Dennoch beschäftigt es sich recht wenig mit den meteorologischen Gegebenheiten rund um das Weihnachtsfest (Wunschgedanke von schneebedeckten Winterlandschaften) und hat seinen Ursprung in einer doch recht düsteren Zeit, in der die Erwartung des Weihnachtsfestes ein kurzer Lichtblick im grauen, vom Hunger geprägten und oftmals kriegerischen Alltag darstellte.
Zum ersten Mal wurde das Lied 1622, also vor genau 400 Jahren, veröffentlicht. Der Text stammt sehr wahrscheinlich vom Jesuiten Friedrich Spee. Sehr wahrscheinlich deshalb, da der Text Ähnlichkeiten zu einem Lied aus der "Trutznachtigall", einer Sammlung von 52 lyrischen Gedichten und heute noch bekannten Kirchenliedern der beiden großen Konfessionen, aufweist. Sehr schnell wurde das Lied in katholische Liedersammlungen aufgenommen. In der evangelischen Kirche sah man das Lied mehr als drei Jahrhunderte lang als katholisches Adventslied, aber seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird es deutschlandweit in den Gottesdiensten beider Konfessionen gerne gesungen.
Kunstgeschichtlich ist der Text eindeutig dem Barock zuzuordnen. Typisch für Texte aus dieser Zeit sind die Motive Vanitas (Vergänglichkeit alles Irdischen), Memento mori ("Gedenke, dass du stirbst!") und Carpe diem ("Nutze den Tag!"). Vor allem aber war das Lebensgefühl dieser Zeit geprägt von der Sehnsucht nach dem Erlöser und einer besseren Zeit. Man kann sich sicherlich vorstellen, dass diese Sehnsucht in der Adventszeit besonders groß war.
Es waren Jahrzehnte, die geprägt waren von Hunger, Seuchen und kriegerischen Auseinandersetzungen wie dem Dreißigjährigen Krieg, ausgelöst durch den Streit der beiden großen Konfessionen. Aber auch Aberglaube spielte damals eine sehr große Rolle. Daher ist es wenig verwunderlich, dass in dieser Zeit die Hexenverfolgungen in Mitteleuropa ihren Höhepunkt erreichten. Friedrich Spee war einer der vehementesten innerkirchlichen Kritiker der Hexenverfolgungen und trug mit seiner anonym verfassten Schrift Cautio Criminalis zum Ende dieser bei.
Vor diesem Hintergrund schrieb er den Text für "O Heiland, reiß die Himmel auf", welches direkt mit einem Klageruf eingeleitet wird. Er verarbeitete darin zahlreiche dynamische Verben und meteorologische Motive.
Die ersten drei Strophen sind noch recht hoffnungsvoll geprägt. In der ersten Strophe wird das Bild vom Aufreißen des Himmels mit dem Öffnen von Toren und Türen verglichen. In der nächsten Strophe soll sich Tau vom Himmel ergießen und die Wolken brechen und ausregnen. Dies soll eine Verbindung zur Erde herstellen, die daraufhin ausschlagen soll, sodass alles grün werde, Blumen hervorbringe und somit die Welt errettet wird.
In den darauffolgenden drei Strophen werden eher tristen Bildern hoffnungsvolle Szenerien entgegengestellt, in denen Trost und Vertrauen anklingen sollen, ohne aber den Bezug zur Realität zu verlieren. In der vierten Strophe wird Trost und Hoffnung für die sich im Jammertal Befindlichen erbeten. In der nächsten Strophe soll die Sonne/der Stern Licht in die Finsternis bringen. Und auch in der letzten Strophe wird der größten Not, dem ewig Tod und dem Elend eine starke Hand, die einen zu dem Vaterland führt, entgegengestellt, sodass Vertrauen vermittelt wird.
Noch 400 Jahre später kann man anhand der meteorologischen Motive genau verstehen, was der Autor ausdrücken wollte, selbst wenn der Text sprachlich heute sicherlich anders formuliert werden würde. Auch in anderen Gedichten und Liedern wurden und werden gerne meteorologische Motive verwendet. Beim genauen Hinhören wird man sicherlich vieler solcher Motive begegnen. In anderen Advents- und Weihnachtsliedern ist es beispielsweise die oben erwähnte Hoffnung auf eine schneebedeckte Landschaft. Im hier beschriebenen Beispiel sind die Motive wiederum mehr als Metapher zu verstehen. Summa summarum lohnt es sich also, sich mit so manchem Liedtext und den Hintergründen genauer zu beschäftigen.
Nimmt man zumindest den Titel des Liedes wörtlich, so wird es in den meisten Regionen Deutschlands bei dem Wunschgedanken bleiben. Der Himmel zeigt sich in den kommenden Tagen meist bedeckt und von einem Aufreißen des Himmels kann meist leider nicht die Rede sein.