Was würden Sie vermuten: Welche Jahreszeit ist für uns Meteorologen wohl am arbeitsintensivsten? Sind es die Sommer mit den vielen Gewittern, die Winter mit Schnee, Glätte und Frost oder doch die Übergangszeiten mit den Stürmen? In einer statistischen Auswertung der Unwetterwarnungen der vergangenen zehn Jahre für das Bundesland Baden-Württemberg wurde (unter anderem) dieser Frage nachgegangen.
Vor Betrachtung der Ergebnisse sollte man sich die Geografie des untersuchten Bundeslands in Erinnerung rufen, denn der Südwesten Deutschlands bietet durch die komplexe Geländestruktur eine Vielzahl an potentiellen Unwetterlagen: So entladen sich hier in feuchtwarmen Luftmassen subtropischen Ursprungs im Sommer vermehrt Gewitter, oftmals noch verstärkt durch die Orografie des Schwarzwaldes und der Schwäbischen Alb. Doch auch langanhaltende Niederschlagsereignisse werden durch Staueffekte des Berglandes begünstigt. Im Winter kommen dann häufig noch Schneefälle hinzu; manchmal auch gefolgt von Tauwetterlagen, die durch die komplexe Geländestruktur wiederum hohes Schadenspotential aufweisen.
Betrachtet man die jährliche Gesamtzahl der Unwetterereignisse in den letzten Jahren (Grafik 1), so kann keine signifikante Zunahme festgestellt werden. Es gab in den vergangenen zehn Jahren immer wieder Jahre, in denen die Gesamtzahl etwas höher oder etwas niedriger war. Im Schnitt traten in Baden-Württemberg 48 Unwetterereignisse pro Jahr auf.
Doch wie verteilen sich diese Unwetterereignisse konkret aufs Jahr? Auf den ersten Blick (Grafik 2) wird sichtbar, dass es einen Hauptpeak in den Sommermonaten und einen Nebenpeak in den Wintermonaten gibt. Dazwischen schließt sich in den Übergangsjahreszeiten jeweils eine ruhigere Phase an. Die unwetterintensivste Phase beginnt Mitte Mai und endet Mitte September und wird deutlich von Gewitterlagen bestimmt, welche im Durchschnitt 87 % der Ereignisse ausmachen. Einen kleineren Anteil spielen dabei gewitterunabhängige Starkregen- und Dauerregenereignisse.
Das Nebenmaximum in den Wintermonaten begrenzt sich auf den Zeitraum von Anfang Dezember bis Mitte Februar und ist vor allem geprägt durch Orkan- und Niederschlagsereignisse (Schneefall, Dauerregen, Tauwetter, Glatteis). Hierbei tritt im Schnitt alle acht bis zehn Tage ein Unwetterereignis auf. Dies ist zwar deutlich seltener als im Sommer, es sollte jedoch nicht vernachlässigt werden, dass gerade solche winterlichen Wetterlagen im Warnmanagement nicht selten komplexer sind als sommerliche Gewitterlagen (wenn zum Beispiel Schneeereignisse auf Dauerregen und Tauwetter treffen). Außerdem muss berücksichtigt werden, dass es sich hierbei oftmals um großflächigere Ereignisse handelt, die im Falle eines Unwetters einen größeren Teil der Bevölkerung betreffen und damit ein höheres Schadenspotential aufweisen.
Doch alleine mit der Unwetterausgabe ist es für uns Meteorologen bei solchen Lagen nicht getan - vielmehr hängt eine Kette weiterer Aufgaben und Aktionen daran. Angefangen bei der Mitteilung an das Lagezentrum, das für die Verbreitung an Leitstellen sowie Medien und Funk zuständig ist. Außerdem steigt besonders bei sommerlichen konvektiven Lagen das Beratungsaufkommen enorm, sind doch nicht selten Open-Air-Veranstaltungen vom Wetter abhängig. Doch immer, wenn Unwetter oder sogar extreme Unwetter ausgelöst werden, sind auch Feuerwehren in Alarmbereitschaft. Diese suchen und schätzen den direkten Kontakt zum Meteorologen. Die Zahlen belegen, dass in den Sommermonaten im Schnitt ein doppelt so hohes Beratungsaufkommen herrscht wie in den Wintermonaten. Konkret sind das z.B. im Spitzenmonat Juli im Durchschnitt 315 telefonische Beratungen (siehe Grafik 3).
Betrachtet wurden jedoch lediglich die (im Normalfall kostenpflichtigen) Beratungen, die beim Meteorologen eingehen. Es ist davon auszugehen, dass der meteorologische Fachdienst (auf kostenfreier Basis) nochmals mindestens genauso viele Auskünfte erteilt. Anders wäre das hohe Beratungsaufkommen, besonders an Unwettertagen, für den Meteorologen alleine nicht zu bewältigen. Natürlich verteilen sich die Anrufe nicht gleichmäßig auf die Monatstage, sondern spiegeln sich meist in mehreren Peaks wider, die von Unwettern oder Unwetterserien geprägt sind. So können dies in der Spitze schon mal 30 bis 50 Beratungen pro Tag sein.
Die Gesamtzahl der telefonischen Beratungen lag in den letzten Jahren meist zwischen 1500 und 1800 pro Jahr (nicht gezeigt). Diese hohe Zahl lässt darauf schließen, dass Bevölkerung, Veranstalter oder Firmen trotz moderner Informationssysteme ihr Vertrauen in die persönlichen meteorologischen Beratungen setzen. Zusammen mit den Unwetterwarnungen bietet dies den optimalen Schutz der Bevölkerung vor Gefahren.