18. Mai 2015 | M.Sc.-Met. Sebastian Schappert
"Cumulonimbus mamma" als Gewittervorboten
Vergangene Woche wurde wettertechnisch so einiges geboten: Von Gewittern mit eindrucksvollen Blitzen, über Stark- und Dauerregen, orkanartigen Windböen über 100 Kilometer pro Stunde, Hagelkörner so groß wie Golfbälle bis hin zu Tornados stellten sich deutschlandweit imposante Wetterphänomene zur Schau.
#hagel heute in #freiburg ! Die dinger sind größer als Golfbälle *weltuntergangsstimmung* pic.twitter.com/Yp5DWLkhTB
— charlotte (@xxchxrlotte) 13. Mai 2015
Am Rande des Schauplatzes trat aber auch ein weiteres interessantes, vielleicht weniger bekanntes Phänomen auf - die sogenannten Mammatuswolken.
Nicht nur für Meteorologen steht beim Verlassen der eigenen vier
Wände der Blick zum Himmel auf der Tagesordnung. Und dabei kann man
so einiges entdecken. Von "strahlendem Blau" bis hin zu Wolken in den
unterschiedlichsten Formen und Variationen ist für jeden
Wetterliebhaber etwas dabei. Besonders aufmerksamen Beobachtern
fallen dabei Wolkenformationen auf, die nicht unbedingt alltäglich
erscheinen. Per Email erreichten uns vergangene Woche Bilder eines
sehr eindrucksvollen Phänomens aus dem Raum Freiburg. Eine
Wolkenform, die als Mammatuswolke bezeichnet wird oder genauer
gesagt: Cumulonimbus mamma.
Auf den Arbeiten des englischen Apothekers Luke Howard (1772 - 1864)
basierend, teilt man laut Internationalem Wolkenatlas der
Weltorganisation für Meteorologie die zehn lateinisch benannten
Wolkengattungen entsprechend der Höhe ihres Auftretens in der
Atmosphäre auf. Dabei handelt es sich um vier sogenannte
"Stockwerke", in denen die entsprechenden Wolkengattungen am
häufigsten auftreten. Im untersten Stockwerk (0 - 2 km) sind dies die
tiefen Wolken wie Stratocumulus und Stratus, im mittleren Stockwerk
(2 - 7 km) treten die mittelhohen, wie hauptsächlich Altostratus und
Altocumulus auf und im höchsten Stockwerk (5 - 13 km) die hohen
Wolken, wie Cirrus, Cirrocumulus sowie Cirrostratus auf. Mit dem
vierten und letzten Stockwerk beschreibt man die mächtigen Wolken wie
Cumulus, Nimbostratus oder Cumulonimbus (Gewitterwolken), die sich
über mehrere Stockwerke erstrecken können. Die zehn Wolkengattungen
lassen sich dann mit vierzehn Wolkenarten, neun Unterarten und neun
Sonderformen näher charakterisieren. Im heutigen Thema des Tages
interessieren wir uns aber nur für eine bestimmte Wolkengattung -
Cumulonimbus - mit ihrer Sonderform "mamma".
Allgemein kennt man sie auch als Mammatuswolken, wobei "Mammatus" vom
lateinischen Wort "mamma" abgeleitet ist und übersetzt Brust bzw.
Euter bedeutet. Diesen Namen verdankt diese Sonderform sicherlich
ihrem Aussehen: brust- oder beulenartige Ausbuchtungen meist an der
Wolkenuntergrenze. Aber nicht nur Cumulonimbus-Wolken treten mit der
Eigenschaft mamma auf, auch Cirrus-, Cirrocumulus-, Altocumulus-,
Altostratus- oder Stratocumulus-Wolken können sich im "blasenförmigen
Kleid" zeigen. In der beigefügten Fotografie (siehe
http://www.dwd.de/tagesthema, Foto: Bernhard Keller) handelt es sich um
Mammati an der Unterseite einer Cumulonimbuswolke, die über den Raum
Freiburg hinweg zogen.
Bis zum heutigen Tag gab es einige Erklärungsversuche und
Spekulationen über den Entstehungsmechanismus dieses sehenswürdigen
Phänomens, allerdings konnte bisher keine Theorie wirklich bewiesen
werden. Man geht davon aus, dass es sich bei den Beulen um
Kaltluftblasen handelt. Unter anderem wird spekuliert, dass
Niederschlagspartikel eine Rolle bei der Bildung dieses
Wolkenphänomens spielen. Aus der Wolke, die kälter und wesentlich
feuchter ist, als die darunter liegende Luftschicht, fallen
Niederschlagspartikel, die an der Wolkenuntergrenze in eine trockene,
wärmere Luftschicht gelangen und dort sehr schnell verdunsten
(Übergang aus der flüssigen zur gasförmigen Phase) oder sublimieren
(direkter Übergang aus der festen zur gasförmigen Phase ohne
"Zwischenstufe" flüssig). Der Verdunstungs- bzw. Sublimationsprozess
entzieht dabei der Umgebungsluft Energie, wodurch sich diese abkühlt
und die Wolkenluft nach unten "reißt". Durch thermische Umlagerungen
entstehen dann die nach unten gerichteten beulenförmigen
Ausbuchtungen an der Wolkenunterseite.
Die am vergangenen Mittwoch im Süden Freiburgs aufgetretenen
Cumulonimbus mamma waren jedoch nicht nur faszinierend anzusehen,
fast wie in einem Science-Fiction-Film. Sie traten sozusagen als
Vorboten der von Frankreich her aufziehenden Gewitter mit heftigem
Starkregen, Sturmböen und Hagel auf, die im weiteren Verlauf
südostwärts Richtung Bodensee weiterzogen. Dabei kam es sogar zur
Entwicklung von Tornados, die für heftige Schäden sorgten.
Sollten Sie also zufällig in den Genuss dieser außerordentlich
schönen, allerdings nicht allzu häufig auftretenden Wolkenform
kommen, behalten Sie im Hinterkopf, dass diesen heftige Gewitter
folgen können.
© Deutscher Wetterdienst
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