"Erfunden" wurde der Begriff "Advektion" von den alten Römern - denn er stammt vom lateinischen Wort "advectare" ab und bedeutet soviel wie "heranbewegen, -holen". Damit wäre auch schon die erste Frage nach der Bedeutung geklärt: Advektion beschreibt das Heranführen von Dingen und wird in der Meteorologie allgemein und in der Wettervorhersage im speziellen für das Heranführen einer Luftmasse mit bestimmten Eigenschaften verwendet. Advehiert kann dabei alles Mögliche werden, wie zum Beispiel Temperatur und Feuchte, aber auch speziellere Eigenschaften wie Vorticity (alles über Vorticity gibt es in Kapitel 3 vom 11.09.2020).
Für die Wettervorhersage ist die Kenntnis über das Vorhandensein von Advektionsprozessen in der Atmosphäre wichtig, denn daraus leiten sich zu erwartende dynamische Vorgänge wie Hebung oder Absinken ab. Hebung und Absinken innerhalb einer Luftmasse sind elementar für das Wettergeschehen, denn in direkter Folge können daraus zum Beispiel Wolken und Niederschläge entstehen. Einer dieser wichtigen Advektionsprozesse ist die Temperaturadvektion, in der Fachsprache je nach Charakteristik "Warmluftadvektion" oder "Kaltluftadvektion" genannt. Je nach Höhe, in der die Advektionsprozesse stattfinden, kann dies Auswirkungen auf die Stabilität bzw. Labilität der Atmosphäre haben. Kaltluftadvektion in niedriger Höhe wirkt üblicherweise stabilisierend, das heißt wetterberuhigend, während Warmluftadvektion labilisierenden Charakter haben kann. In großer Höhe kann sich der Effekt auch umkehren, und zum Beispiel Konvektion begünstigen. Auch Konvektion ist ein Spezialfall der Advektion, denn hier wird warme Luft vertikal in die Höhe advehiert. Aus der Temperaturadvektion lassen sich weiterhin auch Aussagen zur Geopotentialtendenz, oder mit anderen Worten, zur Drucktendenz ableiten (mehr zum Geopotential in Kapitel 1 vom 12.08.2020). Die Höhe zwischen den Druckflächen 1000 hPa und 500 hPa wird in der Synoptik auch "Schichtdicke" genannt. Die Schichtdicke ist direkt proportional zur mittleren Temperatur in dieser Schicht. Wird nun also kältere (wärmere) Luft advehiert, dann sinkt (steigt) die Schichtdicke, und damit das Geopotential an dieser Stelle. Ein klassisches Beispiel sind zum Beispiel ausgedehnte Hochdruckrücken, insbesondere Omega-Hochdrucklagen. Auf deren Rückseite westlich des Druckzentrums wird oft sehr warme Luft aus Süden advehiert, wodurch das hohe Geopotenzial an dieser Stelle anhaltend gestützt wird, was zur Langlebigkeit dieser stabilen Druckgebilde beiträgt. Ob Kalt- oder Warmluftadvektion vorliegt, lässt sich gut an einem vertikalen Windprofil oberhalb der Grundschicht ablesen. Dreht der Wind mit der Höhe nach rechts, so liegt Warmluftadvektion vor. Dreht er nach links, so handelt es sich um Kaltluftadvektion. Die Differenz zwischen den einzelnen Windvektoren heißt "Thermischer Wind" und ist in Kapitel 5 vom 22.10.2020 etwas näher beschrieben.
Neben der Temperaturadvektion ist für den Vorhersagemeteorologen auch die Advektion von Vorticity interessant. Wichtig ist hierbei vor allem die sogenannte differentielle Advektion. Betrachtet werden dabei klassischerweise die Advektionsfelder der Vorticity in 500 hPa und 300 hPa. Differentiell bedeutet hier, dass die Vorticityadvektion in 300 hPa stärker ausgeprägt sein muss als in 500 hPa, um einen Effekt zu haben. Dabei signalisiert negative differentielle Vorticityadvektion ein Absinken von Luftmassen, und positive differentielle Vorticityadvektion Hebung. Letzteres ist dann immer ein Hinweis auf günstige Bedingungen für die Entstehung von Wolken, Niederschlag und vor allem im Sommer auch von Gewittern. An dieser Stelle möchte der Autor aber auf weitergehende Erklärungen verzichten, denn das Konzept der differentiellen Vorticityadvektion lässt sich nur mit recht komplizierter Mathematik tiefergehend vermitteln.
Fazit: Advektionsprozesse sind wichtig für das Verständnis des Wetters und seiner weiteren Entwicklung und spielen bei der täglichen Vorhersage eine wichtige Rolle.