Fotos von meterhohen Schneewänden, eingeschneiten Gebäuden und blockierten Straßen aus den Südalpen kursieren derzeit in den Medien. In den italienischen Alpen fielen binnen 48 Stunden mehr als zwei Meter Neuschnee, im schweizerischen Zermatt sind derzeit rund 13.000 Touristen von der Außenwelt abgeschnitten und können nur von Helikoptern ausgeflogen werden. Durch die Neuschneemassen herrscht extreme Lawinengefahr, die zuständige Behörden haben für Teile der Südalpen die höchste Warnstufe auf der 5-stufigen Gefahrenskala ausgerufen.
Deshalb soll es heute eine (etwas verspätete) Fortsetzung des "Thema des Tages" vom 15.12.2017 geben, in dem es um die Unterschiede zwischen Schneebrett-, Lockerschnee- und Gleitschneelawinen ging. Eine deutlich seltenere, aber dafür umso zerstörerische Lawinenart ist die sogenannte "Staublawine".
Sie ist quasi der "Rennwagen" unter den Lawinen und kann bis zu 300 km/h schnell werden. Meist entwickelt sich eine Staublawine aus einer Schneebrettlawine oder einer Lockerschneelawine, wenn diese einen besonders langen und steilen Abhang herunterstürzen. Dabei wird an der Spitze der Lawine Schnee aufgewirbelt, zu Pulver zerstäubt und mit Luft vermischt, was eine riesige Schneestaubwolke zur Folge hat. In einer Kettenreaktion wird die Lawine immer größer und schneller. Durch den raschen Abgang einer Staublawine wird die Luft vor ihr komprimiert und eine sogenannte Druckwelle entsteht: Sie eilt der Lawine voraus und hat eine enorme Zerstörungskraft. Wälder werden durch Staublawinen regelrecht umgemäht, Dächer von Häusern abgerissen und Fenster eingedrückt. Wer in eine Staublawine gerät, kann am aufgewirbelten Schneestaub ersticken, der mit extrem hohem Druck in die Lungen gepresst wird.
Egal ob Schneebrettlawine oder Staublawine: Wenn sie abgehen, besteht Lebensgefahr. Deshalb sollten gesicherte Skipisten (z.B. fürs Freeriden oder Tourengehen) nur bei genügender Erfahrung und Kenntnis der Lawinensituation verlassen werden - und natürlich nur mit entsprechender Notfallausrüstung. Eine gute Ausrüstung verhindert zwar keinen Lawinenunfall, kann aber die Überlebenschancen in einer Lawine erhöhen. Drei Dinge sind dabei unerlässlich: ein Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS-Gerät), eine Lawinensonde und eine Schaufel. Im Falle eines Lawinenabgangs schalten die suchenden Personen ihr LVS-Gerät vom Sendebetrieb auf Suchmodus, um die verschüttete Person zu orten. Erhält ein LVS-Gerät ein akustisches Pieps-Signal, beginnt die Grobsuche. Hat man dann den Suchradius mittels des LVS-Gerätes eingrenzen können, wird die Sonde hervorgeholt. Mit diesem ausklappbaren "Stock" wird das betroffene Areal rasterartig durchsucht. Dabei wird die Sonde senkrecht in den Schnee gesteckt und auf Widerstand getestet. Erfahrene Sucher erkennen, ob es sich bei dem Widerstand um normale Schneemassen, Felsen, Eis oder den Verschütteten handelt. Mit Hilfe der Sonde kann die genaue Lage und Tiefe des Verschütteten festgestellt werden. Nachdem das Opfer geortet ist, kommt die Lawinenschaufel zum Einsatz. Bei all dem ist die Zeit der härteste Gegner: Denn bereits nach 15 Minuten sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Verschütteten um ein Vielfaches.
Und falls man selbst in eine Lawine gerät, gilt es folgende Regeln zu beherzigen: Mit Schwimmbewegungen versuchen, sich an der Oberfläche zu halten, kurz vor Lawinenstillstand die Hände über Mund und Nase zu einer Atemhöhle wölben und (leichter gesagt als getan) Ruhe bewahren.
Auch wenn die Lawinengefahr allmählich etwas abnimmt, bleibt zu hoffen, dass die Zahl der Lawinenopfer nicht noch weiter steigt - und die eingeschneiten Wintersportler bald ihre Heimreise antreten können. Wobei sich viele vermutlich Schlimmeres vorstellen können, als inmitten weißer Schneelandschaft festzusitzen. Zumal die dortigen Geschäfte derzeit laut Medienberichten teilweise kostenlos Wein und Käsegerichte anbieten ;-).