Von den vielen meteorologischen Messgrößen sind den meisten Bürgerinnen und Bürger die Temperatur, die Feuchte und die erwarteten Windverhältnisse wahrscheinlich bestens bekannt - zumal man diese täglich in den verschiedensten Wetterberichten hört oder darüber liest. Das nicht weniger bedeutsame Wetterelement der "Sichtweite" fristet dagegen häufig ein Dasein als "Mauerblümchen", allenfalls wird in den Berichten noch auf mögliche Nebelbildung hingewiesen. Außerdem unterliegt die Sichtweite besonders im Herbst einem deutlichen vertikalen Unterschied, wobei diese meist mit ansteigender Höhe (abgesehen von "Berge in Wolken") besser wird.
Die atmosphärische Sichtweite ist von verschiedensten Parametern abhängig. Ganz entscheidend sind dabei "Hydrometeore" oder Aerosole, die die Sicht in der Luft stark beeinflussen können. Als Hydrometeore werden beispielsweise Regentropfen, Schneeflocken, Graupel sowie Eis- und Hagelkörner bezeichnet. Zudem sind auch sogenannte "Lithometeore" wie Staub und Rauch von größerer Bedeutung. Die Luftverschmutzung (Aerosole) trägt zudem noch zur Dämpfung der Sicht bei. Sinkt die Sichtweite unter 8 km wird von Dunst gesprochen. Ist die Sicht sogar auf 1000 m begrenzt, liegt definitionsgemäß bereits Nebel vor.
Diese Randbedingungen gelten sowohl für die vertikale Sichtweite (siehe Thema des Tages vom 10.09.2021, https://t1p.de/sc7m) zum Beobachten von Sternen, aber ganz besonders für die horizontalen Sichtverhältnisse. Speziell in den Herbstmonaten weist die Sichtweite oft einen großen vertikalen Unterschied auf. In den Niederungen hält sich beispielsweise bei schwachwindigen Wetterlagen feuchtkühle Luft. Je länger dieser austauscharme Zustand anhält, desto stärker wird die Luftmasse zusätzlich mit Aerosolen verschmutzt. Als Ausgleich kann eine Fahrt in die Berge dienen, da dort bei stabilen Hochdrucklagen oft eine herrliche Aussicht genossen werden kann. Dafür verantwortlich ist die dort befindliche meist sehr trockene und saubere Luft. Ganz besonders kommt dieser Effekt bei Föhnwetterlagen an den Alpen zum Tragen. Sichtweiten von mehr als 100 km sind dann nicht ungewöhnlich. Dabei gilt bei Hochdrucklagen meist das Motto "je höher, desto weiter", denn schon rein trigonometrisch steigt die potentielle Sichtweite mit jedem Meter Höhengewinn deutlich (auf dem Meer sind nur 8 bis 10 km möglich). Werden mehr als 200 km Sicht erreicht, spricht man auf der Zugspitze beispielsweise von einer "Ungewöhnlichen Fernsicht".
Aber wie steht es nun um die Fernsicht in den nächsten Tagen? Betrachtet man die Bodenwetterkarten der kommenden Tage, erkennt man, dass sich über Mitteleuropa vorübergehend hoher Luftdruck ausweitet - zunächst ein gutes Zeichen für akzeptable Fernsicht. Die nähere Analyse bringt aber auch ein paar einschränkende Randbedingungen zu Tage. Zum einen sickert in den Norden weiterhin etwas feuchtere Meeresluft ein, die zeit- und gebietsweise dichtere Wolkenfelder mit im Gepäck hat. Zum anderen deuten die Wettermodelle im Bergland des Südens neben längerem Sonnenschein zunehmend auch die Bildung von Quellwolken an, im Alpenraum sind am Montagnachmittag erste Schauer und Gewitter möglich. Am Dienstag nähert sich von Westen her langsam eine Tiefdruckzone, die im Tagesverlauf für eine Anfeuchtung der Luft und dichtere Wolkenfelder sorgen wird. Der Mittwoch wird schließlich wechselhaft mit Schauern und Gewittern.
Summa summarum lässt sich daher sagen, dass der "Blick in die Ferne" in den nächsten Tagen jedenfalls möglich ist, es muss aber der richtige Zeitpunkt abgewartet und ein passender Ort dafür gewählt werden. Wahrscheinlich bieten sich im beginnenden Herbst aber noch einige Gelegenheiten, bei denen stärkerer Hochdruckeinfluss beeindruckende Sichtweiten ermöglichen kann.