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21. September 2016 | Dipl.-Met. Helge Tuschy

Halbzeit der Hurrikansaison und die tapfere Julia

Halbzeit der Hurrikansaison und die tapfere Julia

Datum 21.09.2016

Nachdem mittlerweile die Hälfte der nordatlantischen Hurrikansaison überstanden ist, soll im heutigen Thema des Tages kurz Bilanz gezogen werden und dann speziell auf einen Tropensturm eingegangen werden, der für einige Überraschungen sorgte.

Während sich das Wetter in Deutschland nach dem teils regnerischen Wochenende deutlich beruhigt hat, geht es in anderen Bereichen der Nordhemisphäre deutlich turbulenter zu. Mit Blick auf die diesjährige Hurrikansaison im Nordatlantik (1. Juni bis 30. November) kann nun ein erstes Fazit gezogen werden, denn sie ist seit dem vorletzten Wochenende bereits zur Hälfte vorbei. Anders ausgedrückt befinden wir uns allerdings noch immer mitten in der Hochzeit tropischer Wirbelsturmaktivität.

Während man in der Weltpresse von Hurrikans vor Hawaii und von einem Supertaifun (in dem Fall die höchste Kategorie auf der fünfteiligen "Saffir-Simpson Hurricane Wind Scale") vor Taiwan lesen konnte, so vernahm man aus dem nordatlantischen Bereich bisher nur wenige Neuigkeiten - Gott sei Dank muss man aus Sicht der dort lebenden Küstenbewohner sagen. Dass das eher glimpfliche Abschneiden der Saison nicht selbstverständlich ist, zeigt die Anzahl der bis heute aufgetretenen Tropenstürme. Bisher gab es verglichen zum klimatologischen Mittel von 1981 bis 2010 deutlich mehr benannte Tropenstürme (12) und auch bereits vier Hurrikans, wobei nur ein Hurrikan die Stufe "major", also die Kategorie 3 bis 5 auf der "Saffir-Simpson Hurricane Wind Scale" erreichte.

Die meisten der Tropenstürme zogen weit abseits von Landflächen über das offene Meer und waren recht kurzlebig, abgesehen von Hurrikan GASTON, der bisher der langlebigste (13 Tage) und stärkste Hurrikan (1-min Mittelwinde von 195 km/h) der Saison war. Dennoch muss auch diese Saison bereits einen besonders schadensträchtigen Tropensturm verzeichnen, denn Hurrikan EARL sorgte in Belize (Zentralamerika) und in Mexiko für sintflutartige Regenfälle, wobei Dutzende Todesopfer zu beklagen waren. Und dann war da natürlich auch Hurrikan HERMINE, der Ende August und Anfang September auf Florida traf und Schäden in Milliardenhöhe verursachte. Doch beide Hurrikane wiesen nur die unterste Kategorie (1 von 5) auf - es hätte also noch deutlich schlimmer kommen können, wenn man das bei solch einem Ausmaß überhaupt noch sagen kann und darf.

Auch während der vergangenen Woche entwickelten sich weitere tropische Systeme, wobei eines besonders auffiel, da dieser Tropensturm einige Überraschungen aufwies - Tropensturm JULIA.

Normalerweise sind im heutigen Zeitalter überraschende Entwicklungen im Bereich der Tropensturmvorhersage eher unwahrscheinlich. Hochleistungsrechner, die binnen weniger Stunden neue Modellrechnungen erzeugen und eine kontinuierliche Satellitenabdeckung der Land- und Meeresgebiete sorgen dafür, dass sich entwickelnde tropische Tiefdruckgebiete sehr früh erkannt werden, sodass man sich bereits Tage vorher auf die Wettergefahren vorbereiten kann. Nicht so bei JULIA.

Zwar wurde dieses tropische Tiefdruckgebiet von den Vorhersagemeteorologen des National Hurricane Center (NHC) über Tage hinweg genau beobachtet, doch als es am 13. September allmählich aufs Festland (die Ostseite von Florida) zog, erwartete man keine rasche Intensivierung des Tiefdruckgebietes. Eine Tropensturmentwicklung über Land ist historisch gesehen extrem selten, da normalerweise die sehr warmen Gewässer der tropischen Meeresgebiete benötigt werden. Gespeist von einer feuchten und warmen Luftmasse über dem Meer können sich kräftige Gewitter entwickeln, die vereinfacht ausgedrückt durch Freisetzung latenter Wärme den Motor eines Tropensturms darstellen. Dies ist normalerweise über trockenen Landoberflächen nicht der Fall, doch der "Sunshine State" ist als Halbinsel im Westen, Süden und Osten recht üppig vom sehr warmen Meerwasser umgeben. Auch unzählige Sumpflandschaften sorgen über Land für eine reichhaltige Feuchtequelle.


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Entgegen der Erwartungen wurden im Verlauf des 13. September in Zentrumsnähe des Tiefdruckgebietes einminütige Mittelwinde um 63 km/h gemessen (der Schwellwert zur Namensvergabe eines Tropensturmes), obwohl das Zentrum mehrere Meilen westlich von Jacksonville, Florida über Land war (siehe Abbildung). JULIA war geboren. JULIA wurden nie große Überlebenschancen eingeräumt, denn die atmosphärischen Bedingungen sollten in den folgenden Tagen für einen Tropensturm eher schlecht aussehen. Verloren in einem Bereich mit äußerst geringen Luftdruckgegensätzen sollte Julia östlich von Florida "herumdümpeln" und sehr starken Winden in der mittleren und oberen Troposphäre sowie relativ trockener Luft ausgesetzt sein. Alles Bedingungen, die Tropenstürme überhaupt nicht mögen und normalerweise für ein rasches Ableben des Sturmes sorgen. Doch JULIA war tapfer, regenerierte sich mehrmals und überraschte die Vorhersager mit ihrer Widerstands- und Willenskraft. Immer wieder flammten zentrumsnah Gewitter auf, die durch den Wind nach Osten abgeweht wurden (siehe rechtes Bild). Erst am Abend des 18. September verlor JULIA endgültig diesen Kampf und wurde offiziell als "absterbendes" Tiefdruckgebiet klassifiziert. Das Einzige was von JULIA übrig blieb waren Feuchtereste, die entlang der Nordostküste der USA noch für teils kräftige Regenfälle sorgten.

Die Saison geht nun in ihre zweite Runde und es bleibt abzuwarten, ob sie auch die kommenden Wochen über so aktiv bleibt. Tropensturm KARL und LISA sind bereits über dem offenen Atlantik aktiv, wobei KARL den Bermudainseln als ein sich entwickelnder Hurrikan sehr nahe kommen könnte. Zu hoffen ist, dass sich die restlichen Stürme weiterhin als kurzlebig und festlandsscheu erweisen werden und somit die Saison 2016 als eine relativ glimpfliche in Erinnerung bleiben wird.



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