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27. Februar 2018 | Dipl.-Met. Dr. Markus Übel

Februar 1956 - Ein Leben wie in der Tiefkühltruhe

Februar 1956 - Ein Leben wie in der Tiefkühltruhe

Datum 27.02.2018

Der diesjährige meteorologische Winter endet mit der stärksten Kältewelle des Winters überhaupt. Nochmal ein ganz anderes Kaliber war aber die historische Kälteperiode im Februar 1956, welche im heutigen Thema des Tages betrachtet wird.

Nachdem der bisherige Winter 2017/18 (Monate Dezember bis Februar) relativ mild ausfiel, endet er aktuell mit einem bemerkenswerten Finale. Schon letzte Woche war in den Medien von der "russischen Kältepeitsche" die Rede und tatsächlich frieren wir heute und in den kommenden Tagen bei Dauerfrost. Nachts können gebietsweise strenge Fröste unter -15 °C insbesondere in Regionen ohne Schneedecke (sogenannter Kahlfrost) Schäden in der Landschaft verursachen.


Eisperiode Februar 1956 im Rhein bei Mainz
Eisperiode Februar 1956 im Rhein bei Mainz


Eine derartige Kälteperiode ist Ende Februar zwar durchaus ungewöhnlich, aber verglichen mit den Wetterbedingungen in den historischen Februarmonaten 1929 und 1956 ziemlich harmlos. Diese Februarmonate waren in weiten Teilen Deutschlands von einer verheerenden Kälte geprägt. Die Durchschnittstemperatur lag mit -9,6°C jeweils 10 Grad unter dem langjährigen Mittel (1961-1990). Vielleicht können Sie sich zum Vergleich noch an den ziemlich kalten Februar 2012 erinnern, in dem bei eisigen Temperaturen zahlreiche Flüsse zu Eis erstarrten und uns seit langem mal wieder gezeigt wurde, was der Winter zu bieten hat. Damals lag die durchschnittliche Februartemperatur allerdings gerade einmal bei -2,5°C, was verdeutlicht, wie außergewöhnlich die Februare 1929 und 1956 waren.

Um in Deutschland derart kalte Temperaturen zu erreichen, müssen viele Faktoren gleichzeitig zusammenspielen. Zum einen muss ein andauerndes Hoch über dem Atlantik Tiefdruckgebieten den Weg zu uns versperren, welche normalerweise von Westen feuchte und milde Luft im Gepäck haben. Zum anderen müssen sowohl Hochdruckgebiete über Skandinavien oder Nordosteuropa im Zusammenspiel mit tiefem Luftdruck im Mittelmeerraum mit einer östlichen bis nordöstlichen Strömung sibirische Kaltluft nach Deutschland transportieren. Außerdem kann eine Schneedecke die nächtliche Abkühlung in sternenklaren Nächten unterstützen. All dies war 1956 über ganze 4 Wochen der Fall.

Der Monat begann mit einem kräftigen Hoch über Skandinavien und einem Tief über dem Mittelmeer. Zuvor konnte sich über Sibirien ein massiver Kaltluftkörper bilden, der sich mit einer strammen Ostströmung auf dem Weg nach Deutschland machte, ohne sich deutlich zu erwärmen. Dadurch verharrten die Temperaturen selbst tagsüber verbreitet bei -15°C und bitterkalte Nächte von teils weit unter -20°C waren die Folge. Zu dieser Zeit lagen im Flachland nur wenige Zentimeter Schnee, in Teilen Ostdeutschlands war es sogar schneefrei, sodass Kahlfröste dort besonders schlimm zuschlugen. Um den 3. Februar wurde es vorübergehend im Nordwesten Deutschlands mit Temperaturen tagsüber knapp über dem Gefrierpunkt etwas milder, im Süden blieb es weiterhin frostig.

Schon in den Folgetagen baute sich über dem Atlantik ein neues kräftiges Hochdruckgebiet auf, das bis ins Nordmeer vordrang. An dessen Ostflanke zog am 8. Februar ein kleines Schneetief von Norden kommend über die Osthälfte Deutschlands und lud dort verbreitet satte 10 bis 20 cm Schnee ab.

Ab dem 9. Februar kam, verursacht durch ein Hoch über Großbritannien und dem Nordatlantik zusammen mit einem Tief über dem zentralen Mittelmeer, eine kräftige Nordostströmung in Gang, die erneut extrem kalte Luft nach Deutschland führte. Außer im Nordwesten sank die Temperatur über der Schneedecke verbreitet auf -20 bis -30°C. Das führte sogar dazu, dass selbst der Rhein zufror und man in Köln trockenen Fußes "über Wasser gehen" konnte, was seither nie mehr möglich war. Auch tagsüber herrschten Temperaturen wie in der Tiefkühltruhe. Beispielsweise betrug am 9. Februar die Höchsttemperatur (!) in Görlitz -21°C und in der darauf folgenden Nacht wurden in Wasserburg am Inn kaum vorstellbare -35°C gemessen.

Zwischen dem 13. und 16. Februar kreisten mehrere kleine Tiefs über Mitteleuropa und brachten nun auch dem Westen Deutschlands eine ordentliche Packung Schnee (20 bis 40 cm Neuschnee im Flachland). Somit lag nun mit Ausnahme des Nordwestens fast flächendeckend im Tiefland eine 15 bis 30, gebietsweise sogar 50 cm mächtige Schneedecke. Zu allem Überfluss erneuerte sich danach nochmals die Ostströmung und es dominierte in weiten Teilen Europas Hochdruckeinfluss. Dauerfrost um -5°C und eisige Nächte von -10 bis unter -20°C waren die Folge.

Erst ab dem 25. Februar setzte eine leichte Milderung ein und erste Wetterstationen meldeten positive Temperaturen. Danach stellte sich die Wetterlage grundlegend um und ab dem 27. Februar setzte mit einer sich formierenden Westströmung Tauwetter ein.

Ob wir selbst nochmals einen ähnlich kalten Wintermonat erleben, bleibt abzuwarten. Auch in Zeiten der Klimaerwärmung kann es bei ähnlichen Wetterkonstellationen extreme Kältewellen geben. Allerdings kommen solche "Ausreißer" nur alle 50 bis 100 Jahre einmal vor.



© Deutscher Wetterdienst

Bild: Bundesanstalt für Wasserbau