25. Mai 2014 | M.Sc. Met. Stefan Bach
Von Mitternachtsdämmerung und Weißen Nächten
Wer von Ihnen Frühaufsteher ist, wird bemerkt haben, dass es morgens mit jedem Tag zeitiger hell ist und Hausrotschwanz, Singdrossel und Amsel dementsprechend auch früher mit ihrem Gesang beginnen.
Das ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass wir uns allmählich der Sommersonnenwende am 21. Juni nähern. Wer sich in der vergangenen Nacht etwas nördlich einer Linie von Dresden bis nach Köln aufgehalten hat, hat vielleicht mitbekommen, dass es nicht mehr völlig dunkel wurde. Das liegt daran, dass die Sonne in diesen Gefilden aktuell nicht mehr als 18° unter den Horizont sinkt.
Die sogenannte astronomische Dämmerung, von der man in diesem Fall
spricht, nimmt also abends kein Ende und geht direkt in die
Morgendämmerung über. Im Laufe des Frühsommers wandert der Bereich,
in dem es "nie richtig Nacht" wird, immer weiter nach Süden. Dabei
liegt die Grenze am 21. Juni - also zu Sommeranfang - in etwa auf
einer Linie von Passau bis nach Straßburg. Nördlich davon kann man
eine Mitternachtsdämmerung beobachten, südlich davon erlebt man
wirkliche dunkle Nächte.
Von der astronomischen Dämmerung abzugrenzen sind nautische Dämmerung
(die Sonne steht zwischen 6 und 12° unter dem Horizont, wobei große
Sterne und erste Sternbilder erkennbar werden) und bürgerliche
Dämmerung (die Sonne steht bis 6° unter dem Horizont, helle Planeten
erscheinen allmählich). Im äußersten Norden Deutschlands geht um die
Sommersonnenwende herum die nautische Abenddämmerung in die nautische
Morgendämmerung über. Dort zieht das Sonnenlicht als Silberstreif am
Horizont entlang.
Mit jedem Kilometer, den man nach Norden kommt, werden die Nächte im
Sommer heller. Ab etwa 57° nördlicher Breite geht die Sonne nur für
ganz kurze Zeit unter. Der Himmel ist dann oft in ein wunderschön
anzuschauendes Dämmerlicht getaucht.
Berühmt sind die sogenannten Weißen Nächte von Sankt Petersburg, der
nördlichsten Millionenstadt der Erde. Sie bezaubern jedes Jahr
Scharen von Touristen und Einheimischen.
Noch weiter nördlich, nämlich zwischen Nordpol und Polarkreis geht
die Sonne an mindestens einem Tag im Jahr nicht unter. Man spricht
dann von einem Polartag. Aufgrund der Brechung des Sonnenlichtes in
der Atmosphäre lässt sich dieses Phänomen auch knapp südlich des
Polarkreises noch beobachten.
Diese Phänomene lassen sich (zumindest theoretisch) auch auf der
Südhalbkugel beobachten. Theoretisch deshalb, weil es dort, abgesehen
von Antarktika und der Südspitze Südamerikas, keine entsprechende
Landmasse gibt. So gehören beispielsweise die Bewohner von Puerto
Williams - dem südlichsten Ort der Erde - zu den wenigen Menschen,
die sich an Weißen Nächten um die Sonnenwende im Dezember erfreuen.
Dann beginnt nämlich der Sommer auf der Südhalbkugel.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: Herbert Ortner
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