Grüne Wiesen, glasklare Bergseen, imposante Felswände, weißleuchtende Gletscher und ein traumhaftes Bergpanorama: Die Alpen ziehen mit ihrer Schönheit und ihrem vielseitigen Terrain Jahr für Jahr unzählige Bergfreunde an. Ob im Sommer zum Wandern, im Winter zum Skifahren oder einfach nur zur Entschleunigung: Die Alpen sind für viele ein geliebtes Reiseziel.
Doch wer regelmäßig in den Alpen unterwegs ist, sieht, dass die Berg-Idylle bröckelt: Es gibt immer weniger Schnee, die Gletscher verlieren deutlich an Masse und im Sommer wird Hitze auch in hohen Lagen zu einem immer größeren Problem.
Der Zeitraum von Mai bis Oktober 2022 war an vielen Messstandorten in den Alpen einer der sonnigsten und wärmsten seit Messbeginn. Zwischen Mai und August und besonders im Oktober herrschten flächendeckend überdurchschnittliche Temperaturen mit Abweichungen von 2 bis 5 °C zur Referenzperiode 1991-2020. Am 25. Juli um 2:00 Uhr wurde die Nullgradgrenze mittels Radiosondenaufstieg (Payerne, Schweiz) auf eine Höhe von 5184 m ü. M. bestimmt - der höchste Wert seit Beginn der Messungen mit Wetterballons im Jahr 1954.
Der fortschreitende Klimawandel hat durch die zunehmende Erwärmung und lange Trockenphasen eine weitere Auswirkung: Eine immer frühere Schneeschmelze. So rasch wie in diesem Sommer schmolz der Schnee nur sehr selten. Auf über 2500 m ü. M. verschwand im zentralen und östlichen Alpenraum die Schneedecke bereits Anfang Juni. Das Zugspitzplatt war ab dem 19. Juni schneefrei, etwa einen Monat früher als üblich.
In die Liste der negativen Nachrichten reiht sich eine weitere ein: Der massive Eisverlust der Alpengletscher. Am Konkordiaplatz inmitten des Großen Aletschgletschers verlor die Eisdicke in diesem Sommer beispielsweise 6 Meter. Und in Deutschland gibt es nur noch vier Gletscher, da der südliche Schneeferner seinen Gletscherstatus verloren hat - eine Nachricht, die es vor einigen Monaten (wenn auch nur kurz) in die Medien geschafft hat. Ein Rückgang der Gletscher in den Alpen wirkt sich auf das gesamte Klimasystem aus: Ohne Schnee- bzw. Eisbedeckung sinkt die Albedo (das Reflexionsvermögen des Bodens), was zu einer höheren Absorption der einfallenden Sonnenstrahlung führt und dadurch wiederum zu einer verstärkten Erwärmung beiträgt. Man nennt dies einen positiven Rückkopplungsmechanismus.
All diese Veränderungen sind Thema der neuen Berichtsreihe „Alpenklima“, die zusammen von den drei Wetterdiensten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (DWD, ZAMG und MeteoSchweiz) künftig zweimal jährlich herausgegeben wird. „Alpenklima“ zeigt den aktuellen Klimazustand und die wichtigsten klimatologischen Ereignisse der vergangenen sechs Monate in der Alpenregion der drei Länder (Zentral- und Ostalpen) grenzübergreifend auf und ordnet sie in die langjährige Entwicklung ein. Dabei wird das Sommerbulletin (für die Monate Mai bis Oktober) jeweils im November erscheinen, das Winterbulletin (November bis April) im Mai.
Die jüngst erschienene erste Ausgabe von Alpenklima findet sich unter untenstehendem Link. Und auch wenn die dargelegten Fakten alles andere als positiv sind, so haben sie in gewisser Weise doch auch etwas Gutes. Man weiß sie anschließend noch ein kleines Stückchen mehr zu schätzen: die atemberaubende, fragile Schönheit der Alpen.