11. April 2014 | Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Wäschetrocknen aus wissenschaftlicher Sicht
Mit der Umstellung auf die Sommerzeit ist es abends nun wieder "länger" hell. Spielt auch noch das Wetter mit, kann man endlich wieder länger draußen in der Sonne liegen, länger draußen Sport treiben und... länger draußen Wäsche trocknen.
Wer nicht auf einen Trockner zurückgreifen kann oder will und einen
Garten oder Balkon besitzt, wird seine Wäsche vermutlich dort auf die
Leine hängen. Gemeinhin denkt man, dass Wäsche umso besser trocknet,
je wärmer und trockener die Umgebungsluft ist. Doch trocknet die
Wäsche wirklich nur dann? Die erfahrenen Hausfrauen und -männer
werden jetzt schmunzeln, denn sie wissen, dass die Wäsche auch bei
Minustemperaturen trocken wird und das nicht einmal unbedingt
deutlich langsamer als bei Plusgraden.
Betrachten wir das Ganze einmal aus wissenschaftlicher Sicht: Hängt
man seine nasse Wäsche bei zum Beispiel +20 °C draußen auf,
verdunsten die in der Wäsche enthaltenen Wassertröpfchen nach und
nach. Für die Verdunstung, also für den Übergang von Wasser in
Wasserdampf, wird Energie benötigt. Diese wird der Umgebungsluft
entzogen, wodurch sich diese abkühlt. Man spricht hierbei auch von
der sogenannten "Verdunstungskälte". Dieser Effekt dürfte vielen vom
Duschen bekannt sein. Trocknet man sich danach nicht sofort ab,
empfindet man die Luft um sich herum als deutlich kühler als vor dem
Betreten der Dusche. Je höher die Temperatur der Umgebungsluft ist,
desto größer ist auch ihre Energie, die der nassen Wäsche hinzugefügt
werden kann, wodurch letztere in der Folge umso schneller trocknet.
Mit Windunterstützung wird der Verdunstungsvorgang noch zusätzlich
beschleunigt.
Ein weiterer wichtiger meteorologischer Parameter in diesem
Zusammenhang ist die relative Feuchte der Luft. Sie beschreibt das
prozentuale Verhältnis aus dem momentan in der Luft enthaltenen
Wasserdampf und der Wasserdampfmenge, die die Luft unter den
momentanen meteorologischen Bedingungen maximal aufnehmen könnte. Bei
einer relativen Luftfeuchte von 0 % befindet sich kein Wasserdampf in
der Luft, bei 100 % kann die Luft dagegen keinen weiteren Wasserdampf
mehr aufnehmen. In der Meteorologie spricht man auch davon, dass die
Luft dann gesättigt ist. Als Konsequenz kondensiert der überschüssige
Wasserdampf und es bilden sich Wolken oder Nebel.
Übertragen wir das auf unsere Wäsche, so gilt: Je größer die relative
Luftfeuchte, desto weniger Wasserdampf kann von der Umgebungsluft
aufgenommen werden und desto langsamer trocknet die Wäsche. Anders
ausgedrückt: Bei einer relativen Luftfeuchte von 100 %, also z.B. bei
Regen oder Nebel, wird die Wäsche nicht trocknen, egal wie lang sie
auf der Leine hängt.
Doch was ist nun mit dem Wäschetrocknen bei Frost? Wie bitte soll das
denn funktionieren? Das Zauberwort hierbei lautet "Sublimation"
(Erklärung folgt). Bei negativen Temperaturen passiert mit der Wäsche
zunächst genau das Gegenteil wie bei Plusgraden: Das Wasser in der
Wäsche gefriert. Würde man nun die gefrorene Wäsche ins Haus tragen
und dort aufhängen, so würde das Eis zunächst wieder in Wasser und
danach in Wasserdampf übergehen. Lässt man die "Eis-Wäsche" aber
draußen bei Minustemperaturen hängen, so geht das Eis direkt in
Wasserdampf über, oder anders ausgedrückt: Es sublimiert. Die Wäsche
ist danach natürlich kälter als bei einer "warmen" Trocknung, aber
das Ergebnis ist dasselbe: Sie ist trocken. Allerdings gilt auch
hier, dass die Wäsche umso schlechter trocknet, je größer die
relative Luftfeuchte ist.
Über Nacht sollte man seine Wäsche aber besser im Haus aufhängen.
Normalerweise sinkt nämlich nachts die Temperatur im Freien, sodass
die Luft weniger Wasserdampf aufnehmen kann und somit die relative
Luftfeuchte zunimmt. Damit würde die Wäsche entsprechend länger zum
Trocknen brauchen.
Fazit: Ob bei +20 °C oder -20 °C, solange die relative Luftfeuchte
nicht zu hoch ist, trocknet die Wäsche ohne Probleme.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: © dinozzaver - Fotolia.com
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