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20. Februar 2014 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Das Winterhalbjahr ist oft Hochsaison zerstörerischer Stürme

Jedes Jahr, wenn sich der Sommer dem Ende neigt und der Herbst als Übergangsjahreszeit zum Winter Einzug hält, steigt die Gefahr von Stürmen.

Das Auftreten und die Entwicklung sind stark von den meteorologischen Rahmenbedingungen abhängig. Günstige Bedingungen sind dabei ein starker Temperaturgegensatz sowie entsprechend eine starke zonale (von Westen nach Osten gerichtete) Strömung über dem Atlantik. Liegt nun das Tief auch noch optimal zu den Höhenwinden (am linken Ausgangsbereich des Jet-Streams) und kann genügend warme und feuchte subtropische Luft ansaugen, steht einer Entwicklung zum Sturmtief nur noch wenig im Wege. Jedoch sollte über dem östlichen Nordatlantik oder Westeuropa auch kein störendes Hochdruckgebiet die Tiefdruckgebiete auf der Zugbahn nach Mitteleuropa blockieren. Da nicht jedes Jahr die Voraussetzungen für Stürme erfüllt sind, treten häufig auch ruhigere und dann meist auch kältere Winterhochdrucklagen auf.

Als Winterstürme werden Sturmereignisse zwischen Oktober und März
bezeichnet. Diese stellen durch ihre erheblichen Schäden für die
gesellschaftlichen und ökonomischen Bereiche ein sehr großes
Naturrisiko dar. Auch für die Versicherungswirtschaft sind Stürme,
gemessen an der Häufigkeit von Schadenereignissen der betroffenen
Gesamtfläche und dem Schadenausmaß eine der bedeutendsten Gefahren.
Bis zu 80% der versicherten Schäden entfallen auf dieses
Naturereignis. Im Jahre 2012 wurden weltweit 903 Naturkatastrophen
registriert. Davon konnten 45% der Naturgefahr Sturm zugeordnet
werden, welche wiederum 68% der versicherten Schäden in Höhe von
insgesamt 70 Mrd. US$ ausmachten. In Deutschland sorgten 2012
insgesamt 21 Sturmereignisse für große Schäden. Der vieljährige Trend
zeigt zwischen 1970 und 2012 bei den Winterstürmen unter
Berücksichtigung der absoluten Zahlen einen Anstieg um etwa 50%. Die
versicherten Schäden stiegen im gleichen Zeitraum auf das Dreifache.
Herausragende Winterstürme in der Vergangenheit waren Kyrill
(18.01.2007), Jeanett (27.10.2002) und Lothar (25.12.1999) sowie die
Sturmserie Anfang 1990 mit Daria, Herta, Vivian und Wiebke. Allein
Kyrill kostete die Versicherungsunternehmen 5-7 Milliarden Euro,
wovon wiederum 2,1 Milliarden Euro auf Deutschland entfielen
(Münchner Rück). Jeanett und Lothar sowie die Sturmserie in den 90ern
verursachten ebenfalls Schäden oberhalb der Milliardengrenze.

Küstenschäden bei Hemsby, Norfolk durch Orkan Xaver
Küstenschäden bei Hemsby, Norfolk durch Orkan Xaver


Nachdem das Winterhalbjahr 2012/13 eher ruhig verlief, nahm die
Atmosphäre seit letzten Oktober wieder kräftig Fahrt auf. Seit
Oktober 2013 fegten schon über 10 Stürme teilweise mit Orkanstärke
über Teile von Europa hinweg. Insbesondere die Britischen Inseln
wurden dabei immer wieder stark getroffen. In Deutschland bleiben vor
allem die Orkantiefs Christian (28.10.13) und Xaver (05./06.12.13) in
Erinnerung. Bei Orkan Christian hinterließen Windgeschwindigkeiten
von über 170 km/h im Nordwesten Europas eine Spur der Verwüstung.
Allein in Deutschland starben 7 Menschen. Bei Orkan Xaver wurden zwar
nicht ganz so hohe Windgeschwindigkeiten gemessen, dafür stürmte er
mit viel Ausdauer über die nordwestlichen, europäischen Regionen. Die
Folge waren gleich mehrere Sturmfluten an der deutschen Nordseeküste.
Aber auch die Sturm- oder Orkantiefs Dirk, Anne, Petra und Qumaira
sowie Tini und Ulla sorgten durch hohe Windgeschwindigkeiten für
große Schäden. Dirk (24.12.13) ging dabei mit einem ungewöhnlich
niedrigen Kerndruck von etwa 926 hPa in die Geschichte ein und zeigte
sich gleichzeitig dafür verantwortlich, dass das Weihnachtsfest in
großen Teilen Europas nicht kalt und weiß, sondern vom Winde verweht
wurde. Die Februarstürme von Petra bis Ulla ließen ihre Kräfte vor
allem über den Britischen Inseln spielen. Neben extremen
Windgeschwindigkeiten von bis zu 170 km/h sorgten die Tiefs dort auch
für große Niederschlagsmengen, die ganze Landstriche teilweise
meterhoch unter Wasser setzten.

Und auch in den kommenden Tagen bleibt die Atmosphäre zunächst aktiv.
Auf dem Atlantik entwickeln sich weiterhin Tiefdruckgebiete, die
wahrscheinlich mit Sturmstärke über Nordwesteuropa hinwegziehen.
Einen ersten Vorgeschmack liefert schon am Donnerstag und Freitag das
Sturmtief Waltraud.



© Deutscher Wetterdienst

Bild: Evelyn Simak