04. März 2015 | M.Sc. Met. Stefan Bach
Pollenflug
Viele Menschen freuen sich nach der dunklen Jahreszeit auf den - meteorologisch gesehen bereits angebrochenen - Frühling, auch wenn der Winter sich in den letzten Monaten in tieferen Lagen nur vorübergehend als solcher gezeigt hatte.
Doch für manch einen ist der Frühling nur mit Einschränkungen zu genießen. Schätzungsweise gut 15 % der deutschen Bevölkerung sind Pollenallergiker und ihre Zahl steigt immer weiter. Vereinfacht gesagt erkennt das Immunsystem dabei die eigentlich harmlosen Pollen als Angreifer und schüttet in der Folge Botenstoffe aus, die dann für Symptome wie Fließschnupfen, Bindehautentzündung bis hin zum Asthma sorgen.
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— SPIEGEL ONLINE (@SPIEGELONLINE) 18. Januar 2015
Dabei kann die Intensität der allergischen Reaktion individuell sehr
unterschiedlich sein. Jedoch lässt sich allgemein ein enger
Zusammenhang zwischen der Stärke der Symptome und der
Pollenkonzentration in der Luft ausmachen. Letztere wiederum hängt
einerseits vom Fortschritt der Pflanzenentwicklung (der
phänologischen Entwicklung) und andererseits von der herrschenden
Witterung ab. Zum Beispiel ist bei längerer Trockenheit die
Pollenkonzentration höher, während die Pollen bei Regen aus der Luft
ausgewaschen werden.
Für eine gezielte und vorausschauende Eigenprophylaxe der Allergiker
ist es daher sinnvoll, der Öffentlichkeit täglich aktualisierte
Informationen über die erwartete Pollenbelastung zur Verfügung zu
stellen. Der Deutsche Wetterdienst erstellt deshalb in Zusammenarbeit
mit der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) während der
Pollensaison (etwa Mitte Januar bis Ende Oktober) auf der Webseite
http://www.dwd.de/pollenflug abrufbare Vorhersagen zum sogenannten
Pollenflug-Gefahrenindex. Er wird für 27 Gebiete und für die acht
allergologisch bedeutendsten Blütenpollen angefertigt: Hasel, Erle,
Esche, Birke, Gräser, Roggen, Beifuß und Ambrosia. Etwa 95 % der
Pollenallergiker in Deutschland reagieren derzeit auf diese
Pollenarten. Daneben kann auf http://www.dwd.de/newsletter auch ein
kostenfreier Newsletter zum Pollenflug-Gefahrenindex abonniert
werden.
Der Pollenflug-Gefahrenindex ergibt sich aus dem Zusammenhang
zwischen der in der Luft erwarteten Pollenkonzentration (Tagesmittel
der Anzahl Pollen pro m³ Luft) und der Stärke der Symptome bei den
Allergikern. So kann dieser sein Verhalten anpassen und ggf.
Beschwerden gezielt medikamentös lindern.
Grundlagen der Vorhersagen zum Pollenflug-Gefahrenindex sind die
regionalen kurz- und mittelfristigen Wettervorhersagen des Deutschen
Wetterdienstes sowie die vom PID gemessenen und ausgewerteten
Pollenkonzentrationen. Letztere werden dem Zentrum für
Medizin-Meteorologische Forschung des DWD in Freiburg (Breisgau) auf
vertraglicher Basis überlassen. Zudem spielen auch die von der
Abteilung Agrarmeteorologie erstellten phänologischen Vorhersagen und
die beobachtete Blühentwicklung eine weitere wichtige Rolle bei der
Einschätzung des aktuellen Pollenflugs.
Pollen werden auch heutzutage immer noch durch manuelle Probennahme
(mit Hilfe der sogenannten Burkard-Pollenfalle) und anschließende
Auswertung unter dem Mikroskop bestimmt. Dieses Verfahren ist jedoch
zeit- und personalaufwendig. Die Ergebnisse stehen somit nur mit
einer Zeitverzögerung von etwa einem Tag zur Verfügung. Für eine
Pollenwarnung im Sinne einer präzisen Pollenflugvorhersage ist aber
eine zeitnahe Kenntnis der Pollenkonzentration wünschenswert. Daher
wird an einem Gerät gearbeitet, das ein schnelles, automatisches
Monitoring von Bioaerosolen und deren Identifizierung quasi in
Echtzeit ermöglichen soll. Ein Seriengerät für den Routineeinsatz ist
aber derzeit noch nicht in Sicht.
Trotz Pollenflug-Gefahrenindex ist es unmöglich, den Kontakt mit
Pollen vollständig zu vermeiden. Jedoch lässt sich mit bestimmten
Verhaltensmaßnahmen das Ausmaß der "Kontamination" ein wenig mindern.
So kann man beispielsweise die Anzahl der Pollen in den Augen durch
das Tragen von recht gut abschließenden (Sonnen-) Brillen mindern.
Auch sollte man vor dem Zubettgehen die Haare waschen, damit
möglichst wenig Pollen ins Bett verschleppt werden. Trocknet man
Wäsche während der Pollensaison nur im Haus, vermeidet man Pollen in
Anziehsachen und auf der Bettwäsche. Da am frühen Morgen und am
späten Abend die Pollenkonzentration am niedrigsten ist, sollte man
zu diesen Zeiten lüften.
Aktuell ist Hochsaison bei der Blüte von Hasel und Erle. Aufgrund der
meteorologischen Gegebenheiten der letzten Tage (zwar recht mild,
aber verbreitet Niederschläge) hält sich die Pollenbelastung jedoch
noch in Grenzen. So wird für den heutigen Mittwoch für die Hasel
meist von einer geringen bis mittleren Belastungsintensität
ausgegangen (Stand 07:50 Uhr). Für einige Regionen wird sogar keine
bis eine lediglich geringe Intensität erwartet. Etwas größer hingegen
ist die Belastung durch Erlenpollen.
In den nächsten Tagen nimmt die Niederschlagsneigung überwiegend ab
und das Temperaturniveau steigt etwas an, was die Blüte potenziell
allergieauslösender Pflanzen fördert. Dadurch wird sich die
Pollenkonzentration in der Luft wohl noch etwas erhöhen. Bleibt für
alle Allergiker zu hoffen, dass es für sie nicht allzu schlimm wird.
© Deutscher Wetterdienst
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