Im Thema des Tages vom 27. Juli 2017 (http://bit.ly/2x8fwj0 ) wurden bereits lokale Windphänomene aus dem Westen der USA beschrieben, die immer wieder das unkontrollierte Ausbreiten von Bränden unterstützen und teils erhebliche Schäden in der Vegetation und Landwirtschaft hervorrufen, im schlimmsten Fall auch Menschenleben fordern. Heute soll jedoch der Aspekt betrachtet werden, wieso sich Brände ohne Veränderung der meteorologischen Parameter plötzlich unkontrolliert ausbreiten können.
Zuvor sollen jedoch die Bedingungen für eine erhöhte Waldbrandgefahr in Erinnerung gerufen werden. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Klimatologie und Wetter. Besonders betroffen sind Regionen, die unter Trockenheit leiden. Diese wird teilweise schleichend über einen längeren Zeitraum, teilweise aber auch zeitnah durch eine intensive Hitzewelle hervorgerufen. Auch können die vorausgegangenen Jahre eine Rolle spielen, denn das Brandmaterial am Boden kann sich über Jahre hinweg ansammeln. Neben diesen Hintergrundbedingungen sind natürlich auch meteorologische Parameter wie Temperatur, Feuchte und Wind ausschlaggebend, wie ausgeprägt die Waldbrandgefahr ausfällt und wie schnell sich ein Brand entwickeln und ausbreiten kann.
Stellen Sie sich nun aber einen Waldbrand vor, der vor Kurzem ausbrach und sich unter äußerst günstigen Bedingungen explosionsartig vergrößern konnte. Dabei findet der Waldbrand sehr viel Nahrung in Form dichter, trockener Wälder und auch sehr förderlicher meteorologischer Bedingungen wie einer sehr trockenen und heißen Luftmasse mit einem mäßigen Wind aus Süd vor. Man könnte nun annehmen, dass die Ausbreitung dieses Waldbrandes wenigstens hinsichtlich seiner Richtung gut abzuschätzen ist und dass nur die rasante Ausbreitung des Feuers ein Problem darstellen könnte. Wie soll es da zu Überraschungen kommen?
Die Schwierigkeit für die Brandbekämpfer aber ist, dass sich das Feuer sein eigenes Wetter erzeugen kann, denn die Luftmasse über so einem Brand wird erwartungsgemäß extrem erhitzt. Um ein Beispiel zu nennen: Bei dem Waldbrand in Portugal Mitte/Ende Juni 2017 wurde per Satellit im Bereich des Feuers eine Temperatur von rund 500 Grad gemessen. Dass dies jedoch nur von einem Satelliten geschätzte und eher grobe Werte sind, zeigen Messungen bei "normalen" Waldbränden mit einer Flammenhöhe von bis zu 1 m, wo Temperaturwerte von rund 800 Grad und bei großen Waldbränden von bis zu 1200 Grad ermittelt wurden. Solch extreme Temperaturanomalien hinterlassen natürlich auch beim Luftdruck im Umfeld des Feuers ihre Spuren. Erwärmte Luft weitete sich aus und gleichzeitig sinkt der Luftdruck, sodass sich ein sehr kleinräumiges aber intensives "Hitzetief" entwickeln kann. Dieses ist eben bei explosiven und äußerst intensiven Waldbränden besonders stark ausgeprägt. Da die Natur um Ausgleich bestrebt ist, findet ein Massentransport in Form eines Windes zum tiefen Druck hin statt, der bezüglich seiner Intensität und Richtung variabel ist.
Nun sind wir in der Lage die vorhin gestellte Frage zu beantworten, wieso es trotz der mäßig wehenden und beständigen Südwinde doch zu Überraschungen kommen kann, denn im direkten Umfeld des Feuers kann sich die Windgeschwindigkeit lokal deutlich verstärken. In Extremfällen werden gar teils schwere Sturmböen (Bft 10) im direkten Umfeld des Feuers gemessen, die wiederum das Feuer entsprechend weiter anfachen. Dadurch breitet sich das Feuer flächenmäßig aus, sodass der Luftdruck großflächig sinken und sich das lokale "Hitzetief" weiter verstärken kann. In solch einem Zustand ist ein Waldbrand bezüglich seiner Ausbreitungsgeschwindigkeit und -richtung absolut unberechenbar. Orografische Effekte können zudem auch die wechselnde Windrichtung unterstützen und anstatt der vorhergesagten mäßigen Südwinde haben es die Brandbekämpfer dann im direkten Umfeld des Feuers mit Böen teils in Sturmstärke und einer ständig wechselnden Windrichtung zu tun.
Als wäre das nicht genug, kann ein großer Waldbrand noch in einer weiteren Art und Weise das Wetter lokal beeinflussen. Durch die Verbrennung der Hölzer und Gräser entsteht über dem Feuer ein starker Aufwind, da warme Luft leichter ist als die kühlere Umgebungsluft. Die extrem erhitzte Luft kann somit bis in die obere Troposphäre aufsteigen, sich auf dem Weg nach oben abkühlen und kondensieren. Es kommt zur Bildung von Wasser- und Wolkentröpfchen. Bei besonders intensiven Bränden entwickeln sich hochreichende Quellwolken, die Niederschlag bilden und manchmal auch blitzen - ein Gewitter ist geboren.
Solche Gewitter weisen häufig die Merkmale eines "trockenen Gewitters" auf. Der in der Wolke gebildete Niederschlag verdunstet dabei auf dem Weg zum Boden zum größten Teil, nachdem dieser die extrem trockene und heiße Luftmasse unterhalb der Wolke passieren musste. Die Gewitter sind meist nicht sehr intensiv und langlebig, doch können ihre Blitze und ein böiger Wind neue unkontrollierte Brände auslösen. Diese Gewitterwolken werden in der Meteorologie "Pyrocumulus" genannt.
Das sind nur zwei Punkte, die zeigen, wie schnell ein Waldbrand die lokalen Wetterbedingungen verändern kann und dadurch die Brandbekämpfung unberechenbar wird. Zwar können speziell geschulte Meteorologen äußerst wichtige Informationen für die Waldbrandbekämpfer liefern, doch müssen die Vorhersagen sehr häufig entsprechend der Entwicklung des Brandes aktualisiert werden und nicht selten fallen so kleinräumige und kurzfristige Entwicklungen im Umfeld eines Brandes weiterhin durch das Raster der Beobachter und Messstationen.