11. April 2015 | Dipl.-Met. Adrian Leyser
USA: Erster "Outbreak" im Tornadomonat April
"Der April macht, was er will" - hierzulande hat der zweite Monat des meteorologischen Frühlings keinen guten Ruf, zumindest, wenn es dessen wettertechnische Darbietung zu beurteilen gilt.
Im Vergleich zum für einige Gebiete der USA typischen "Aprilwetter" erscheint unseres aber fast harmlos wie ein Zuckerplätzchen. Denn in weiten Teilen des Südwestens, der Südstaaten und des Mittleren Westens der USA steigt die Wahrscheinlichkeit für potenziell gefährliche Wetterlagen im April signifikant an. Es sind vor allem die schweren Gewitter mit hohem Tornadopotenzial, die im Frühjahr rasant "aufblühen".
Im Tagesthema vom 04.04.2015 wurde bereits
über die verschiedenen "Tornado-Alleys" sowie deren meteorologische
Besonderheiten referiert. In diesen Tornado-Alleys ist die
Tornadogefahr im April statistisch gesehen 4 bis 5 Mal so hoch wie
durchschnittlich in allen anderen Monaten. 186 Tornados traten in den
Vereinigten Staaten im April im Schnitt der vergangenen 20 Jahre auf.
"Nur" 128 Tornados waren es beispielsweise im gesamten, wenn auch
ungewöhnlich ruhigen Jahr 2014. Regelrechte "Tornadoausbrüche",
sogenannte "Outbreaks", finden verstärkt im April statt und bringen
in einem kurzen Zeitraum von wenigen Tagen mitunter gleich mehrere
Hundert Tornados hervor. Rekordhalter ist der April 2011 mit sage und
schreibe 758 Tornados.
Nach einem zunächst rekordverdächtig ruhigen Start in die
Tornadosaison kam es Ende März zu einem ersten Ausbruch (siehe auch
Tagesthema vom 04.04.2015). Vom 8. bis zum 9. April sollte es nun zum
bisher größten Tornadoausbruch der laufenden Saison kommen. Die
meteorologische Ausgangslage war dabei typisch für ein sich
einstellendes, hohes Gewitter- und Tornadopotenzial im Frühjahr.
Über den Süd- und Südweststaaten setzten sich verbreitet
hochsommerliche Luftmassen mit Temperaturen teils über 30 Grad durch,
was für den April nichts Ungewöhnliches darstellt. Vorderseitig eines
Tiefs, das sich von Westen her über die Rocky Mountains hinweg zu den
Plains verlagerte, wurde die Zufuhr noch etwas feuchterer und
wärmerer Luft aus dem Golf von Mexiko durch kräftige südliche
Strömung weiter forciert. Sie lenkte diese Luftmasse bis in das
Gebiet der Großen Seen.
In höheren Luftschichten dagegen behielt die Atmosphäre weiterhin
noch ein winterlich anmutendes Strömungsmuster. Im Übergangsbereich
zwischen der noch ziemlich kalten Luft im Norden und der sich stark
erwärmenden Luft weiter im Süden herrschte dort ein gut ausgeprägtes
Starkwindband vor, der sogenannte Jetstream. Das sich von Westen her
in Richtung Plains verlagernde Tief korrespondierte mit diesem, zur
Rückseite des Tiefs hin weit südwärts "ausgebeulten" Jetstream. Auf
der Vorderseite dieses "Jetstream-Tals" sorgten komplizierte und
untereinander wechselwirkende dynamische Effekte für großräumig
aufsteigende Luftbewegung, welche in gewissem Maße ein
Auslösemechanismus für die schweren Gewitter war. Darüber hinaus
manifestierte sich im Umfeld des Jetstreams sowohl eine große
Richtungsscherung (mit der Höhe von Südost auf Südwest drehender
Wind) als auch eine Geschwindigkeitsscherung (mit der Höhe zunehmende
Windgeschwindigkeit), die nicht nur die unteren, sondern auch die
höheren Luftschichten erfassten. Dies begünstigte die Entwicklung von
langlebigen und besonders schweren Gewittern - sogenannter
"Superzellen" - die schließlich auch eine Vielzahl an Tornados
hervorbringen konnten.
Wie die Übersichtskarte der Wettermeldungen zeigt, gab es am 8. April in einem Streifen von
Oklahoma über Kansas bis nach Missouri 10 Tornadobeobachtungen. Am 9.
April waren dann insbesondere die Staaten Missouri und Illinois von
insgesamt 19 Tornadomeldungen betroffen. Ein besonders starker
Tornado trat in der Region Rochelle (Illinois) auf. Nach vorläufigen
Auswertungen und in Anbetracht der enormen Schäden wurde der Tornado
in die zweithöchste Kategorie 4 der Fujita-Skala eingestuft. Demnach
wären Windgeschwindigkeiten bis 320 km/h möglich gewesen. Diese Daten
und Fakten über den neuerlichen Tornadoausbruch lassen unser, wenn
auch nicht immer perfektes "Zuckerplätzchenwetter" noch süßer
erscheinen, oder?
© Deutscher Wetterdienst
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