Nachdem in den Themen des Tages vom 18. und 19. August aus meteorologischer Sicht schon unterschiedliche Winde sowie deren Zutaten näher betrachtet wurden, soll nun ein weiterer Wind genauer analysiert werden. Dabei handelt es sich um den sogenannten "Thermischen Wind". Dieser ist wiederum erneut kein real existierender Wind, liefert den Meteorologen jedoch wertvolle Informationen über den Zustand der Atmosphäre. "Kurz und knackig" wird dieser auch als geostrophischer Differenzwind zwischen zwei Höhenniveaus definiert. In der differenziellen Form beschreibt der thermische Wind entsprechend die Änderung des geotrophischen Windes mit der Höhe.
Die Bestimmung beruht dabei analog zum geostrophischen Wind auf einem bestimmten Kräfteverhältnis. Allerdings muss man den tiefen und hohen Luftdruck durch tiefe und hohe Temperaturen ersetzen. Anschaulich weht der thermische Wind demnach (quasi)parallel zu den Isothermen (Linien gleicher Temperatur). Je größer nun die Temperaturgegensätze und desto kleiner die Corioliskraft, umso stärker ist dieser Wind. Da die Isothermen in der Troposphäre (untere Atmosphäre) im Durchschnitt eine ost-westliche Orientierung haben, wobei die höheren Temperaturen auf der äquatorialen Seite liegen, beschreibt der thermische Wind im Mittel einen westlichen, mit der Höhe zunehmenden Wind (vgl. Abb. 1).
In der Meteorologie kann der thermische Wind wichtige Informationen unter anderem über die Temperaturadvektion sowie die Baroklinität geben. Von einer baroklinen Troposphäre spricht man, wenn die Flächen gleichen Luftdrucks (isobare Flächen) nicht parallel zu den Flächen gleicher Temperatur (isotherme Flächen) liegen, sondern sich gegenseitig schneiden. Die Atmosphäre ist im Allgemeinen mehr oder weniger baroklin geschichtet. Die barokline Schichtung ist für die Erklärung der Zyklogenese (Entstehung und Entwicklung von Tiefdruckgebieten) bzw. des instabilen Verhaltens atmosphärischer Wellen eine notwendige Voraussetzung. Man spricht deshalb auch von barokliner Instabilität. Unter Advektion versteht man eine an Gas- oder Flüssigkeitsströmung gebundene Verfrachtung von Wärme, Impuls, Feuchte usw. Bei der horizontalen Wärmeadvektion wird abhängig von Strömungsrichtung und horizontalem Temperaturgradienten zwischen Warmluft- und Kaltluftadvektion unterschieden.
Die Existenz von Temperaturgegensätzen auf Luftdruckflächen (isobaren Flächen) induziert per Definition einen thermischen Wind. Liegt also ein thermischer Wind vor, ist die untere Atmosphäre entsprechend baroklin geschichtet. Da der Bodenwind infolge der Reibung im Vergleich zum Wind in größeren Höhen allgemein als geringer angesehen werden kann, gibt die Temperaturverteilung gleichermaßen einen direkten Hinweis auf die Verteilung des geostrophischen Windes im jeweiligen Höhenniveau. Somit lässt sich anhand der quasihorizontalen Temperaturdifferenzen über die thermische Windbeziehung auf die allgemeine Windverteilung (geostrophischer Wind) schließen. Gibt es zudem mit der Höhe eine richtungsändernde Komponente des geostrophischen Windes, verursacht der resultierende thermische Wind eine Temperaturadvektion. Erfolgt vom Boden aus gesehen eine antizyklonale geostrophische Winddrehung (Rechtsdrehung auf Nordhemisphäre) mit der Höhe, so wird warme Luft herangeführt (Warmluftadvektion) (vgl. Abb. 2). Umgekehrt bedeutet eine zyklonale Winddrehung (Linksdrehung), dass kalte Luft einströmt (Kaltluftadvektion) (vgl. Abb. 3).
Der thermische Wind gibt also einen guten Ausdruck dafür, wie sich das Druckfeld mit der Höhe in einer baroklinen Atmosphäre verändert. Dabei muss berücksichtigt werden, dass der thermische Wind analog zum geostrophischen Wind ebenfalls eine Vereinfachung der tatsächlich herrschenden Verhältnisse darstellt.