16. Juli 2015 | Dipl.-Met. Adrian Leyser
Taifun "Nangka" steuert auf Japan zu
Tropische Wirbelstürme über dem Westpazifik - besonders starke nennt man dort Taifune - können prinzipiell das ganze Jahr über entstehen.
Jedoch lässt sich auf Grundlage der dort eher heterogenen Verteilung
der Wirbelstürme über das Jahr hinweg eine Hauptsaison
identifizieren. Sie umfasst den Zeitraum von Juli bis November. Die
Hauptsaison hat also gerade erst begonnen und schon jetzt scheint sie
auf Rekordkurs zu sein. Von Jahresbeginn an bis 16. Juli 2015 konnten
bereits 11 tropische Stürme, darunter 4 Taifune, registriert werden.
Noch nie seit Beginn regelmäßiger Aufzeichnungen im Jahre 1951 konnte
zu einem früheren Zeitpunkt in einem Jahr eine solche Zahl an
tropischen Stürmen über dem Westpazifik beobachtet werden. Der
aktuell aktive Taifun "Nangka" steuert derzeit auf Japan zu und
könnte als erster Wirbelsturm der Westpazifischen Saison mit voller
Wucht bei dicht besiedeltem Gebiet an Land gehen.
Typhoon #NANGKA will hit SW Japan during Thursday. Winds up to 120mph likely. Peter pic.twitter.com/hz1SMrL4nO
— BBC Weather (@bbcweather) 16. Juli 2015
"Nangkas" Geburtsstätte war das Seegebiet um die Marshallinseln. Aus
einem Gebiet erhöhter Gewitteraktivität heraus entwickelte sich am 3.
Juli ein tropischer Sturm, der vom japanischen Wetterdienst (JMA) auf
den Namen "Nangka" getauft wurde. Nur 3 Tage nachdem der Sturm
"Nangka" auf den Wetterkarten der Wetterdienste erstmals Beachtung
fand, musste er aufgrund einer weiteren Intensivierung bereits zu
einem Taifun heraufgestuft werden. Sehr gute Entwicklungsbedingungen
im Umfeld des Wirbelsturms begünstigten nachfolgend eine regelrecht
explosionsartige Verstärkung von "Nangka" zu einem Super-Taifun der
zweithöchsten Kategorie 4 am 9. Juli. Dass Taifune dieser Stärke den
Zusatz "Super" bekommen, geschieht nicht ohne Grund. Durch die für
eine Einordnung in diese Kategorie notwendigen, über einen kurzen
Zeitraum gemittelten Windgeschwindigkeiten über 210 km/h wird nämlich
eine enorme Gewalt entfaltet. Auf seinem Höhepunkt erreichten die
gemittelten Windgeschwindigkeiten im Wirkungsbereich "Nangkas" sogar
bis zu 250 km/h.
Taifun "Nangka" verlagerte sich zunächst auf einer
west-nordwestlichen Zugbahn, bevor er zwischen dem 12. und 15. Juli
auf eine nördliche Bahn in Richtung Japan umbog. Dabei schwächte er
sich zwar insgesamt etwas ab, brachte aber immer noch Windspitzen
hervor, die ihn die meiste Zeit für die Einordnung in die zweite und
dritte Kategorie qualifizierten. Am heutigen 16. Juli (0 UTC = 2 Uhr
MESZ) konnte "Nangka" als Kategorie-2-Taifun nun mit seinem Kern rund
400 Kilometer vor der Südküste der japanischen Insel Shikoku
lokalisiert werden. "Nangka" befindet sich mittlerweile auf einem
eher ungewöhnlichen Nordwestkurs. Aufgrund der Tatsache, dass der
Wirbelsturm damit fast senkrecht auf die Küstenlinien Japans treffen
könnte, kann sich dort die enorme Wucht des Sturmes noch effektiver
entfalten, als bei einem sich für gewöhnlich mehr "längs" zur Küste
nordöstlich verlagernden Taifun. Grund für den Nordwestkurs ist ein
großräumiges, stabiles und sich sogar noch verstärkendes
Hochdruckgebiet, das den Weg nach Nordosten für den Taifun versperrt.
Taifun "Nangka" wird voraussichtlich am heutigen Abend (ca. 18 UTC)
auf die Küste von Shikoku treffen und weiter über den Westteil von
Honshu hinwegziehen. Danach schlägt "Nangka" eine nordöstliche Bahn
über die Japanische See ein, wo er wahrscheinlich "nur" noch als
tropischer Sturm klassifiziert werden wird.
Insbesondere die Menschen auf den japanischen Inseln Kyushu und
Shikoku sowie die Bewohner des Westteils von Honshu müssen sich trotz
weiterer Abschwächung des Taifuns auf außerordentlich unruhige
Stunden einstellen. Windspitzen um 130 km/h, extrem hoher Wellengang
auf See und Wellenschlag an den Küsten sind zu erwarten. Dazu
schüttet es zum Teil "wie aus Eimern". Ausläufer des Sturms könnten
auch die Großstädte Kyoto, Osaka und Kobe erreichen und dort für
Schäden sorgen. Bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen in Japan
entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen und damit das Schlimmste
verhindern können.
© Deutscher Wetterdienst
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