Haben Sie auch den Eindruck, dass sich die Sonne im Vergleich zu früheren Jahren deutlich häufiger zeigt? Dieser Eindruck täuscht nicht und auch wenn man es am heutigen eher grauen Sonntag nicht merkt, der Sonnenanteil hat in den vergangenen Jahrzehnten tatsächlich sukzessive zugenommen.
Schauen wir zunächst einmal auf das Gesamtjahr. Dem vieljährigen Mittelwert zufolge wurde zwischen 1961 und 1990 im Deutschlandmittel 1544 Sonnenstunden registriert. Beim 30-jährigen Mittelwert von 1991 bis 2020, welche die neue Klimareferenz darstellt, ergeben sich sogar 1665 Stunden. Die Anzahl der im Jahresverlauf zu erwartenden Sonnenstunden hat sich also um 121 Stunden erhöht. Nehmen wir eine mittlere maximale Sonnenausbeute von 12 Stunden am Tag, gibt es also 10 zusätzliche Tage durchgehend Sonnenschein.
Nun hat sich die mittlere Sonnenscheindauer im Jahresverlauf nicht gleichmäßig verändert. Zur Untersuchung des monatlichen Sonnenscheins wurde daher in einem ersten Schritt berechnet, wie hoch die maximal mögliche astronomische Sonnenscheindauer in jedem Monat ist. Dies wurde mit Hilfe von fünf Städten gemacht (Hamburg, Berlin, Köln, Offenbach und München), um einen ungefähren mittleren astronomischen Wert für Deutschland zu bekommen. In einem zweiten Schritt wurde ermittelt, wie hoch die mittlere Ausbeute in jedem Monat im Vergleich zum maximal möglichen Sonnenschein ist.
Nicht überraschend ist die Sonnenausbeute in den Wintermonaten besonders gering. Nur etwa 20 % der maximal möglichen Sonnenscheindauer wird ausgeschöpft, wobei der Dezember am schlechtesten dasteht. Deutlich besser sieht es von Mai bis September aus, wo der Anteil auf über 40 % steigt. Den Spitzenplatz belegt eindeutig der Monat August, in dem die Sonne immerhin zu 47 % vom maximal möglichem Wert "Gebrauch macht".
Neu hinzu gekommen in der Riege der +40 %-Ausbeutemonate ist mit einem deutlichen Sprung der Monat April. Dies betrachten wir uns mal etwas genauer und berechnen dafür zunächst die prozentuale Änderung des monatlichen Anteils der Sonnenscheindauer vom alten Mittelwert 1961 bis 1990 zum neuen von 1991 bis 2020. Bei fast allen Monaten sieht man eine klare Zunahme der Sonnenausbeute. Besonders auffällig sind die Monate Januar, März, April und Juli, in denen die Steigerung bei über 3 % lag. Ganz klar hervorheben kann man auch hier den Monat April. Die Steigerung der Sonnenausbeute zwischen 1961/1990 und 1991/2020 liegt bei satten 7 %! Damit nimmt der Monat mittlerweile Rang 3 hinter den Sommermonaten Juli und August ein. Betrachtet man die Jahreszeiten, so erkennt man, dass vor allem das Frühjahr auch aufgrund des Aprils deutlich sonniger geworden ist, während die Steigerung beim Herbst nur moderat ausfällt.
Schauen wir noch auf die Rekordjahre. Das seit Aufzeichnungsbeginn graueste Jahr 1977 brachte es nur auf eine Sonnenausbeute von gut 30 % (1362 h) der astronomisch möglichen Dauer. Im Sonnenjahr 2018 dagegen lag der Anteil bei knapp 45 % (2015 h)! In den Monaten April, Mai, Juli, August und September wurden damals jeweils mehr als 50 % der maximal möglichen Sonnenscheindauer erreicht, mit dem größten Anteil von 62,5 % im Juli. Das sonnigste Frühjahr gab es übrigens 2020, als auch der sonnigste April mit einer Ausbeute von 70 % registriert wurde.
Zu guter Letzt: Der Oktober ist der einzige Monat des Jahres, in dem die Sonnenscheindauer von 1961/1990 zu 1991/2020 minimal zurückgegangen ist (-0.2 %). Vielleicht reden wir also zukünftig nicht mehr vom goldenen Oktober, sondern vom goldenen April?