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25. August 2019 | Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Wetterfühligkeit

Wetterfühligkeit

Datum 25.08.2019

"Ich habe Kopfschmerzen, das Wetter ändert sich." Solche und ähnliche Aussagen hört man immer wieder. Aber was ist tatsächlich dran?

Dass das Wetter unser Leben beeinflusst, liegt auf der Hand. Wenn es stürmt oder aus Kübeln regnet, gehen wir ins Fitnessstudio, statt in Wald und Flur zu joggen. Wird es kälter, ziehen wir uns eine Jacke an und suchen Schal und Mütze raus. Aber verursacht das Wetter Kopfschmerzen oder lässt uns schlechter schlafen?


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In einer Studie aus dem Jahre 2013, durchgeführt vom Deutschen Wetterdienst, wurden mehr als 1600 Bundesbürger zu ihrer Wetterfühligkeit befragt. Die Hälfte gab an, dass das Wetter ihre Gesundheit beeinflusst. Zu den häufigsten Symptomen gehören Kopfschmerzen und Migräne, sowie Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Auch Gelenkschmerzen und Schlafstörungen wurden dem sich ändernden Wetter zulasten gelegt.

In der Tat gibt es eine Biotropie des Wetters. Darunter versteht man die Wirkung aller meteorologischen Parameter auf den Organismus. Ändern sich viele Parameter gleichzeitig, so können wetterfühlige Menschen darauf reagieren. Besonders bei großräumigen Änderungen, wie dem Aufzug eines Tiefdruckgebietes oder dem Durchschwenken einer Front, lassen sich Auswirkungen auf die Gesundheit bei Wetterfühligen finden.

Um den Einfluss auf den menschlichen Organismus einordnen zu können, verwendet man sogenannte biosynoptische Wetterklassen. Insgesamt gibt es 5 Klassen: 1. Warmes Hoch mit und ohne Bodeninversion 2. Warmluft-advektive Tiefvorderseite 3. Tiefzentrum 4. Kaltluft-advektive Rückseite 5. Indifferente Wetterlage

Klasse 1 stellt einen positiven Einfluss auf das allgemeine Wohlbefinden dar. Da sich bei dieser Wetterlage dynamisch wenig ändert, wird auch das Herz-Kreislaufsystem positiv beeinflusst.

In Klasse 2 stabilisiert sich die vertikale Schichtung durch Heranführen warmer Luft. Diese warme Luft wirkt sich negativ auf Hypotonie (niedriger Blutdruck) und entzündliche rheumatische Erkrankungen aus. Um den Körper bei großer Wärme oder Hitze zu kühlen, weiten sich die Blutgefäße. Dadurch sinkt der Blutdruck, was bei Menschen mit ohnehin niedrigem Blutdruck zusätzliche Gefahren birgt.

Im Tiefzentrum, also bei unserer Klasse 3, kommt es zu einer signifikanten Zunahme oder Verstärkung von Beschwerden sowohl bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, als auch bei rheumatischen und asthmatischen Beschwerden und allgemeiner Befindlichkeiten. Oft ist die Konzentrationsfähigkeit gehemmt und die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.

Die Klasse 4 wirkt sich wieder positiv auf das allgemeine Befinden aus, erhöht jedoch die Beschwerden bei hohem Blutdruck und Asthma. Grund dafür sind eine allgemeine Labilisierung der Luftmasse und das Heranführen kalter Luft. Um die Körpertemperatur zu halten, verengen sich die Gefäße und der Blutdruck steigt. Die Kälte setzt den Bronchien zu und erschwert vielen Asthmapatienten das Atmen.

Die letzte Klasse hat keinen spürbaren Einfluss auf den Organismus. Weder bei rheumatischen, noch bei Herz-Kreislaufpatienten konnte ein signifikanter Einfluss nachgewiesen werden.

Die Klassen und ihre Auswirkungen sind immer als mögliche Auswirkungen auf einen größeren Kreis wetterfühliger Menschen anzusehen. Jedes Individuum reagiert anders. Einige Menschen reagieren gar nicht auf das Wetter. An ihnen gehen Wetterwechsel ohne Beeinträchtigungen vorbei. Um die eigene Wetterfühligkeit besser einschätzen zu können, hilft das Führen eines Wettertagebuchs.

Der Deutsche Wetterdienst gibt Gefahrenindizes für Wetterfühlige heraus. Für die Bereiche: allgemeine Befindens-Beeinträchtigungen, asthmatische Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Beschwerden und rheumatische Beschwerden werden täglich für die erste und die zweite Tageshälfte Indizes von "positiver Einfluss" bis zu "hohe Gefährdung" angegeben.



© Deutscher Wetterdienst