Häufig ist zu hören, dass sich das Wetter sowieso nicht an irgendwelche Regeln hält. Macht es also Sinn, Geld auf Wetterereignisse zu setzten? Viele Wirtschaftsbereiche hängen jedoch maßgeblich vom Wetter ab: Abgesehen von der Energiebranche und der Landwirtschaft sind bspw. auch der Tourismus, die Gastronomie oder die Baubranche direkt vom Wetter abhängig. Studien zufolge haben auch die Fernsehanstalten bei einer langen Sonnenscheindauer deutlich weniger Kunden.
Für all diese Sektoren wäre es natürlich erstrebenswert, wenn sie das Wetterrisiko, dem sie ausgesetzt sind, an jemand anderen übertragen könnten. Klingt utopisch? Wird aber tatsächlich mittels sog. "Wetterderivate" betrieben. Das Konstrukt des Wetterderivates kann für manche Branchen also ein hilfreiches Instrument im Risikomanagement sein um wetterbedingte Einbußen abzusichern. Wetterderivate werden meist zwischen einer Bank oder einer Versicherung und einem Unternehmen abgeschlossen, wobei das Unternehmen sein Wetterrisiko auf die Bank transferiert.
So kann sich ein Energieversorger beispielsweise gegen einen zu warmen Winter absichern, in dem weniger geheizt wird als üblich. In den USA ist auch das Beispiel eines zu milden Sommers vorstellbar, in dem die dort weit verbreiteten Klimaanlagen nur mit halber Power laufen würden.
Doch wie läuft so ein Geschäft nun konkret ab? Ein fiktives Beispiel: Man stelle sich die Veranstalter eines mehrtägigen Volksfestes, beispielsweise des Oktoberfests in München vor. Da die Besucherzahlen und damit der Umsätze auf der Wiesn bei gutem Wetter nach oben schnellen, wollen sich die Veranstalter gegen eine niederschlagsreiche Witterung absichern. Im Derivat wird also ein Grenzwert für die Niederschlagssumme festgelegt (z.B. 100 l/qm), ab dem der Verkäufer des Derivats (die Bank) die Pflicht hat, dem Käufer (Veranstalter) einen finanziellen Ausgleich zu leisten. Fallen nur 30 l/qm, wird der festgelegte Grenzwert also nicht überschritten, streicht die Bank die vom Veranstalter gezahlte Prämie ein, was der Veranstalter aufgrund des guten Umsatzes verkraften kann. Alternativ zur Niederschlagssumme könnte auch die Anzahl an Tagen mit einer bestimmten Niederschlagsdauer Bestandteil des Derivats sein.
Fallen während des Oktoberfestes 150 l/qm in München, sind zwar die Veranstalter abgesichert, die Bank macht durch die zu leistenden Zahlungen jedoch ein Minusgeschäft. Für diesen Fall muss sich die Bank also selbst absichern. Dies geht am einfachsten mit einem weiteren Wetterderivat. Der Kunde dieses Derivats besetzt dabei die Gegenposition. Im Falle des Beispiels könnte dies ein Wasserkraftwerk sein, das auf ausreichend Niederschlag angewiesen ist, da bei zu langer Trockenheit der Wasservorrat im Stausee schwindet.
Wenngleich das dargestellte Beispiel nicht alle Details berücksichtigt, so verdeutlicht es doch das Prinzip eines Wetterderivats und zeigt auf, dass die konträren Positionen des Derivats voneinander profitieren indem sie sich gegenseitig absichern.
Das Finanzgeschäft der Wetterderivate ist ein vergleichsweise junges. Seine Anfänge hatte es Ende der 90er Jahre in den Vereinigten Staaten von Amerika. Erste Beispiele in Deutschland gab es zu Beginn dieses Jahrtausends - das Wetten auf das Wetter steckt in Europa also noch am Beginn seiner Entwicklung. Da Studien zufolge jedoch bis zu 80% aller Wirtschaftsbereiche direkt oder indirekt vom Wetter abhängen, erscheinen Wetterderivate als zukunftsfähiges Geschäft.