Die spannende winterliche und teilweise bis zum Unwetter reichende Wetterlage der vergangenen Tage verdrängte andere interessante meteorologische Themen etwas in den Hintergrund. Allerdings soll nun ein durchaus bemerkenswertes Ereignis der vergangenen Woche auch in unserem "Thema des Tages" entsprechend gewürdigt werden. Am Dienstag (13.12.2022) startete um 20:30 Uhr UTC der erste Wettersatellit der neuen (dritten) Meteosat-Generation vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana. Als Trägerrakete diente die bewährte europäische Ariane 5ECA, die den "MTG-I1" genannten Wettersatelliten, gemeinsam mit zwei Kommunikationseinrichtungen, erfolgreich ins Weltall brachte.
Bereits seit 1977 betreibt EUMETSAT mit Sitz in Darmstadt im Auftrag der europäischen Wetterdienste ein Netzwerk von Wettersatelliten. In dieser zwischenstaatlichen Organisation haben sich die nationalen Wetterdienste von derzeit 30 europäischen Staaten zusammengeschlossen, um ihre Aufgaben gemeinsam zu bewältigen und die Kosten zu teilen. Der Betrieb der Satelliten umfasst die genaue Kontrolle und Korrektur der Position, die Lagesteuerung, die Durchführung technischer Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der vollen Funktionsfähigkeit, die Übermittlung der beobachteten Daten sowie die Aufbereitung und operationelle Verteilung dieser Daten.
Aktuell sind die Satelliten der zweiten Meteosat-Generation (MSG, Meteosat Second Generation) die "Lastesel" der europäischen Wetterbeobachtung aus dem All. Diese lösten ab dem Jahre 2002 sukzessive jene Satelliten der ersten Meteosat-Familie ab, die nachfolgend abgeschaltet und in einen "Friedhofsorbit" gesteuert wurden. Die aktuell aktiven MSG und mit Meteosat 9 bis 11 benannten Satelliten erreichen aber nach ca. 20 Jahren Lebenszeit bald ihr geplantes Funktionsende. Daher starteten bereits vor vielen Jahren die Planungen für entsprechende Nachfolgesonden.
Nach den ersten Überlegungen im Jahr 2006 trat EUMETSAT 2008 in die Detailvorbereitungen für neue Geräte ein. Bereits damals fokussierte man sich auf eine möglichst gute spektrale, räumliche und zeitliche Auflösung der Satellitenbilder und auf die Erfassung von Blitzen sowie der Infrarot- und Ultraviolettstrahlung der Erde. Die Anforderungen wurden aber so umfangreich, dass man nicht alle Messgeräte auf einem Satelliten unterbringen konnte. Daher besteht die dritte Meteosat-Generation aus geplanten vier Satelliten mit den klassischen Aufnahmeeinrichtungen sowie dem neuen Blitzdetektor (MTG-I1 bis MTG-I4) und den beiden für die Sondierung der Atmosphäre zuständigen MTG-S1 und MTG-S2. Das gesamte MTG-Programm mit diesen sechs Satelliten soll bis 2035 gestartet werden, Daten bis in die 2040er Jahre liefern und wird insgesamt über drei Milliarden Euro kosten. Deutschland trägt davon mehr als 20 Prozent.
Damit die Meteosat-Satelliten zeitlich hochaufgelöste Daten einer definierten Zielregion liefern können, müssen diese den sogenannten "geostationären Orbit (GEO)" erreichen. Auf einer Kreisbahn in 35.786 km über der Erdoberfläche am Äquator können diese der Erdrotation exakt folgen und beobachten damit immer dieselbe festgelegte Region. Im Gegensatz zu den ebenfalls wichtigen polarumlaufenden Satelliten ist dadurch eine permanente Überwachung der Erdoberfläche möglich. Zum Frühlings- und Herbstbeginn werden beispielsweise von den Meteosat-Satelliten aufgrund der von Nordpol bis zum Südpol vorhandenen solaren Bestrahlung die bekannten, imposanten Bilder der halben Weltkugel aufgenommen.
Man kann sich daher vorstellen, dass die von Satelliten gelieferten Datenmengen enorm sind. Mit der neuen Generation steigert sich der verfügbare Datensatz nochmals. Der DWD verarbeitet und prüft bereits heute täglich rund 165 Millionen Wetterbeobachtungen. Davon werden etwa fünf Millionen Beobachtungen aktiv für die Wettervorhersage genutzt. Davon stammen rund 85 Prozent von Satelliten. Da MTG im Vergleich zu den MSG-Satelliten etwa die 50-fache Datenmenge liefert, wird die Bedeutung von Satelliten erneut wachsen. Die zentrale Herausforderung ist, diese riesigen Datenmengen, die alle zehn Minuten (später für ausgewählte Regionen sogar alle 2,5 Minuten) eintreffen und nun Gebiete von einer Größe von 500 x 500 m abdecken, in die Wettervorhersagemodelle einzuarbeiten. Bereits jetzt darf man gespannt auf die ersten Daten sein, die ab Herbst 2023 erwartet werden.