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17. Februar 2016 | Dipl.-Met. Helge Tuschy

Wenn ein Stern Farben an den Himmel malt

Wenn ein Stern Farben an den Himmel malt

Datum 17.02.2016

In der vergangenen Nacht wurden auf Sylt Polarlichter gesichtet. Im Zuge des heutigen Thema des Tages soll heute näher auf dieses Phänomen eingegangen werden.

Tief in der eisigen und sternklaren Nacht Der Himmel allmählich zum Leben erwacht. Ein zartes Winden, ein vorsichtiges Zucken Die Show beginnt-der Mensch darf nun gucken. Ein formenreiches Farbenmeer am Himmel entflammt, die Farben Grün und Lila werden in die Sterne gebrannt. Kein Geräusch begleitet dieses Farbenspiel Und man hofft, es möge doch enden gar nie. Doch wenn der Zauber nach Stunden vergeht Und die Nacht ganz dunkel und klar wieder vor einem steht, dann schließt man die Augen und sagt verträumt und ganz vermessen: Diese Polarlichter, die werde ich nie mehr vergessen!


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Zugegeben, für das "Land der Dichter und Denker" mögen diese Zeilen nicht sehr bahnbrechend erscheinen, doch soll dieser überwiegend naturwissenschaftlich aufbereitete Beitrag entsprechend der magisch anmutenden Erscheinung auch ein bisschen "mit Leben" angehaucht werden. Lösten Polarlichter z.B. im 16. Jahrhundert noch Furcht und Schrecken aus, sorgen sie heutzutage während ihres Auftretens für verzückte und staunende Gesichter - wie auch beim Autor, der Anfang Februar in Nordnorwegen Zeuge dieser Erscheinung wurde. Wenden wir uns nun aber der Erklärung dieses so prägenden Naturphänomens zu. Der Übersicht halber und der Komplexität der physikalischen Zusammenhänge wegen werden die jeweiligen Vorgänge nur kurz und knapp beschrieben.

Die Quelle der Polarlichter stellt überwiegend das Zentrum unseres Sonnensystems dar, ein Stern, der auf der Erde als "Sonne" bekannt ist. In der Sonne herrschen unbeschreibliche Temperatur- und Dichteschwankungen, die für komplexe physikalische und (kosmo)chemische Vorgänge verantwortlich sind. Beschränken wir unser Interesse daher auf den äußersten Rand der Sonne, also auf den Bereich der "Korona", der obersten Atmosphärenschicht der Sonne. Hier entweichen dem Stern aus seinem rund 6000 Grad heißen Randbereich in kürzester Zeit fortwährend Unmengen an Masse, die in Form des Sonnenwindes in den interstellaren Raum (sternferner Bereich im Weltraum innerhalb einer Galaxie) herausgeschleudert wird. Besonders kräftige Auswürfe sind häufig an Sonnenflecken zu beobachten. Das sind kühlere Bereiche auf der Sonnenoberfläche, die durch Störungen im Sonnenmagnetfeld entstehen. Sichtbar werden sie als dunkle Flecken auf der Oberfläche.

Mit diesem "Wind" strömt nun eine Unmenge von Protonen und Elektronen in Richtung Erde. Dabei ist "strömen" wohl der falsche Begriff, denn der Sonnenwind rast mit einer kaum vorstellbaren Geschwindigkeit auf die Erde zu. Die Geschwindigkeiten variieren je nach Ausbruchsstärke zwischen 400 und 800 km/s. Mit dieser Geschwindigkeit erreichen die Teilchen binnen 2 bis 4 Tagen die Erde, die in einer Distanz von rund 150 Millionen Kilometern um die Sonne kreist.


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Die sehr komplexe Interaktion dieses Sonnenwindes mit dem Magnetfeld der Erde sorgt nun für die Ausbildung der Polarlichter. Auf der sonnenzugewandten Seite wird das Magnetfeld stark zusammengepresst, während es auf der abgewandten Seite wie eine Fahne im Wind "flattert", abhängig von der Stärke des Sonnenwindes. Elektronen, denen es gelingt bis in die Erdatmosphäre einzudringen (nur ein sehr geringer Anteil), stoßen mit dort vorhandenen Molekülen wie Sauerstoff oder Stickstoff zusammen. Elektronen in den Molekülen werden durch den Energieinput angeregt, und Licht wird abgestrahlt - das Polarlicht. Das Interessante dabei ist, dass die Farbe anzeigt, in welcher Höhe und mit welchem Element das Elektron interagierte: Sauerstoff rot und grün (120 bis 500 km), Stickstoff blau oder violett (90-100 km).

Während meines Aufenthaltes wies der Sonnenwind überwiegend mäßige Geschwindigkeiten von 300-400 km/s auf, was häufig nahezu ortsfeste Polarlichtbänder zur Folge hatte, die mit dem Auge meist nur als grauer, hell-grüner Schleier zu erkennen waren. An zwei Tagen ereigneten sich jedoch schwache geomagnetische Stürme (sehr starke Sonnenwinde) und dabei konnte man zuschauen, wie die Polarlichter farbenfroh über den Sternenhimmel wehten und tanzten.

Meist bleiben die Polarlichter nur den Regionen vorbestimmt, die im sogenannten Polarlichtoval zu finden sind (erstreckt sich unter anderem über Island und Nordnorwegen), doch bei besonders kräftigen Stürmen können die Lichter auch deutlich weiter im Süden auftreten und uns gelegentlich sogar in Deutschland besuchen (siehe auf Sylt in der vergangenen Nacht). Auch wenn wir uns dem Sonnenzyklus entsprechend einer sehr inaktiven Phase der Sonnenaktivität nähern, so kann jederzeit ein kräftiger Ausbruch nicht ausgeschlossen werden. Es muss ja nicht die Ausmaße von 1859 erreichen, wo ein intensiver Sonnenwind Polarlichter bis zum Äquator erzeugte. Sollte das Wetter im Fall des Auftretens von Polarlichtern mitspielen und man dem störenden, durch Menschen verursachten Licht entfliehen können, dann würde einem unvergesslichen Spektakel am nächtlichen Himmel nichts mehr im Weg stehen.



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