Facebook Twitter
Drucken
05. Februar 2015 | Dipl.-Met. Tobias Rinartz

Vom Mpemba-Effekt und Speiseeis

Schnee und Kälte dominierten in den letzten Tagen unser "Thema des Tages". Auch in der heutigen Ausgabe wird es wieder kalt hergehen, allerdings wird dabei auch das Thema Hitze nicht zu kurz kommen.

Zum Vergrößern bitte klicken
Zum Vergrößern bitte klicken


Wenn man eine Schüssel mit kaltem oder lauwarmem Wasser vor sich hat
und die Aufgabe bekommt, dieses Wasser so schnell wie möglich zu
gefrieren, werden die meisten die Schüssel wohl rasch ins Eisfach
stellen. Nur die wenigsten würden vermutlich auf die Idee kommen, das
Wasser in der Schüssel zu erhitzen, bevor sie es ins Eisfach
platzieren. Das Kuriose an der Sache: Unter bestimmten Bedingungen
gefriert das zuvor erhitzte Wasser tatsächlich schneller als das
vergleichsweise kältere.

Verantwortlich für dieses Paradoxon zeigt sich der sogenannte
"Mpemba-Effekt". Bereits Aristoteles hatte seinerzeit Bekanntschaft
mit diesem Phänomen gemacht. Auch den Philosophen und
Wissenschaftlern Bacon und Descartes "lief" dieser Effekt über den
Weg, einen wirklichen Reim darauf konnten sie sich allerdings nicht
machen und so geriet diese wissenschaftliche Frage mehr oder weniger
wieder in Vergessenheit. Erst 1963 entdeckte Erasto B. Mpemba aus
Tansania (damals noch Schüler) bei dem Versuch, Speiseeis
herzustellen, diesen schließlich nach ihm benannten Effekt wieder.

Zum Vergrößern bitte klicken
Zum Vergrößern bitte klicken


Bis heute sind sich die Wissenschaftler uneinig über die genaue
Ursache des Mpemba-Effekts, was sich in zahlreichen Theorien über
diesen Sachverhalt widerspiegelt. Die wohl derzeit stärkste Theorie
sieht als Hauptgrund die Verdunstung. Diese ist bei heißem Wasser
stärker als bei kaltem, da dem heißen Wasser grob gesagt mehr Energie
für die Verdunstung zur Verfügung steht als dem kalten. Bei gleicher
Ausgangsmenge und Umgebungstemperatur (logischerweise unter 0 Grad)
ist also bei Erreichen des Gefrierpunkts die Menge des ursprünglich
heißen Wassers kleiner als die des nicht erhitzten Wassers. Da eine
geringere Wassermenge weniger Wärme speichern kann als eine größere
Wassermenge, gefriert diese geringere Menge auch schneller als die
vergleichsweise größere und ursprünglich kältere.

Eine weitere Theorie besagt, dass im Wasser gelöste Salze dafür
verantwortlich sind. Beginnt Wasser zu gefrieren, erhöht sich der
Salzgehalt der noch flüssigen Wassermenge, wodurch der Gefrierpunkt
des Wassers gesenkt wird (ähnlich wie beim Salzen der Straßen im
Winter). Bei heißem Wasser fallen die Salze dagegen aus, d.h. sie
setzen sich ab und verlieren dadurch ihren hinderlichen Einfluss auf
den Gefrierprozess.

Weitgehend einig sind sich die Wissenschaftler hingegen, dass das
Eintreten des Mpemba-Effekts stark von der verwendeten Menge,
Oberfläche, Tiefe sowie der ursprünglichen Temperatur des Wassers und
der Umgebungstemperatur abhängt.

Einen sinnvollen, praktischen Nutzen des Mpemba-Effekts sieht der
Großteil der Wissenschaftler übrigens nicht. Auch nicht bei der
Speiseeisproduktion. Bei den momentanen Temperaturen in Deutschland
dürften aber eh nur die wenigsten an ein leckeres Eis denken.


© Deutscher Wetterdienst

Bild: © rcfotostock - Fotolia.com