22. Juli 2014 | M.Sc. Met. Stefan Bach
Die Hundstage
Am morgigen Mittwoch beginnen sie: die Hundstage. Mit dem liebsten vierbeinigen Freund des Menschen haben diese Tage nur entfernt etwas zu tun.
Umgangssprachlich bezeichnet man in vielen Ländern Europas die heißen Tage in der Zeit vom 23. Juli bis 23. August als "Hundstage". Namensgebend ist dabei das Sternbild Großer Hund, dessen hellster Stern der Sirius ist. Wie kommt man aber nun vom Sternbild auf das Wetter? Um das zu klären, müssen wir etwa 6000 Jahre in der Zeit zurück reisen.
Die alten Ägypter erkannten, dass das Anschwellen des Nils mit der
Bewegung der Sonne über den Äquator nach Norden zusammenhing. Mit dem
Sonnenstand wandert auch die sogenannte innertropische Konvergenzzone
(ITCZ) nach Norden. Damit beginnt am Oberlauf des Nils die Regenzeit.
In heutigen politischen Grenzen gehören im Wesentlichen der Südsudan,
Äthiopien, Kenia, Uganda und Tansania zum Einzugsgebiet des längsten
Flusses der Erde. Man stellte damals auch fest, dass der Frühaufgang
des Sirius mit der Sommersonnenwende und somit mit dem Beginn der
fruchtbaren Nilschwemme zusammenfiel. Das war in der auf
Landwirtschaft ausgerichteten Gesellschaft ein äußerst wichtiges
Ereignis.
Sowohl Erdrotation als auch Umlauf der Erde um die Sonne (Revolution)
geschehen gegen den Uhrzeigersinn. Die Erde dreht sich also in
West-Ost-Richtung - die Sonne geht im Osten auf. In gleicher Weise
wandert die Position der Erde auf der Ekliptik (Sonnenbahn-Ebene)
nach Osten. Aus diesem Grund gehen die im Jahresverlauf immer wieder
neu erscheinenden Sterne und Sternbilder zuerst morgens auf. Man
spricht dann auch vom "heliakischen Aufgang". Sie werden zunächst in
der Morgendämmerung sichtbar, dann von Tag zu Tag etwas früher in die
Nacht hinein verschoben. Es dauert einen ganzen Monat, bis alle
Sterne des Großen Hundes sichtbar sind.
Während der Frühaufgang von Sirius bei den Ägyptern ein positives
Ansehen genoss, hatte er etwas weiter nördlich in Mesopotamien ein
ganz anderes Image. Während das damalige Oberägypten im Sommer im
Einflussbereich der ITCZ lag, wurde das Zweistromland durch den
ebenfalls nach Norden wandernden subtropischen Hochdruckgürtel von
Hitze und Dürre heimgesucht. Entsprechend wurde Sirius als böser Gott
angesehen, der es nicht regnen ließ. Dazu passte es auch, dass die
Regenzeit einsetzte, nachdem Sirius vom Nachthimmel verschwunden ist.
Entsprechend schufen sie sich für diese Zeit die Sternbilder
Ziegenfisch, Wassermann und Fische. Diese Regenzeit hängt mit einer
Südverlagerung der Frontalzone im Winter zusammen.
Die Griechen übernahmen den Hund in ihren Götter- und Sternenkult. Ab
dem Jahr 432 v. Chr. begann alle 19 Jahre das Kalenderjahr mit dem
Frühaufgang des Sirius. Allerdings fiel der heliakische Aufgang zu
dieser Zeit schon nicht mehr auf den 21. Juni, sondern hatte sich um
knapp einen Monat nach hinten auf den 19. Juli verschoben.
Die Ursache dafür ist die Kreiselbewegung der Erdachse auf ihrer
Ekliptik. Dieses Phänomen nennt man Präzession. Es handelt sich dabei
um eine Achsenkreiselbewegung mit dem Neigungswinkel der Erdachse von
23,44° gegen die Himmelsachse. Diese Bewegung verläuft im
Uhrzeigersinn, also der Revolution entgegengerichtet. Daher kommt es
zu einer Rückverlagerung des Punktes der
Frühlings-Tag-und-Nacht-Gleiche auf der Erdbahn und somit zu einer
"Frühlingsverfrühung". Alle etwa 25700 bis 25800 Jahre hat der
sogenannte Frühlingspunkt dann alle Tierkreiszeichen durchwandert.
Die Folge dieser Bewegung ist, dass alle Sterne und Sternbilder etwa
alle 2150 Jahre um ein Tierkreiszeichen gegenüber dem Frühlingspunkt
vorrücken. Die Sonne steht also alle 2150 Jahre einen Monat später im
selben Sternbild.
Nun könnte man nachrechnen und zu dem Schluss kommen, dass zwischen
ägyptischem und griechischem Kalender doch ungefähr 3000 Jahre liegen
und somit der Sirius-Frühaufgang bei den alten Griechen etwa
eineinhalb Monate statt nur einem Monat später liegen müsste. Diese
Differenz lässt sich zum einen damit erklären, dass sich die Neigung
der Erdachse gegenüber der Ekliptik ebenfalls ändert. Zum anderen
sind Fixsterne wie Sirius trotz ihres Namens keine hundertprozentig
festen Sterne und bilden im Laufe der Zeit völlig neue Sternbilder.
Die heißeste Zeit des Jahres in Griechenland lag vor nunmehr fast
2500 Jahren und liegt auch noch heute im Mittel im Zeitraum von Mitte
Juli bis Mitte August. Dann ist zwar der Sonnenhöchststand schon um
einen Monat überschritten, jedoch hängt die Meteorologie der
Astronomie aus energetischen Gründen etwas hinterher.
So konnten die alten Griechen also den Beginn der Hitze mit dem
Frühaufgang von Sirius im Sternbild des Großen Hundes in Verbindung
bringen. Dass die Griechen diese Zeit nicht gerade schätzen, kommt
auch schon im griechischen Ursprung des Namens Sirius - Seirios - zum
Tragen, was man mit "gleißend heiß" übersetzen könnte.
Auch wenn seit dieser Zeit viele Jahre ins Land gegangen sind, hat
sich die Bezeichnung "Hundstage" für die heißesten Tage in vielen
Gegenden Europas bis heute gehalten. Jedoch hat sich der Frühaufgang
von Sirius und der anderen Sterne des Großen Hundes aufgrund der
Präzession inzwischen weiter nach hinten verlagert. So kann man
diesen in Griechenland heutzutage am Morgenhimmel um den 10. August
herum beobachten, in Deutschland je nach geografischer Position sogar
erst Ende August/Anfang September. Die größte Hitze ist da aber in
der Regel schon vorbei und der Herbst steht so langsam vor der Tür.
Für den Zeitraum vom 28. Juli bis 7. August - also mitten während der
Hundstage - weisen die Statistiken für Mitteleuropa oftmals eine
Südwestwetterlage aus. Die dabei herangeführten Luftmassen sind zwar
auch mit warm bis heiß zu charakterisieren, jedoch neigen sie häufig
auch zur Gewitterbildung.
© Deutscher Wetterdienst
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