15. April 2015 | Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Die Atmosphäre der Venus
Sternfreunde wissen es, vor einigen Tagen zog unser Nachbarplanet Venus am Sternhaufen der Plejaden vorbei. Venus wurde im Römischen Reich als Göttin der Liebe, des erotischen Verlangens und der Schönheit verehrt.
Die Plejaden indes galten in der altgriechischen Mythologie als weibliche Naturgeister, als Nymphen. Astronomisch sind sie ein etwa vierhundert Lichtjahre von uns entfernter, offener Sternhaufen, der mit bloßem Auge beobachtet werden kann und ebenfalls lange vor der Erfindung des Teleskops in verschiedenen alten Kulturen bekannt war. Ursprünglich wurden den Plejaden nur deren hellste Vertreter zugerechnet, daher der Name "Siebengestirn". Demnächst erreicht die Venus auf ihrer Bahn um das Zentralgestirn unseres Planetensystems ihren sonnennächsten Punkt, das Perihel. Ein Grund mehr, sich an dieser Stelle kurz mit der Gashülle unseres "Abendsterns" zu beschäftigen.
Die Venus mit den Plejaden von heute Abend pic.twitter.com/wDnKGZK48p
— Andreas Schnabel (@astrofan80) 12. April 2015
Nach Merkur ist Venus der innerste Planet (mittlerer Abstand von der
Sonne etwa 108 Mio. km, vgl. Erde etwa 149 Mio. km) sowie der
sechstgrößte unseres Planetensystems. Ihre Masse beträgt etwa 5
Quadrillionen kg (24 Nullen vor dem Komma!), das sind ungefähr 80 %
der Masse der Erde. Sie hat also die gleiche Größenordnung wie die
Erde (Durchmesser ca. 12104 km, vgl. Erde ungefähr 12742 km) und
kommt auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne der Erdbahn am nächsten
(minimal 38.3 Mio. km).
Neben Merkur ist Venus von der Erde aus gesehen einer der beiden
unteren Planeten, sie revolutioniert innerhalb der Erdbahn in knapp
225 Erdentagen um die Sonne. Die Rotation um ihre eigene Achse dauert
dagegen 243 Erdentage, so dass ein Venus-Tag länger ist als das
Venus-Jahr. Da Venus als unterer Planet ggf. nur morgens und abends,
niemals aber gegen Mitternacht sichtbar ist, nennt man sie auch
Morgen- bzw. Abendstern. Venus ist nach dem Mond der zweithellste
natürliche Körper am Nachthimmel.
Die Atmosphäre der Venus besteht hauptsächlich aus Kohlendioxid sowie
3,5 % Stickstoff. Weitere Bestandteile sind Schwefeldioxid,
Kohlenmonoxid und Wasserdampf. Die Edelgase Argon, Helium und Neon
sind in Spuren enthalten. Die Masse der Venus-Atmosphäre entspricht
etwa dem 90-fachen der Masse der Erdatmosphäre. Daher beträgt bei
einer ähnlichen Schwerebeschleunigung wie auf der Erde der Gasdruck
im Bodenniveau mehr als 90 000 hPa. Dieser Druck herrscht auf der
Erde in etwa 900 m Meerestiefe. Die vertikale Höhe der
Venus-Atmosphäre beträgt ca. 250 km, 90 % ihrer Masse konzentrieren
sich auf die rund 28 km mächtige, stark dunstige Schicht unmittelbar
über der Venus-Oberfläche.
In einer Höhe von etwa 50 km befindet sich eine ca. 20 km dicke,
stets geschlossene Wolkendecke. Sie besteht zu 75 % aus
Schwefelsäuretröpfchen, außerdem aus chlor- und phosphorhaltigen
Aerosolen sowie möglicherweise auch aus Schwefelbeimengungen. Die
undurchsichtige Venus-Atmosphäre reflektiert ca. 76 % der
einfallenden Sonnenstrahlung, nur 2 % erreichen die Oberfläche, der
Rest wird absorbiert. Die Nähe zur Sonne und der starke
Treibhauseffekt bewirken Temperaturen um 465 °C.
Im Aufriss betrachtet bildet die Atmosphäre der Venus eine einzige
Konvektionszelle (die Erde hat drei), d.h. in der am stärksten
bestrahlten Äquatorzone steigen erhitzte Gasmassen auf, fließen in
höheren Schichten unter Abkühlung polwärts, sinken zu Boden und
strömen äquatorwärts zurück. Die höchsten Wolkenschichten in der
Äquatorregion bewegen sich mit Geschwindigkeiten von ca. 360 km/h in
Rotationsrichtung und umrunden die Venus in ca. vier Erdentagen. Die
Ursache dieses "Superrotation" genannten Effekts ist bisher noch
unbekannt.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: NASA
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