Bereits in der Nacht zum gestrigen Dienstag (25.08.2020) brachte sich Tief "Kirsten" vor Irland in Stellung. Dabei konnten an der irischen Westküste bereits erste Sturmböen gemessen werden, ausgangs der Nacht verzeichneten einzelne Stationen sogar schwere Sturmböen über 90 km/h.
Im Verlauf des Dienstags zog der Tiefkern von "Kirsten" unter weiterer Intensivierung über Irland und die Irische See hinweg in Richtung Newcastle im Nordosten Englands. Der Kerndruck schaffte es dabei auf Werte knapp unter 980 Hektopascal, was für die Jahreszeit - wir befinden uns ja immerhin noch im Sommer - schon nicht schlecht ist. Das Sturmfeld von "Kirsten", die in Großbritannien übrigens auf den Namen "Francis" getauft wurde, ergriff dabei die Britischen Inseln. Über Land blies der Wind mit Böen bis Sturmstärke, besonders in Wales wurden sogar Böen über 100 km/h gemessen. Eine südlich von Irland vorgelagerte Boje meldete laut dem irischen Wetterdienst "Met Éireann" um 10 UTC (12 Uhr MESZ) eine Windgeschwindigkeit von 124 km/h (Orkanstärke!).
Im Satellitenbild erkennt man die Wolkenspirale von "Kirsten" von Deutschland über die Nordsee und Großbritannien bis in die Ostsee und nach Polen reichend. Dazu das vom deutschen Wettermodell (ICON-EU-EPS) simulierte 6-stündige Sturmfeld ist in rot-gelben Farben dargestellt./V pic.twitter.com/hK0lucIKdQ
— DWD (@DWD_presse) August 26, 2020
In der Nacht zum heutigen Mittwoch kam "Kirsten" weiter ostwärts voran und zog mit ihrem Kern in die Nordsee. Dabei konnten bereits erste Abschwächungstendenzen festgestellt werden, füllte sich das Tief doch allmählich auf. Eine wirkliche Abschwächung konnten die Menschen in Benelux und im Norden Frankreichs nicht spüren. Dort nahm "Kirsten" erst so richtig Fahrt auf. Die maximalen Windgeschwindigkeiten wurden in den jeweiligen Küstenregionen mit über 100 km/h gemessen. Das Cap Gris-Nez, eine Landspitze im Norden Frankreichs, vermeldete gegen Mitternacht sogar Böen von 126 km/h. Aber auch im Landesinnern stürmte es in der Nacht. Nicht verwunderlich, dass heute Morgen bereits erste Schadensmeldungen wie umgestürzte Bäume und beschädigte Häuserfassaden aus unseren Nachbarländern in den sozialen Netzwerken kursierten.
Auch im Westen Deutschlands machte sich das Sturmfeld bereits in der zweiten Nachthälfte und in den Frühstunden bemerkbar, über die höher gelegenen Berglagen pfiff der Wind bereits seit den gestrigen Abendstunden. Die Stationen Geilenkirchen und Nörvenich (beide Nordrhein-Westfalen) verzeichneten heute früh bereits Böen von bis zu 90 km/h. An der Spitze steht aber wenig überraschend der Brocken, der um 05 UTC (07 Uhr MESZ) eine Böe mit 130 km/h registrierte. Was den Kerndruck angeht, konnte sich das Tief weiter auffüllen und wies im Bereich der Deutschen Bucht immerhin noch einen Wert von 990 Hektopascal.
Erste Auswirkungen werden auch in Deutschland gemeldet. In NRW dürfen Eltern selbst entscheiden, ob sie ihr Kind zur Schule schicken, der Zoo in Wuppertal bleibt ganztags geschlossen. Aber auch die Feuerwehren und der Katastrophenschutz sind bereits im Einsatz. Ein Sandsturm sorgte auf der A44 zwischen Kreuz Holz und Jackerath für viel Staub und schlechte Sicht. Dabei kippte ein LKW-Anhänger um, die Autobahn musste gesperrt werden. Dauereinsatz auch für die Feuerwehren in der Eifel. Dort mussten Landstraßen freigeräumt werden. In Altrip (Rheinland-Pfalz) fiel ebenfalls ein Baum auf eine Landstraße und riss einen Strommast mit auf die Fahrbahn. Und auch bei der Bahn kommt es zu Störungen im Betriebsablauf: Bei Ennepetal ist ein Baum auf die Gleise gestürzt, einige Strecken sind bereits am Vormittag gesperrt.
Am heutigen Mittwochnachmittag verlagert "Kirsten" ihren Schwerpunkt unter weiterer Abschwächung über das Grenzgebiet Deutschland-Dänemark hinweg in die Ostsee. Das Sturmfeld verlagert sich dabei über die Mitte in den Osten Deutschlands. In der Fläche treten dabei meist Böen bis Sturmstärke (bis 85 km/h) auf. Allerdings steigt im Nachmittagsverlauf auch vereinzelt die Gefahr turbulenter Umwälzungen. Bei kräftigen Schauern und einzelnen Gewittern könnten dann vor allem in einem Streifen von der Nordsee bis zum Erzgebirge die weiterhin recht kräftigen Höhenwinde zu Boden gemischt werden. Entsprechend sind in einem solchen Fall lokal eng begrenzt auch Böen im orkanartigen Bereich über 100 km/h denkbar.
Im Verlauf der ersten Nachthälfte zum Donnerstag lässt der Wind dann aber allmählich nach. Bis in die Frühstunden können vor allem an der Nordsee sowie von der Ostsee bis zum Erzgebirge noch starke bis stürmische Böen auftreten, vereinzelt sind Sturmböen möglich. Die Gewitter beschränkten sich in der Nacht meist auf die Küstenregionen im Norden. Dort muss aufgrund der warmen See auch in der Nacht mit einzelnen Gewittern gerechnet werden.