausläufern über die Britischen
Inseln hinwegziehen und somit die Wellen gegen die Küste brechen
lassen.*


© Deutscher Wetterdienst

Bild: Andrew Tijou