05. November 2014 | Dipl.-Met. Christian Herold
Föhn
Während in Teilen Deutschlands recht ruhiges Wetter herrscht, schlägt das Wetter in den Alpen derzeit größere Kapriolen.
Im Tessin gab es kräftigen Niederschlag mit Mengen von bis zu 160 Litern pro Quadratmeter in 24 Stunden. Am Alpennordrand schien derweil bei Temperaturen von bis zu 23 °C verbreitet die Sonne.
Jedoch kam es am
Alpennordrand zu schweren Sturmböen und auf den Alpengipfeln sogar zu
Orkanböen. Auf der Zugspitze wurden beispielsweise Spitzenböen von
173 km/h gemessen. Die Ursache für diese hohen Windgeschwindigkeiten
war der Föhn. Vorderseitig eines Tiefdruckkomplexes, der von
Südfrankreich bis nach Skandinavien reichte, wurde mit einer
kräftigen südlichen Strömung feuchte Mittelmeerluft gegen den
Alpensüdrand geführt, wodurch es dort zu kräftigen Stauniederschlägen
kam und sich eine typische Föhnlage einstellte.
#KIEL Föhn-Orkan bis 145km/h z.Zt. auf der Zugspitze. Selbst die Fahne ist noch am Mast. Es ist -3,4°C kalt dort oben pic.twitter.com/wCVw9C3TdA
— wettermelder (@MNwettermelder) 4. November 2014
Doch was genau ist Föhn? Nach der Definition der Weltmeteorologischen
Organisation (WMO) ist Föhn " in der Regel ein Wind auf der Leeseite
eines Gebirges, der beim Abstieg eine Erwärmung und Trocknung
erfährt."
Wie entsteht eigentlich Föhn? Dazu gibt es mehrere Theorien. In den
meisten Lehrbüchern findet man noch die "thermodynamische
Föhntheorie", die auch als "Schweizer Föhntheorie" bezeichnet wird.
Nach dieser Theorie staut sich die Luft an der Luvseite und wird zum
Aufsteigen gezwungen, wodurch sich Wolken und Niederschlag bilden.
Durch die Niederschlagsbildung wird Kondensationswärme frei, die die
Luft erwärmt. Beim Aufsteigen der Luft verringert sich die Abkühlung
somit auf nur noch etwa 0,65 Grad pro 100 m. Auf der Leeseite sinkt
dann diese Luft ab und erwärmt sich trockenadiabatisch mit 1 Grad pro
100 m. Somit kommt die Luft auf der Leeseite wärmer an. Durch den
warmen Fallwind lösen sich zudem die Wolken auf. Das Problem an
dieser Theorie ist, dass Niederschlag auf der Luvseite nötig ist.
Jedoch tritt Föhn auch häufig ohne Niederschlag auf. Des Weiteren
wird der Grund für das Absinken der Warmluft auf der Leeseite, was zu
Sturmböen führen kann, nicht erklärt, denn dynamische Prozesse fehlen
in dieser Theorie.
Eine modernere Erklärung liefert die sogenannte "hydraulische
Föhntheorie". Vereinfacht dargestellt bleibt bei dieser Theorie die
anströmende Luft im Luv des Gebirges liegen und bildet so eine Art
"Kaltluftsee". Die Föhnluft im Lee kommt aus darüber liegenden
Luftschichten aus einer Höhe von 2000 m - 4000 m. Sie ist gegenüber
der "Oberfläche" des "Kaltluftsees" wärmer und trockener und fließt
über den Kamm. Dort "stürzt" die Luft auf der Leeseite "hinunter" und
erwärmt sich dabei um 1 Grad pro 100 m. Vereinfacht kann man sich
diesen Prozess als Wasser vorstellen, das über ein Wehr fließt. Dabei
wird die potenzielle Energie (Lageenergie aufgrund der Höhenlage) der
Luft in kinetische Energie (Bewegungsenergie) umgewandelt, wodurch es
zu einer Beschleunigung der Luft kommt. Zur Entwicklung der starken
Winde tragen auch weitere Effekte, wie das Durchströmen von engen
Gebirgspässen sowie Talformen, Turbulenzen usw. bei. So wirkt sich
der Föhn in jedem Tal unterschiedlich aus. Schwierig für die
Vorhersage ist, wann sich der Föhn gegenüber der häufig vorhandenen
bodennahen Kaltluftschicht im Lee durchsetzen kann und wann er
zusammenbricht. Oft gibt es bei Föhnlagen Temperaturunterschiede von
10 Grad auf engstem Raum.
Derzeit treten auf exponierten Alpengipfel noch Orkanböen auf, doch
im Laufe des Tages wird der Föhn auch an den Ostalpen
zusammenbrechen. Eine Kaltfront bringt dann kräftigen Regen, der im
Laufe der Nacht am Alpennordrand ab etwa 800 m in Schnee übergeht.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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