Es steht mal wieder das Weihnachtsfest vor der Tür. Damit kommen entsprechend auch - wie jedes Jahr so üblich - die gängigen Fragestellungen wieder auf. Eine davon kennt mit Sicherheit jeder unserer geneigten Leser: Wird es in diesem Jahr weiße Weihnachten geben? Nun, für das laufende Jahr ist das noch gar nicht klar, wie bereits im gestrigen Beitrag zum Thema des Tages ausführlich erläutert wurde (https://t1p.de/dwdtdt211217). Da liegt es nahe, im Zuge dieses Kapitels der "Kleinen Synoptikkunde" etwas Rüstwerkzeug an die Hand zu geben, um sich selber ein zumindest grobes Urteil über die Chancen auf Schnee bilden zu können.
Zunächst muss man dafür die Frage beantworten, unter welchen Bedingungen überhaupt Schnee fallen kann. Rein intuitiv würde man jetzt sagen: Klar, wenn am Boden die Temperatur unter 0 Grad fällt. Das ist zumindest nicht falsch, aber auch nicht die ganze Wahrheit. Viel wichtiger - und das gilt oft auch allgemein - ist, was sich in der Höhe abspielt. Eine Grundbedingung für Schneefall ist entsprechende Kälte in der Höhe.
Niederschlagsbildung in Wolken findet in unseren Breiten meist bei Temperaturen von unter -10 Grad statt. Damit dieser Niederschlag aber auch in Form von Schnee am Boden ankommt, sollte es bis zum Boden möglichst auch nicht wärmer als 0 Grad werden. Um eine solche Abschätzung treffen zu können, bedient man sich der Temperaturkarte im Druckniveau von 850 hPa. Dieses Niveau befindet sich als grobe Faustformel etwa 1,5 Kilometer über dem Meeresspiegel. Der Grund für die Wahl dieser Höhe ist die Tatsache, dass es sich noch oberhalb der darunterliegenden Grenzschicht im Bereich der freien Atmosphäre befindet und somit frei von bodennahen Störeinflüssen ist. Aber zunächst zurück zur Temperatur. Ausgehend vom Niveau 850 hPa und der dazugehörigen Höhe kann man bis Bodennähe einen feuchtadiabatischen Temperaturgradienten annehmen, insbesondere bei Vorhandensein von Niederschlag. Dieser beträgt etwa 0,65 Kelvin pro 100 m Höhenunterschied. Das heißt, dass die Temperatur mit 100 m Höhenzunahme im Mittel um 0,65 Grad abnimmt. Somit lässt sich aus der bekannten Temperatur in 850 hPa und dem feuchtadiabatischen Gradienten auf die Höhe schließen, in der die Temperaturmarke von 0 Grad Celsius erreicht wird.
Einen Fakt darf man dabei aber nicht vernachlässigen: Die Höhe der 850 hPa-Druckfläche selber liegt eben nicht exakt in 1,5 Kilometern Höhe, sondern schwankt mit den generell herrschenden Druckverhältnissen. Das bedeutet, dass man sich zur Abschätzung der Schneefallgrenze neben der Temperatur auch das Geopotential der 850 hPa-Fläche betrachten muss, aus dem man deren Höhe ablesen kann. Bezüglich genauerer Ausführungen über das Geopotential sei hierbei auf das Kapitel 1 der "Kleinen Synoptikkunde" unter https://t1p.de/geopot verwiesen. Der Einfachheit halber kann man annehmen, dass die geopotentielle Höhe mit der geometrischen Höhe identisch ist und der dabei gemachte Fehler vernachlässigt werden kann, gerade im Hinblick auf die generelle Ungenauigkeit der durchgeführten Abschätzung.
Noch eine weitere Schwierigkeit gilt es zu berücksichtigen, wenn man eine halbwegs realistische Schätzung der Schneefallgrenze treffen will. Tatsächlich geht der Schnee beim Erreichen der 0 Grad-Grenze nicht urplötzlich in Regen über, sondern beginnt erst ganz allmählich zu schmelzen und fällt dabei weiter nach unten. Als geeignete Referenz bietet sich daher eher die sogenannte Feuchttemperatur an. Diese Temperatur ist ein Maß dafür, auf welche Temperatur eine Oberfläche durch Verdunstung mit der anwesenden Luftmasse abgekühlt werden kann und liegt zwischen Taupunkt und tatsächlicher Temperatur. Eine Faustregel lautet hier, dass der Niederschlag bis zu einer Feuchttemperatur von etwa 1 bis 1,3 Grad Celsius als Schnee fällt. Da die Feuchttemperatur aber wesentlich schwieriger zu bestimmen ist als die tatsächliche Temperatur, trifft man hier einfach die Annahme, dass bis zu einer Lufttemperatur von +2 Grad der Niederschlag als Schnee fällt. Das bedeutet für unser Abschätzungsverfahren, dass nicht die Grenze von 0 Grad, sondern von +2 Grad als Schneefallgrenze mit Hilfe des feuchtadiabatischen Temperaturgradienten bestimmt wird. Als ganz einfache Faustregel für die Flachlandbewohner lässt sich abschließend noch ausführen, dass für Schneefall bis "ganz runter" die 850 hPa-Temperatur wenigstens -5 Grad, besser aber -7 Grad oder weniger betragen sollte.