Zu Abermillionen treiben sie im Meer und wiegen in großen Ansammlungen mitunter mehr als mancher Urwald, dabei sind viele von ihnen so winzig klein, dass sie mit dem bloßen Auge gar nicht zu erkennen sind: Algen. Für Gourmets sind sie ein unverzichtbarer Bestandteil der asiatischen Küche, für Aquarium-Besitzer eine Plage und für Badende oft eklig oder gar unheimlich. Aber den Einzellern aus den Ozeanen kommt eine weitere, wichtige Bedeutung zu: Sie fördern die Bildung von Wolken und beeinflussen dadurch unser Wetter.
Damit Wolken überhaupt entstehen können, benötigen sie so genannte "Kondensationskeime". Das sind winzige Schwebeteilchen in der Luft, an die sich Wasserdampfmoleküle binden und zu feinen Tröpfchen kondensieren können. Von organischen Partikeln natürlichen Ursprungs über Meersalz bis hin zu Ruß aus Auto- oder Industrieabgasen eignet sich dafür praktisch alles, was in der Luft schwebt. Auch die Gischt des Meeres gilt als wichtige Quelle für atmosphärische Partikel.
Im bewegten Meer drücken brechende Wellen Luft unter die Oberfläche, die in Form von Bläschen wieder aufsteigt. Diese sammeln auf dem Weg Partikel auf, vor allem klebrige Sekrete von Algen und Bruchstücke zerstörter Zellen. Wenn die Bläschen oben platzen, reichern sie die Meeresoberfläche mit diesen Partikeln an. Viele davon werden in die Luft geschleudert, wo Winde sie in große Höhen tragen und als Kondensationskeime zur Verfügung stehen.
Nach Schätzungen werden jährlich zehn Millionen Tonnen organische Partikel aus den Ozeanen in die Luft geschleudert. Bisher war aber unklar, ob diese vom Meer in die Atmosphäre aufsteigenden Partikel auch die Eisbildung in den hohen Wolken auslösen können. Eiswolken gelten als Hauptregenmacher in unseren Breiten und gleichzeitig legen sie sich wie eine wärmende Decke um die Erde.
Um das herauszufinden nahm ein internationales Forscherteam der Universitäten Leeds und Toronto Wasserproben in der Arktis, im Nordatlantik, Nordpazifik und den Küstengewässern Kanadas, leitete diese in Klimakammern mit feuchter Luft und kühlten die Tröpfchen auf bis zu minus 40 Grad herunter - den Temperaturen, wie sie auch in der oberen Atmosphäre herrschen.
Das Ergebnis: Wassertröpfchen, in denen sich Bruchstücke und Sekrete der Algen angereichert haben, gefroren bei deutlich höheren Temperaturen als Flüssigkeit mit weniger dieser Partikel. Und auch in der Klimakammer bildeten sich mehr Eiskristalle und damit künstliche Eiswolken. Winzige Absonderungen von Kieselalgen stellten sich dabei als besonders fördernd für die Bildung von Eiswolken heraus.
Algen setzen ihr "Saatgut" für Wolken übrigens abhängig von der Temperatur frei. Wird es ihnen zu heiß, stoßen sie mehr Sekrete und Zellen ab und lassen dadurch mehr Wolken entstehen, die Schatten spenden. Bereits 1987 wurde diese "Thermostat-Wirkung" der Einzeller in der sogenannten "Claw-Hypothese" beschrieben.
Beim nächsten Besuch im Sushi-Restaurant sollte also nicht nur ein mit Algen ummanteltes Reisgericht auf der Karte stehen, sondern auch ein kurzes Gedenken an diese Pflanzen, die einen durchaus beachtlichen Einfluss auf unser irdisches Klima haben.