Während der Wintermonate ereignen sich über dem Nordwesten der USA wiederholt äußerst spektakuläre Luftmassenwechsel, die zu teils sehr turbulenten Wetterwechseln führen können. Der Grund für diesen Kampf der Luftmassen ist in der Frontalzone zu finden. Diese trennt polare und somit sehr kalte Luftmassen im Norden von warmen und feuchten Luftmassen im Süden. Da sich entlang dieser Frontalzone im Winter wiederholt kräftige Tiefdruckgebiete entwickeln können, wird somit der Austausch beider Luftmassen im Übergangsbereich gefördert, sodass mal kältere Luftmassen südwärts, mal wärmere Luftmassen nordwärts strömen. Das Besondere über dem Nordwesten der USA ist, dass die polare Luftmasse von Kanada kommend nicht von milden Ozeanen erwärmt wird. Temperaturen von unter -20 Grad sind während kräftiger Kaltluftausbrüche somit keine Seltenheit. Wenn dann von Westen - in diesem Fall vom Pazifik - milde und feuchte Luftmassen auf den eisigen Nordwesten der USA treffen, kommt es zu den unter Wintersportlern so geschätzten Schneefällen in Form feinsten Pulverschnees. Dabei kann die mildere Luftmasse direkt von Westen kommen oder einen Umweg über Alaska und den Westen Kanadas nehmen, um dann den Nordwesten der USA zu erreichen. Der zuletzt genannte Fall sorgt für die Entwicklung des "Klondike chinook" in Montana und soll daher anhand eines markanten Ereignisses im Dezember 2016 näher betrachtet werden. Zum besseren Verständnis muss der Wetterablauf vor dem eigentlichen Ereignis kurz erklärt werden.
Während des 16. und 17. Dezembers strömte eine sehr kalte Luftmasse aus dem Westen Kanadas in den Nordwesten der USA, wobei Tiefstwerte von teils unter -30 Grad auftraten. Da kalte Luft schwerer ist als warme und somit absinkt, bildete sich über dem Nordwesten der USA ein kräftiges Hochdruckgebiet aus. In der Folge näherte sich jedoch ein Tiefdruckgebiet, welches vom Pazifik kommend über den Westen Kanadas weiter nach Südosten in Richtung Montana gelenkt wurde. Zwischen dem 17. und 19. Dezember 2016 sorgte dieses Tiefdruckgebiet für mehrere Schübe mit zunehmend milder Luft, die die zentralen und östlichen Bereiche Montanas erfassten, während weiter westlich in Richtung Westmontana und Idaho die eisig kalte Luftmasse unberührt liegen blieb. In b) ist die Lage der Warmfront sowie im Zahlenformat mit Windfiedern die Windgeschwindigkeit in 850 hPa (rund 1.3 km über Grund) vom 18. auf den 19. dargestellt (75 bis 90 km/h). Der Westen Montanas wird durch die hoch gelegenen Rocky Mountains beeinflusst (in Grafik b) durch die weiße gestrichelte Linie gekennzeichnet), während das Gelände weiter ostwärts zunehmend abfällt.
Als Resultat dieser Wetterentwicklung lag östlich der Rocky Mountains eine eher milde, im Westen hingegen eine sehr kalte Luftmasse. Da kalte Luft schwerer ist, liegt der Luftdruck im Westen auch deutlich höher, was im Bild b) durch die pinke Färbung gezeigt wird. Derweilen sorgt die mildere Luft im Osten für tieferen Luftdruck, was sich in den hellblauen Farben widerspiegelt. Da die Natur bestrebt ist Gegensätze auszugleichen, beginnt sich die Luftmasse vom höheren Luftdruck zum niedrigeren zu bewegen. Die Luftmasse strömt also vom Gebirge (teils mehr als 2000 Meter über NN) ostwärts ins deutlich tiefer gelegene Flachland und erwärmt sich dabei trockenadiabatisch. Das bedeutet, dass sich die Luftmasse um 1 Kelvin pro 100 Meter erwärmt. Wie wir bereits erfahren haben, startet die Luftmasse mit extrem niedrigen Werten von unter -20 Grad, sodass sie auch weiterhin frostig-kalt im Tiefland ankommt. Dies unterscheidet den "Klondike chinook" vom allgemein bekannten "chinook", dem "Schneefresser", da in den meisten Fällen die Luftmasse beim Überqueren der Rocky Mountains bereits deutlich milder ist und somit beim Absteigen im Lee viel stärker erwärmt werden kann. Entsprechend zum Föhn in den Alpen weht der "chinook" daher meist als warmer Wind.
Wie eisig jedoch der "Klondike chinook" sein kann, zeigt das Beispiel von Billings, Montana in a) (rechts die Achse für die Temperatur und links für die Windgeschwindigkeit). Im grün hervorgehobenen Bereich wehte der "Klondike chinook", was sich z.B. durch eine deutliche Erwärmung von unter -30 Grad auf über -20 Grad zeigt (blaue Linie). In Rot wurde die gefühlte Temperatur eingetragen, wobei infolge des zunehmenden Windes mit 25-45 km/h Werte von -50 bis -35 Grad gemeldet wurden, was lebensgefährliche Bedingungen darstellt. Im Webcambild c) sind auch die Bedingungen während eines "Klondike chinook" sehr schön zu erkennen - starke Schneeverfrachtungen mit herabgesetzter Sichtweite.
Den Namen erhielt dieser Wind übrigens von einem örtlichen Meteorologen namens Grayson Cordell.
Meist sorgt der "Klondike chinook" dafür, dass sich die mildere Luft sukzessive durchsetzen kann, wobei sich dieser Kampf der Luftmassen teils über Tage hinziehen und auf engstem Raum extreme Temperaturgegensätze erzeugen und aufrechterhalten kann. So spannend dieser eisige Wind für die Meteorologen ist, so unerfreulich, ja teils auch gefährlich, ist er für die Bevölkerung.