24. September 2014 | Dipl.-Met. Helge Tuschy
Der "Sonnenstaat" - Kalifornien wartet auf Regen
Kalifornien, der bevölkerungsreichste Staat der Vereinigten Staaten von Amerika, wunderschön am Pazifischen Ozean gelegen und Beinamen wie "Goldener Staat" oder Beschreibungen wie "Das Land, aus dem die Träume sind" (Der SPIEGEL, Nr.3/1976) besitzend, hat ein sehr ernst zunehmendes, meteorologisches Problem.
Dieses ist weltweit das am frühesten dokumentierte klimatologische Ereignis und wird als ein nicht ungewöhnliches und wiederholt auftretendes Charakteristikum des Weltklimas gesehen: die Dürre.
Die Definition von Dürre lautet: "Eine Periode ungewöhnlich trockenen
Wetters, die lange genug andauert, um wirtschaftlichen Schaden oder
Schaden an der Umwelt hervorzurufen." (National Climate Data Center).
Da dieses Naturphänomen ein schleichendes ist, kann man schwer sagen,
ab wann eine Dürre beginnt, um entsprechend Vorkehrungen treffen zu
können. Dies war auch in Kalifornien der Fall.
Kalifornien ist es gewohnt, dass die saisonalen Niederschläge starke
und schwer vorhersagbare Schwankungen aufweisen, was die
Niederschlagsvorhersage für die kommenden Monate stark erschwert. Im
Fall der nun anhaltenden Trockenheit begannen sich in Kalifornien die
ersten Anzeichen Ende 2011 zu mehren, dass es zunehmend trockener
werden würde. Jedoch verliefen die folgenden Monate wenig spektakulär
und immer wieder konnten vom Pazifik heranziehende
Niederschlagsgebiete den Vormarsch der Trockenheit abschwächen oder
scheinbar temporär unterbrechen. Über das gesamte Jahr 2012 gesehen
begann sich jedoch die Trockenheit von Monat zu Monat allmählich auf
weite Bereiche Kaliforniens auszuweiten. Nach einem außergewöhnlich
nassen Beginn des Winters 2012/13 verschärfte sich die Trockenheit in
der Folge dann dramatisch. Die Messperiode von Januar bis Juni 2013
war die trockenste seit Beginn der 118-jährigen Messreihe in
Kalifornien, wobei weite Bereiche Kaliforniens während dieser Zeit
beinahe überhaupt keinen Niederschlag erhielten.
Aus meteorologischer Sicht war der Grund für diese
Niederschlagsanomalie ein beständiges und sehr kräftiges
Hochdruckgebiet über dem nordöstlichen Pazifik. Dieses sorgte vor
allem während der Winterzeit dafür, dass die sonst für Kalifornien
niederschlagsbringenden Tiefdruckgebiete auf einer außergewöhnlich
nördlichen Zugbahn vorbeizogen. Regionen wie Alaska erlebten im
Herbst und Winter 2013/14 ungewöhnlich warme Temperaturen mit viel
Niederschlag (u.a. resultierte daraus der seit 2010 weltweit
massivste Erdrutsch am "Mt La Perouse", der auch in internationalen
Medien für Aufsehen sorgte). Währenddessen ging die Trockenheit in
Kalifornien weiter.
Der Winter 2013-14 rangierte in der Liste der trockensten Winter
"nur" auf dem dritten Platz, aber wenn man das gesamte Jahr 2013
betrachtet, so muss man feststellen, dass es das trockenste seit
mindestens 100 Jahren in Kalifornien war.
