28. Oktober 2014 | Dipl.-Met. Helge Tuschy
Turbulentes Wetter im Süden Norwegens und Schwedens
Das kräftige Hochdruckgebiet PITTER, das sich von Russland über Mitteleuropa bis zur Iberischen Halbinsel erstreckt, sorgt auch am heutigen Dienstag in Deutschland für ruhiges Wetter.
Teils dichte Bodennebel- oder Hochnebelfelder aber auch viel Sonnenschein bestimmen das Wettergeschehen und zaubern dem einen ein sonniges Lächeln aufs Gesicht oder sorgen bei dem anderen im Dauergrau des Nebels für eine eher gedrückte Stimmung.
Well, the weather was not exactly what I was hoping for, but this is Norway #Lsyefjord http://t.co/pqTPl9jrhL pic.twitter.com/jfSp0fdlXs
— rennertweb.de (@rennertweb) 23. Oktober 2014
Weiter nördlich in Europa, genauer gesagt im Süden Schwedens und
Norwegens gestaltet sich das Wetter bei Weitem nicht so zahm. In
diesen Regionen prallen maritime Polarluft und maritime Subtropikluft
aufeinander, die für eine üppige Palette an markanten
Wettererscheinungen sorgen.
Bereits seit mehreren Tagen kann man verfolgen, wie Luft tropischen
Ursprungs aus dem Bereich der östlichen Karibik über den Nordatlantik
in Richtung Europa geführt wird. Diese Luftmasse verlor auf ihrem
langen Weg nach Osten zwar allmählich ihre tropischen Eigenschaften
(sehr warm und sehr feucht), da sie die warmen Wassermassen der
Tropen sukzessive verließ. Beim Erreichen des östlichen Atlantiks
weist sie aber noch immer einen hohen Feuchtegehalt auf. Diese
Luftmasse wird heute vorderseitig eines kräftigen Tiefdruckgebietes,
das sich vom Europäischen Nordmeer bis in den östlichen Atlantik
erstreckt, über Irland und Großbritannien hinweg auf direktem Wege
nach Südnorwegen gelenkt. Dort trifft sie auf die Ausläufer des
Skandinavischen Gebirges, wo es seit gestern wiederholt sehr kräftig
geregnet hat (Takle mit 78 l/qm und Kvamskogen-Jonshogdi mit 80 l/qm
Niederschlag im Südwesten Norwegens in einem Zeitraum von Montag 06
UTC bis Dienstag 06 UTC). Auch am heutigen Dienstag werden im Stau
entlang der Südwestküste Norwegens anhaltende und kräftige
Niederschläge erwartet, wobei die Wettermodelle Niederschlagsmengen
von teils über 100 l/qm in 24 Stunden andeuten. Binnen 48 Stunden
(also seit dem gestrigen Montag bis Mittwochfrüh) können somit
regional über 200 l/qm Niederschlag fallen. Zwar ist diese Region
viel Regen sicherlich gewöhnt (hier befindet sich auch die Stadt
Bergen, eine der regenreichsten Großstädte Europas), aber solche
Regenmengen in so kurzer Zeit dürften auch dort zu stark
anschwellenden Flüssen und lokalen Überschwemmungen führen.
Dem bereits beschriebenen kräftigen Tiefdruckgebiet ORSOLYA steht das
ebenso mächtige Hoch PITTER gegenüber. Beide Protagonisten schaufeln
auch in den nächsten Tagen vereint Warmluft auf direktem Weg von
Spanien und den Azoren über die Nordsee in Richtung Südschweden.
Diese Luft ist vor allem sehr hochreichend warm, wobei in 1500 m Höhe
über Meeresniveau die Temperatur verbreitet auf über 10 Grad Celsius
ansteigt. Dies bedeutet in dieser Höhe eine positive
Temperaturabweichung vom 30-jährigen klimatologischen Mittel (1985
bis 2014) um mehr als 10 Kelvin. Doch die Jahreszeit ist schon
fortgeschritten und der Sonnenstand entsprechend niedrig, sodass
bodennah nicht das ganze Ausmaß der Wärme gespürt wird (zum
Vergleich: im Sommer könnte man bei solch hohen Temperaturen bodennah
Maximalwerte von über 25 Grad Celsius erwarten). Doch auch so können
die Bewohner Südschwedens einen für die Jahreszeit außergewöhnlich
warmen Tag mit Temperaturmaxima von 12 bis 16 Grad Celsius genießen,
örtlich sogar mehr. Hier zeigt der Herbst nochmals seine schöne und
goldene Seite. Doch was haben diese angenehmen Temperaturen mit dem
"turbulenten Wetter" zu tun? Auch sie spielen eine gewichtige Rolle.
Durch das Heranführen der sehr warmen Luft baut sich von der Nordsee
über den Süden Norwegens und die Mitte Schwedens bis zum Bottnischen
Meerbusen eine ausgeprägte Luftmassengrenze auf, da gleichzeitig vom
Europäischen Nordmeer Polarluft südostwärts in Richtung Norwegen
geführt wird. Teils betragen die Temperaturunterschiede in 1.5 km
Höhe 15 Kelvin oder mehr entlang dieser Luftmassengrenze, die als
Kaltfront ganz allmählich südostwärts wandern wird. Diese sorgt nicht
nur für die bereits erwähnten heftigen Regenfälle in Südnorwegen,
sondern geht auch mit einer sehr kräftigen Südwestströmung einher.
Teils werden dabei von den Wettermodellen in einer Höhe von 1500 m
über Meeresniveau Orkanböen (über 120 km/h, Bft 12) vorhergesagt.
Dies wird auch durch Meldungen von gestern gestützt (z.B. Juvvasshoe
[1893 m in Südwestnorwegen] mit 191 km/h). Somit kann man in den
Bergregionen Südnorwegens bis Mittelschwedens weiterhin schwere
Sturmböen, teils auch Orkanböen erwarten. Im Lee der Berge können
diese Böen auch als Föhnsturm bis in tiefe Lagen durchgreifen und für
entsprechende Schäden sorgen, aber auch lokal die Temperaturen noch
weiter in die Höhe treiben. Erst in Richtung Südschweden schwächt
sich der Wind allmählich ab, kann aber auch dort noch zeitweise
stürmisch auffrischen.
Die oben beschriebene Kaltfront wird sich im Verlauf der Nacht zum
Mittwoch allmählich weiter südostwärts verlagern und ausgangs der
Nacht den Westen Schwedens erreichen. Während rückseitig im Südwesten
Norwegens der anhaltende Starkregen abklingt und bei markanter
Abkühlung mehr und mehr in Schneeschauer übergeht, sorgen
vorderseitig stürmischer Südwestwind und die warme Luftmasse erneut
für eine außergewöhnlich warme Nacht im Süden Schwedens, wo an vielen
Orten die Tiefsttemperatur nicht unter 10 Grad Celsius fallen wird.
Normalerweise treten um diese Zeit bereits Nachtfröste auf.
Zum Schluss sei noch erwähnt, dass eben diese Kaltfront - wenn auch
unter starker Abschwächung - im Verlauf des Mittwochs und Donnerstags
auch unser Wetter in Deutschland beeinflussen wird, sodass man dann
neben dem Wechsel aus Sonne und ausgedehnten Wolkenfeldern auch mit
etwas Regen rechnen muss.
© Deutscher Wetterdienst
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