Facebook Twitter
Drucken
04. April 2019 | Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Vb - Eine ganz spezielle Wetterlage

Vb - Eine ganz spezielle Wetterlage

Datum 04.04.2019

In den meisten Fällen lässt sich das Wettergeschehen eindeutig einer bestimmten Wetterlage zuordnen. Zu einer der pikantesten zählt die sogenannte "Vb" (sprich: fünf-b) Wetterlage. Doch warum ist das so?

Zunächst einmal ein kleiner Blick ins Wetterlexikon: Unter einer Wetterlage versteht man den über einem begrenzten Gebiet während maximal eines Tages vorherrschenden Wetterzustand. Bleibt eine Wetterlage über mehrere Tage mit nur geringen Variationen bestehen, so spricht man von einer Großwetterlage. Entscheidend für die Einordnung in eine bestimmte Wetterlage ist die großräumige Luftdruckverteilung also die Verteilung von Hoch- und Tiefdruckgebieten und die daraus resultierenden Luftströmungen. Das Wetter selbst hängt dann noch von den Eigenschaften der Luftmassen ab, die in das Zirkulationsregime einbezogen werden (z.B. Feuchtegehalt und Temperatur der Luftmassen).


Zum Vergrößern bitte klicken
Zum Vergrößern bitte klicken


Bereits 1891 hat der deutsche Meteorologe Wilhelm Jacob van Bebber festgestellt, dass sich bestimmte Zugbahnen von Tiefdruckgebieten über Europa wiederholen. Van Bebber nummerierte die am häufigsten vorkommenden Zugbahnen mit den römischen Ziffern I bis V, wobei in Mitteleuropa bei uns Meteorologen bis heute vor allem die Zugbahn "Vb" ein Begriff ist. Das liegt vor allem daran, dass diese Wetterlage häufig mit kräftigen und lang anhaltenden Niederschlägen verbunden ist. Eine ausgeprägte Vb-Lage führte beispielsweise zum Elbehochwasser 2002. Bei diesem Ereignis wurden im Erzgebirge (Zinnwald-Georgenfeld) am Morgen des 13.08. unvorstellbare 312 l/qm gemessen, wohl gemerkt innerhalb von 24 Stunden. Das ist bis heute die größte Tagesregenmenge seit Beginn routinemäßiger Wetterbeobachtungen in Deutschland. Auch das Oderhochwasser von 1997 ist auf eine solche Wetterlage zurückzuführen.

Wie sieht denn nun eine Vb-Lage aus? Dabei liegt in höheren Luftschichten eine weit nach Süden gestreckte Tiefdruckzone über West- und Mitteleuropa, die kalte Luft in den westlichen Mittelmeerraum transportiert. Dieser Kaltluftvorstoß sorgt für die Entstehung eines Tiefs am Boden und zwar etwa in der Region Golf von Genua, Oberitalien und nördliche Adria. Das neu entstandene Tief wird klassischerweise in einem Bogen um die Alpenostseite herum weiter nach Norden über Tschechien und Polen gesteuert und landet letztlich zumeist in Skandinavien.

Da sich Tiefdruckgebiete auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn drehen, führt unser hier beschriebenes Vb-Tief auf seiner Ostflanke aus Süden sehr feuchte und warme Mittelmeerluft mit sich. Diese wird dann häufig auch noch weiter um das Tief herumgeführt und kann somit auch in die Osthälfte Deutschlands gelangen, wo sie auf eine deutlich kühlere Luftmasse trifft. Es entsteht eine markante Luftmassengrenze an der es zu kräftigen und lang anhaltenden Niederschlägen kommt. Besonders heftig können diese im Stau der östlichen Mittelgebirge sowie der Alpen ausfallen. Blicken wir auf die aktuelle Wetterlage, so hat diese zwar Ähnlichkeiten mit einer Vb-Lage, der beschriebene Kaltluftvorstoß nach Süden findet aber zu weit westlich statt. Ohne Folgen bleibt diese Entwicklung aber dennoch nicht, zumindest für die Südalpen, denn dort staut sich der Großteil der von Süden heranströmenden feuchten Luft. Im Tessin beispielsweise wurden so bis heute (Donnerstag) Früh verbreitet 50 bis 100 l/qm innerhalb von 24 Stunden gemessen, was dort oberhalb von etwa 1000 m nahezu eins zu eins in Zentimeter Neuschnee ankam.



© Deutscher Wetterdienst