Neben der Trockenheit wurden in beinahe erschreckender Regelmäßigkeit
Temperaturrekorde gebrochen: sowohl Tagesrekorde als auch
Monatsrekorde. Vergleicht man die Temperaturen des saisonalen
Abschnitts Januar bis Juni von 2014 mit dem des bisher wärmsten
Jahres, so liegt dieser Wert um mehr als 1 Grad Celsius über dem
bisherigen Rekord. Solch eine Abweichung ist aus klimatologischer
Sicht gesehen beträchtlich. Zusammengefasst setzt sich die Dürre nun
bisher aus 3 Jahren zusammen, wobei in dieser Zeitspanne das bisher
trockenste Jahr (2013) zu finden ist.
A firefighter battling the King Fire sprays water on a backfire in Fresh Pond, California. pic.twitter.com/JMBDyyDXqf
— Joseph Jett (@josephjett) 18. September 2014
Auswirkungen der Dürre fanden erst vor Kurzem den Weg in die
internationalen Medien. Es handelt sich dabei um einen Waldbrand,
welcher unter dem Namen "King Fire" in Zentralkalifornien binnen 24
Stunden um mehr als das Doppelte anwuchs. Durch ein komplexes
Zusammenspiel von Wind, Temperatur und Bewölkung mit der sehr
trockenen Vegetation kommt es immer häufiger zu solch
explosionsartige Veränderungen von Waldbränden. Das bedeutet, dass
diese noch unberechenbarer und gefährlicher sind. Und leider steht
die gefährliche Zeit der Waldbrände erst noch vor der Tür, die sich
im Herbst beginnend bis in den Winter erstreckt.
Natürlich hat solch eine Dürre auch massive Auswirkungen auf die dort
lebenden Menschen. Hervorgehoben seien hier z.B. die Farmer. Seit
Generationen bewirtschaftete Ländereien stehen vor dem endgültigen
Aus. Der wirtschaftliche Schaden geht bereits in die Milliarden und
steigt von Tag zu Tag und von Monat zu Monat immer weiter an. Die
Dürre macht sich auch in Großstädten bemerkbar. Der Verkauf
künstlichen Rasens boomt und zum ersten Mal in der Geschichte
Kaliforniens wurden 3 Gesetzentwürfe zur sinnvollen und nachhaltigen
Verwendung von Grundwasser verabschiedet. Der enorme
Grundwasserverbrauch zusammen mit der andauernden Dürre lässt die
Wasserspeicher in Kalifornien mit einer enormen Rate absinken, sodass
zu befürchten ist, dass diese in den kommenden Monaten bereits
Rekordtiefststände erreichen werden.
Don't count on #ElNiño to end California's #drought anytime soon, NASA says. http://t.co/43WsHgFjwE pic.twitter.com/do3seWx7F3
— Times of San Diego (@TimesofSanDiego) 23. September 2014
Auch wenn die ersten Klimavorhersagen für die kommenden Monate noch
sehr unsicher sind, so deutet sich keine durchgreifende und
nachhaltige Verbesserung der Lage in Kalifornien an. Zwar ist die
Möglichkeit für einen regenreichen Winter gegeben (im Zuge der
erwarteten schwachen Entwicklung des El Nino
[http://www.dwd.de/lexikon]). Doch einerseits ist der Zusammenhang
eines schwachen El Nino mit einem regenreichen Winter in Kalifornien
bisher kaum zu belegen und daher sehr unsicher, andererseits steht
unausweichlich auch wieder ein neuer Sommer im kommenden Jahr bevor.
Kalifornien hat bis jetzt ein Niederschlagsdefizit von mindesten
einem Jahressoll und dies wird selbst mit einem feuchteren Winter
kaum ausgeglichen werden können. Von daher muss davon ausgegangen
werden, dass die Dürre auch die kommenden Jahre über ein großes Thema
sein wird. Das Warten auf den dringend benötigten Niederschlag geht
also weiter im Sonnenstaat der Vereinigten Staaten von Amerika.
Quelle: Die statistischen Daten und Auswertungen wurden vom National
Climate Data Center, NCDC der National Oceanic and Atmospheric
Administration, NOAA entnommen.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: California Department of Water Resources/Florence Low.
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