In Deutschland heißt es einmal mehr auch in diesen Tagen: Schnee in den Bergen (meist so ab den mittleren bis in obere Lagen) und im Flachland zu mild, teils sogar Grau in Grau und meist trocken. Alles in allem wirkt das wenig spektakulär und ist auch im Hinblick auf die vergangenen Winter keine wirklich neue Entwicklung. Das derzeitige Wettergeschehen wird sich bis Wochenmitte nicht wesentlich ändern. Aber auch danach, ja wir kommen dann wieder in eine straffe nordwestliche Strömung, mit der auch mal erwärmte Polarluft zu uns gelangt. Selbst das dürfte höchstens zum mittlerweile geflügelten Wort Berglandwinter (und das erneut ab den mittleren Lagen nach oben) reichen.
Die in den letzten Wochen immer wieder aufgetretenen Nordwestlagen begünstigten allerdings die Gebiete östlich und vor allem südöstlich von uns. Gemeint ist der Raum Balkan und Türkei, teils auch der Nahe Osten (Syrien, Libanon). Während es Deutschland häufig mit Randlagen relativ zu einer Hochdruckzone von den Britischen Inseln bis nach West- und Mitteleuropa zu tun hatte, waren und sind Kaltluftausbrüche mit Tiefdruckgebieten, die nördlich und östlich um diese Hochdruckzone herum bis weit nach Südosten ziehen, erst möglich geworden. Die Auswirkungen in diesen Gebieten sind insofern stärker, da diese Luftmassen mit polarem Ursprung den Weg nach Südosten weniger über den warmen Atlantik oder die Nordsee, sondern vielmehr über Skandinavien, die Ostsee und das Baltikum nehmen. Auch daher kommt neben verschiedenen dynamischen Effekten diese Luftmasse dort oft deutlich kälter an und verursacht kräftige Schneefälle, oft bis in tiefe Lagen.
Bis über die Wochenmitte hinaus bleibt über dem Balkan, der Türkei und Teilen des Nahen Ostens die recht kalte Luftmasse quasi liegen, während es im nördlichen Osteuropa (z.B. Baltikum) insgesamt allmählich wieder milder wird.
Anbei ist eine Grafik des EZMWF-Modells zur Prognose der mittleren wöchentlichen Abweichungen der 2 m-Temperatur im Bereich Südosteuropa dargestellt (Zeitraum vom 24.01.22 bis 31.01.22). Hier ist deutlich eine negative Anomalie (Abweichung) über Teilen des Balkans, vor allem aber über der Türkei auszumachen. Im Bereich des Tiefdruckkomplexes über Kleinasien soll ja die kälteste Luft quasi erstmal liegenbleiben. Über dem Balkan hingegen setzt sich von Nordwesten zunehmend Hochdruckeinfluss durch. Aus diesem Grund kann die Luftmasse vor allem nachts über Land weiter auskühlen, tagsüber macht sich allmählich die veränderte (zunehmend positive) Strahlungsbilanz sowohl jahreszeitlich als auch generell breitengradabhängig stärker bemerkbar. Außerdem wird die kälteste Luft zum Wochenende allmählich ostwärts abgedrängt. Insofern fallen dort die negativen Anomalien geringer aus.
Zum Abschluss noch aktuelle Wetterdaten aus der beschriebenen Region:
Die Minimumtemperatur der letzten Nacht (23./24.01.22) betrug im Inneren der Türkei ca. -10 bis unter -15 Grad im Bergland. An der Grenze zu Syrien gab es ebenso leichten Frost. In weiten Teilen der Türkei fielen in den letzten 24 Stunden nochmals rund 15 bis 30 cm Neuschnee. Beispielweise meldete die Station Zonguldak (auf 137 m Höhe) an der türkischen Schwarzmeerküste heute früh (24.01.22) eine Gesamtschneehöhe von 54 cm (gegenüber 39 cm am 23.01.22). "Ski und Rodel gut", erst recht mit solchen Schneemengen, heißt es an der südlichen Schwarzmeerküste nicht allzu oft.