Facebook Twitter
Drucken
31. August 2014 | Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Der Herbst am Mittelmeer - die Spannung steigt!

Für das Ende des Sommers gibt es wohl viele verschiedene Definitionen: Für die Meteorologen auf der Nordhalbkugel endet er am heutigen Sonntag um Punkt 24 Uhr, aus astronomischer Sicht erst gut drei Wochen später am 23. September. Einige haben den Sommer vermutlich schon seit Längerem begraben und für andere hat er wohl noch gar nicht angefangen.

Doch wie dem auch sei, in den Küstenregionen des westlichen Mittelmeeres blicken derzeit vermutlich einige Menschen mit Sorge auf das Jahreszeitenkarussell. Speziell zwischen September und November kommt es nämlich im westlichen Mittelmeerraum von der Iberischen Halbinsel bis Italien vermehrt zur Bildung von Tiefdruckgebieten, auch Zyklogenese genannt, mit nachfolgenden Starkniederschlägen. Ein wichtiger Grund für dieses Phänomen ist die Wasseroberflächentemperatur des Mittelmeers, die sich nur ganz langsam abkühlt und somit in diesem Zeitraum immer noch sehr warm ist.


Obwohl diese Tiefdruckgebiete meist weder großräumig sind, noch einen
niedrigen Kerndruck besitzen, verursachen einige von ihnen trotzdem
immer wieder hohe Niederschlagsmengen. Vor allem vom Küstenbogen
Spaniens über Frankreich bis nach Italien und in den dahinter
liegenden Alpenregionen sind dann Tageswerte von bis zu 300 l/qm
nicht gerade selten. Hervorzuheben ist allerdings ein
Starkregenereignis in Vicomorasso in der Nähe von Genua im November
2011. Dort kam innerhalb von 24 Stunden (4.11. bis 5.11.) eine
unglaubliche Regenmenge von 465 l/qm zusammen!

Überflutungen und Schäden in der Hafenstadt Genua Anfang November 2011
Überflutungen und Schäden in der Hafenstadt Genua Anfang November 2011


Verbunden mit diesen enormen Niederschlägen sind unweigerlich
Überflutungen und Erdrutsche. In der Folge kommt es in diesen
Regionen und in diesem Zeitraum immer wieder zu verheerenden Schäden,
Verletzten und Toten. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom so
genannten "High Impact Weather" (HIW; frei übersetzt: "Wettersysteme
mit hohem Schadenspotenzial"). Die Begründung dieser enormen
Wassermengen liegt vor allem in einer nur langsamen bis sehr
langsamen Zuggeschwindigkeit der Tiefdruckgebiete und somit auch der
mit ihnen verbundenen Niederschläge. Natürlich spielt aber auch die
Orografie hierbei eine entscheidende Rolle, wie zum Beispiel
Staueffekte an den Alpen oder den Apenninen.

Die Beantwortung der Fragen wann, wo und warum manche
Tiefdruckgebiete HIW verursachen, während andere dies nicht tun, ist
Gegenstand gegenwärtiger Forschungsprojekte. Aufgrund ihrer komplexen
dynamischen Struktur und Entwicklung sind HIW-verursachende Tiefs nur
sehr schwierig vorherzusagen. Zudem gibt es eine Vielzahl an Faktoren
bezüglich ihrer Entstehung, Entwicklung und Vorhersage, die bisher
noch nicht ausreichend untersucht und damit verbunden auch nur zu
einem geringen Grad verstanden wurden.


Ziel der Forschung in diesem Bereich ist es, die Vorhersage von HIW
zu verbessern, um vor allem die Anzahl an mit HIW verbundenen
Verletzten und Todesfällen so weit wie möglich zu reduzieren.

In den kommenden Tagen zeigt sich das Wetter im westlichen
Mittelmeerraum allerdings von seiner sonnigen Seite. Nur in Italien
sowie an der Adria muss zu Beginn der neuen Woche mit kräftigen
Schauern und Gewittern gerechnet werden.



© Deutscher Wetterdienst

Bild: Youtube