22. März 2012 |
Die kühle Küste
In der Arktis liegt zwischen 74° und 81° nördlicher Breite und
zwischen 10° und 34° östlicher Länge die Inselgruppe Spitzbergen. Auf
einer Fläche, die ungefähr so groß ist wie Bayern, leben nur einige
tausend Menschen - die meisten davon in Longyearbyen, dem größten Ort
auf der Hauptinsel Spitzbergen. Die Mehrzahl der Menschen sind keine
ständigen Einwohner, sondern Wissenschaftler, die oft nur einige
Monate oder Jahre dort bleiben. Politisch wird die Inselgruppe von
Norwegen verwaltet. Der norwegische Name Spitzbergens "Svalbard"
stammt aus dem altnordischen und bedeutet "kühle Küste".
Die Landschaft der Inseln ist rau und gebirgig. Die Küsten sind
geprägt von Fjorden, die von Gletschern geschaffen wurden. Diese
bedecken auch heute noch einen Großteil der Insel. Die Vegetation ist
geprägt von Tundren, die dort vorwiegend aus Flechten und Moosen
besteht.
Aufgrund der extrem nördlichen Lage der Insel erwartet man ein
arktisches Klima. Das ist natürlich richtig, doch bei genauerem
Hinschauen ergeben sich einige Besonderheiten. Bedingt durch den
warmen Golfstrom, dessen Einfluss weit nach Norden bis Spitzbergen
reicht, sind die Winter verhältnismäßig mild. Die
Monatsdurchschnittstemperaturen für Longyearbyen liegen in den
Wintermonaten bei -13° bis -16°C. Zum Vergleich kann man den Ort
Mould Bay in Kanada heranziehen, der ähnlich weit nördlich liegt (ca.
76°N, 119°W). Dort liegt die jeweilige Durchschnittstemperatur in den
Monaten Dezember bis März zwischen -30°C und -34°C, also um mehr als
15 Grad niedriger! Die Westküste Spitzbergens bleibt dagegen in der
Regel auch im Winter eisfrei, was in diesen Breiten eine Besonderheit
ist.
In den Wintermonaten herrscht in Spitzbergen Polarnacht,
beispielsweise in Longyearbyen (ca. 78°N) von Ende Oktober bis Mitte
Februar, also für vier Monate. Während der Polarnacht steigt die
Sonne nicht über den Horizont. Als Ausgleich lässt sich in den
Sommermonaten ebenfalls für ungefähr vier Monate die
Mitternachtssonne genießen. Trotzdem bleibt es im Sommer kühl. Nur
hin und wieder erreichen die Temperaturen dann über 10°C, selten auch
über 15°C. Die höchste Monatsdurchschnittstemperatur besitzt der Juli
mit etwa 5°C bis 6°C, je nach Standort auf der Inselgruppe. Die
Vegetationsperiode für Pflanzen ist dementsprechend kurz. In
Longyearbyen gibt es durchschnittlich nur ca. 70 Vegetationstage im
Jahr, d.h. die Höchsttemperatur steigt auf Werte über 5°C.
Bei der Betrachtung des Niederschlags ergeben sich je nach Region
starke Unterschiede. Im Landesinneren fällt sehr wenig Niederschlag,
z. B. Longyearbyen mit 190 mm pro Jahr, damit gehören Teile
Spitzbergens klimatisch gesehen zu den "Wüsten" (Jahresniederschlag <
250 mm). An den Küsten dagegen fällt zum Teil zwei- bis dreimal so
viel Niederschlag, der vor allem durch den Stau an den dort liegenden
Bergen verursacht wird.
Aktuell und in den nächsten Tagen herrscht in Spitzbergen trockenes
Wetter mit Nachttemperaturen unter -10°C und um -5°C am Tage.
Philipp Franzen, Robert Scholz
© Deutscher Wetterdienst
Bild: Carsten Stoof / pixelio.de
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