04. April 2015 |
Tornado Alleys in den USA
Wenn der Frühling in die Lande zieht, wird dies hierzulande von vielen als ein schönes Ereignis empfunden - schließlich sind dann die Tage der kalten und wechselhaften Jahreszeit gezählt.
Preparing for Tornado Season: The Importance of Tornado Awareness and Safety http://t.co/mOvlSiDXs0 @NOAA pic.twitter.com/sGk6OpRGmX
— U.S. Commerce Dept. (@CommerceGov) 3. April 2015
Sonnenschein, eine zunehmende Blütenpracht und wärmere Temperaturen sind die angenehmen Begleiterscheinungen dieser Jahreszeit. Doch woanders, nämlich in den USA, ist genau diese Jahreszeit in bestimmten Bereichen des Landes geprägt von einer raschen Zunahme der Tornadowahrscheinlichkeit und damit einhergehend auch von der Gefahr von teils beträchtlicher Zerstörung von Hab und Gut. Zwar können Tornados, ihren für die Entstehung notwendigen physikalischen Eigenschaften entsprechend, in vielen Gegenden der Welt vorkommen (so auch in Deutschland), aber nirgendwo sonst findet so oft eine Überlappung der für die Tornadoentstehung notwendigen meteorologischen Zutaten statt wie in den Tornado Alleys der USA. Die Entstehung dieser von ihrem Auswirkungsbereich meist eng begrenzten Starkwindereignisse soll in diesem Thema des Tages nur tangiert werden. Die hierzu benötigten Zutaten spiegeln eine Überlagerung von hoher Windscherung (Zunahme der Windgeschwindigkeit und Drehung des Windes mit der Höhe) mit feuchten und energiereichen Luftmassen wieder. Gekoppelt an mehr oder weniger hochreichende Konvektion entwickeln sich die Tornados dann mit Hilfe von komplexer Auf-/ Abwinddynamiken, wobei die besonders schadensträchtigen Tornados in Verbindung mit langlebigen und um ihre eigene vertikale Achse drehenden Gewitterzellen (sogenannten Superzellen) einhergehen.
In den USA wird die Region, wo diese Bedingungen wiederholt auftreten
als die "Tornado Alley" bezeichnet. Dabei ist die am weitläufig
bekannteste "Alley" im Mittleren Westen der USA zu finden, was die
Staaten von Texas über Oklahoma bis Nebraska einschließt. Aus
wissenschaftlicher Sicht kann der Ausdruck "Tornado Alley" auf eine
Studie von Fawbush und Miller (1952) zurückgeführt werden, wo zum
ersten Mal dieser Begriff verwendet wurde. Die Hauptsaison für
Tornadoentstehung liegt in diesem Bereich hauptsächlich zwischen den
Monaten April und Juni, variiert jedoch nach Süden (Beginn im März)
und Norden (bis Juli) um einige Wochen. Zwar können auch außerhalb
dieser Zeit Tornados auftreten, jedoch besteht die maximale Gefahr
während dieser Monate.
Auch wenn der geografische Bereich östlich der Rocky Mountains z.B.
mit einer Anzahl von über 13 500 Tornados zwischen 1950 und 2007
(Gagan et al., 2010 ) als der Schwerpunkt der Tornadoaktivität in den
USA angesehen werden kann, so zeigten weitere Studien in der jüngeren
Vergangenheit eine zusätzliche "Tornado Alley" auf. Diese, von Alan
Pearson (ehemaliger Direktor des Nationalen Gewittervorhersagezentrum
der USA) als "Dixie Alley" bezeichnete Region umfasst die im Süden
gelegenen Staaten Arkansas, Louisiana, Mississippi, Alabama, weite
Bereiche von Tennessee und Georgia (siehe Grafik).
Auch wenn die Anzahl der Tornados in der
"Dixie Alley" nicht an die der "Tornado Alley" östlich der Rocky
Mountains herankommt, so treten hier immer wieder teils sehr
zerstörerische und tödliche Tornados auf. In Vergleichsstudien
zwischen der international allgemein bekannten "Tornado Alley"
östlich der Rocky Mountains und der "Dixie Alley" wurden einige
bedeutende Unterschiede entdeckt:
Die stärksten Tornados auf die Fläche gemittelt treten in der "Dixie
Alley" auf und diese haben neben dem zu erwarteten ersten Schwerpunkt
im Frühjahr auch noch einen zweiten im Winter. Besonders gefährlich
und schadensträchtig machen die Tornados im Süden der USA vor allem
die deutlich höhere Bevölkerungsdichte und die Tatsache, dass viele
der Tornados auch mitten in der Nacht auftreten. Eine der Erklärungen
für das teils späte Auftreten ist die, dass im Winter starke
Tiefdruckgebiete mit viel Wind (und somit hoher Windscherung) auf
warme und energiereiche Luftmassen über dem Golf von Mexiko und
angrenzende Anrainerstaaten treffen. Somit können die heftigen
Gewitter und ggf. auftretenden Tornados auch mitten im Winter und bis
tief in die Nacht ihr Unheil anrichten. Derweilen beherrschen kalte
und trockene kanadische Luftmassen die weiter nördlich gelegenen
Gebiete und unterdrücken dadurch die Gewitterbildung.
A tornado hit a rainbow and this is what happened...
via @AwkwardGoogle
pic.twitter.com/dOg7p7B8Jl
— Tim Fargo (@alphabetsuccess) 4. April 2015
In diesem Jahr verlief der Start der Tornadosaison in beiden "Alleys"
teils rekordverdächtig ruhig, was vor allem an der beständigen
Advektion kalter und trockener Luftmassen aus Kanada lag, die bis
weit in den Süden und teils bis zum Golf von Mexiko vordrangen. Nur
am 3. Januar 2015 gab es in der "Dixie Alley" einen Tornadoausbruch
mit 15 bestätigten Tornados. Wie beständig die Advektion der
kanadischen Luftmasse den Winter über stattfand, zeigen die eisigen
Temperaturen und die hohen Schneemengen des vergangenen Winters
entlang der Nordostküste der USA. Von daher verwundert es nicht, dass
bisher in den gesamten USA anstatt der für Anfang April üblichen 235
Tornados bisher nur rund 50 aufgetreten sind. Allerdings nahm im
Verlauf der letzten Tage die Gewitteraktivität allmählich zu und
gipfelte am 25. März 2015 in den ersten Tornadoausbruch seit Anfang
Januar, der in Oklahoma zu mindestens 11 Tornados führte. Und wenn
man den Wettermodellen Glauben schenken darf, dann nimmt auch in den
kommenden Tagen die Wahrscheinlichkeit für organisierte Konvektion
und einhergehend auch eine erhöhte Tornadogefahr östlich der Rocky
Mountains den klimatologischen Erwartungen entsprechend allmählich
zu.
Dipl.-Met. Helge Tuschy
© Deutscher Wetterdienst
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