Länger andauernde Hitzewellen können schwerwiegende ökologische, wirtschaftliche und auch gesellschaftliche Auswirkungen haben, darunter erhöhte Sterblichkeit, vermehrte Waldbrände und größere Ernteausfälle. In der vorliegenden Studie aus 2022 (https://www.nature.com/articles/s41467-022-31432-y) wird Europa beispielhaft als ein Hitzewellen-Hotspot identifiziert, der in den letzten 42 Jahren einen drei- bis viermal schnelleren Aufwärtstrend als der Rest der mittleren und nördlichen mittleren Breiten (zirkumpolar bzw. rund um den Globus) aufweist. Dieser beschleunigte Trend steht gemäß erster Ergebnisse neben modifizierten thermodynamischen Faktoren auch im Zusammenhang mit dynamischen Veränderungen in der Atmosphäre, die zur Zunahme der Hitzewellen in Europa beigetragen haben dürften.
Zu den Triggern heißer europäischer Sommer gehören sowohl die großräumige atmosphärische Zirkulation als auch die jeweilige Ausprägung und Positionierung des Polarfront-Jet-Streams (starkes Westwindband in der oberen Troposphäre, siehe Wetterlexikon: https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html, Jetstream)
Weitere Faktoren sind das Feuchtigkeitsdefizit im Boden und die damit verbundenen Rückkopplungen zwischen Landoberfläche und Atmosphäre, die ozeanische Zirkulation sowie die jeweiligen Meeresoberflächentemperaturen.
Die vom Menschen verursachte globale Erwärmung, die hauptsächlich auf den Anstieg der Treibhausgase zurückzuführen ist, erhöht die Intensität und Häufigkeit von Hitzewellen einerseits durch direkte Erwärmung, kann aber auch die Faktoren ihrer natürlichen Variabilität beeinflussen.
Beobachtungen und modellgestützte Studien haben gezeigt, dass sommerliche Hitzeextreme über den mittleren und nördlichen mittleren Breiten in erster Linie mit blockierenden Hochdruckgebieten zusammenhängen. Diese blockierenden Hochdruckgebiete oder auch Hochdruckzonen wiederum sind häufig mit einer doppelten Jet-Stream-Struktur über Eurasien verbunden. Dabei liegt ein nördlich verschobener Polarfront-Jet-Stream im Mittel bei etwa 70 bis 75 Grad nördlicher Breite (auf 250 hPa, also in etwa 10,5 bis 11 km Höhe), wohingegen sich der subtropische Jet-Stream (wenn auch zirkumpolar nicht kontinuierlich ausgeprägt, d.h. nicht durchgehend starkes Westwindband in der oberen Troposphäre) auf etwa 40 Grad nördlicher Breite erstreckt. Dazwischen wird ein Bereich mit eher schwachen Winden, teils auch Ostwinden registriert, wobei sich hier öfters Hochdruckzonen ausbilden können. Alternativ zum obigen Ansatz kann auch das so genannte Brechen von planetaren Rossby-Wellen (Rossby-Wellen, auch als planetarische Wellen bezeichnet, sind großräumige Wellenbewegungen in der Erdatmosphäre, die im Wesentlichen aus der Änderung der Coriolis-Beschleunigung mit der geografischen Breite resultieren (Kugelgestalt der Erde), unter Beibehaltung des Gesamtdrehimpulses aus der Erddrehung) und die daraus resultierende Blockierungswirkung (durch Aufspaltung oder stärkere Mäandrierung des Jet-Streams) das Auftreten von doppelten Jet-Streams verursachen.
Generell ist das Vorhandensein eines Doppeljets in der Troposphäre durch einen (zirkumpolar) unterschiedlich ausgeprägten subtropischen Jet oder auch durch weiter nach Süden abgetropfte Höhentiefs, z.B. im östlichen Atlantik gekennzeichnet, ein Umstand, der wiederum die Rossby-Wellen (Wellenlänge und Amplitude) in den mittleren Breiten beeinflussen und somit die Stagnation (fehlende Progression in östliche Richtung) von Höhenrücken und Trögen begünstigen kann.
Die beschleunigte Erwärmung speziell der Landmassen in den hohen Breiten während des nordhemisphärischen Sommers, die auf den anthropogenen Klimawandel zurückgeführt wird, könnte durch die dortige Verstärkung des Polarfront-Jet-Streams günstige Bedingungen für das Auftreten oder die Persistenz von Doppeljets schaffen.
Dennoch gibt es derzeit nur wenig Belege für Veränderungen in der Häufigkeit und Intensität sommerlicher Blockierungslagen (Hochdrucklagen) in Europa als Folge der derzeitigen oder künftigen globalen Erwärmung, was im Widerspruch zum Trend der beobachteten Hitzewellen z.B. in Europa steht.
Insofern sind weitere wissenschaftliche Studien, meteorologische Messungen und Beobachtungen erforderlich, um eventuelle Tendenzen und Entwicklungen noch besser einordnen zu können.