In den vergangenen Wochen war es deutlich spürbar: Die Tage wurden merklich kürzer und die Nächte länger. Besonders in den Abendstunden ist es am ehesten wahrnehmbar, dass die Sonne zeitiger untergeht. Aber auch den morgendlichen Arbeitsweg beginnen viele nun schon im Dunkeln oder zumindest in der Dämmerung. Ein untrügliches Zeichen, dass das Jahr fortgeschritten ist und wir uns dem kalendarischen Herbstbeginn nähern.
Am kommenden Samstag, den 23. September 2023, ganz genau um 08:50 Uhr Mitteleuropäische Sommerzeit beginnt der Herbst. Zu diesem Zeitpunkt zieht die Sonne direkt über den Erdäquator hinweg. Die Sonne geht an diesem Tag überall auf der Erde fast genau im Osten auf und im Westen unter. Man spricht dabei von der Tagundnachtgleiche oder dem Äquinoktium (von lat aequus – gleich und nox – Nacht). Während bei uns auf der Nordhalbkugel also die dritte Jahreszeit beginnt, markiert das Äquinoktium auf der Südhalbkugel den Beginn des Frühlings. Am Tag des Äquinoktiums dauern somit lichter Tag und Nacht überall auf der Erde zumindest theoretisch gleich lang.
Jedem ist bekannt, dass Jahreszeiten existieren. Aber wodurch entstehen sie? Das ist eine Frage, bei deren Beantwortung viele Menschen regelmäßig in eine kleine Falle tappen. Oft hört man, dass es auf der Erde kälter wird, wenn sie sich weiter von der Sonne entfernt, und wärmer, wenn sie näher an unsere Wärmequelle herankommt. Schließlich reist unser Planet auf einer Umlaufbahn um die Sonne, die kein perfekter Kreis, sondern eher eine Ellipse ist. Die Schlussfolgerung aus dieser Tatsache ist jedoch falsch. Unser Erdorbit weicht nur zu drei Prozent von einem Kreis ab. Im nördlichen Winter ist die Sonne der Erde eigentlich am nächsten und im Sommer am weitesten entfernt. An der unterschiedlichen Entfernung zur Sonne liegt es also nicht. Was beschert uns dann die Jahreszeiten?
Die Antwort ist schlicht gesagt: die Neigung! Die Erdachse ist relativ zur Sonne gesehen nicht senkrecht ausgerichtet, sondern steht in einem leicht schrägen Winkel von etwa 23,5 Grad. Während sich die Erde um die Sonne dreht, bleibt dieser Winkel erhalten, weshalb das Licht der Sonne nicht direkt auf die komplette Erdoberfläche trifft (Abbildung 1). Wenn die Nordhemisphäre der Sonne weggeneigt ist, werden deren Lichtstrahlen nur in einem schrägen Winkel aufgefangen. Während dieser Phase herrschen kürzere und somit in der Regel auch kühlere Tage. Gleichzeitig ist die südliche Hemisphäre der Sonne zugeneigt, weshalb ihre Strahlen in einem steileren Winkel eintreffen und für längere Tage sorgen. Nur zweimal im Jahr wird die Erde gleichmäßig in das Licht der Sonne getaucht - nämlich zu den Tagundnachtgleichen. Das zweite Äquinoktium findet um den 21. März statt, wenn sich die eben beschriebenen Gegebenheiten auf der nördlichen und südlichen Hemisphäre umkehren. Die Äquinoktien selbst definieren nur den Zeitpunkt eines Ereignisses. Sie finden nicht wirklich statt, wenn der Tag und die Nacht gleich lang sind, obwohl man das vielleicht annehmen würde. Eigentlich ist es der Zeitpunkt, zu dem die Sonne am Äquator genau im Zenit und die Sonnenstrahlen dort im 90 Grad Winkel auf die Erdoberfläche treffen. Dann sind Tag und Nacht überall auf der Erde nahezu gleich lang.
In unseren Breiten allerdings sind zum Äquinoktium Tag und Nacht nicht exakt gleich lang und es ergibt sich ein Unterschied von einigen Minuten. Der Tag erscheint tatsächlich etwas länger als die Nacht. Zum einen erklärt sich diese Diskrepanz durch die Ausdehnung der Sonnenscheibe. Während der Äquinoktien wird der geometrische Mittelpunkt der Sonnenscheibe betrachtet, der an diesen Tagen etwa 12 Stunden oberhalb des Horizontes steht. Da allerdings die ersten und letzten Sonnenstrahlen eines Tages vom oberen Rand der Sonnenscheibe ausgehen, dauert der Tag also etwas länger. Zum anderen spielt die Brechung des Sonnenlichts durch die Atmosphäre eine Rolle. Die Erdatmosphäre beugt das Licht, weshalb es aussieht, als befände sich die Sonne noch über dem Horizont, obwohl sie bereits untergegangen ist. Der Kalendertag, an dem tatsächlich zwölf Stunden lichter Tag und zwölf Stunden Nacht herrschen, ist somit um ein paar Tage in Richtung Wintersonnenwende verschoben. Dieser Tag wird als Equilux bezeichnet und liegt für den 50. Breitengrad (geografische Breite von Frankfurt am Main) um den 25 September.
Zur diesjährigen Tagundnachtgleiche hält sich das Wetter zumindest ein wenig an die Vorgaben (Abbildung 2). Der Samstag gestaltet sich vor allem in der Nordwesthälfte mit einzelnen Schauern leicht wechselhaft. Insbesondere an der See kann auch mal ein kurzes Gewitter dabei sein. Südlich der Donau muss man sich bei dichter Bewölkung mit zeitweisem Regen begnügen. In den Regionen vom Südwesten bis in den Nordosten hingegen zeigt sich neben einigen Quellwolken häufiger die Sonne bei nur geringer Schauerneigung. Während in Alpennähe die Höchstwerte unter 15 Grad verharren, klettert das Quecksilber in den übrigen Regionen auf 16 bis 21 Grad.