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08. November 2023 | Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Radiosonden: Ein wilder Ritt durch die Atmosphäre

Radiosonden: Ein wilder Ritt durch die Atmosphäre

Datum 08.11.2023

Sie gehören zum unverzichtbaren, täglichen Brot der Vorhersagemeteorologen: Radiosonden und die bei ihrem Flug durch die Atmosphäre gesammelten Daten. Doch wer aufsteigt, muss irgendwann auch wieder runter. Und dann?

Falls Sie sich fragen "Radiosonde? Welche Sender kann man denn mit dem Ding empfangen?", sind Sie in diesem Absatz goldrichtig aufgehoben! Denn bei einer Radiosonde handelt es sich nicht etwa um ein Wiedergabegerät von Musik, Nachrichten und Verkehrsmeldungen, sondern schlicht um ein Gerät, das mit einem Sender und mehreren Messfühlern ausgestattetet ist. Angebunden an einen mit zumeist Heliumgas gefüllten Gummiballon, steigt die Radiosonde mit rund 300 Metern pro Minute in die Luft auf und misst dabei stetig Luftdruck, -feuchte und -temperatur sowie indirekt durch die Windverlagerung auch Geschwindigkeit und Richtung des Windes.

Diese Daten werden über den Sender direkt an die Empfangsstation am Boden übermittelt. Kurz darauf stehen sie schließlich uns Meteorologen grafisch aufbereitet zur Verfügung. Sie geben uns wichtige Hinweise, ob beispielsweise in den nächsten Stunden Gewitter entstehen können und mit welchen Begleiterscheinungen dabei zu rechnen wäre oder ob der bald aufziehende Niederschlag als Schnee, Regen oder gar gefrierender Regen fällt. Außerdem liefern die gemessenen Daten neben vielen weiteren Beobachtungsdaten die Basis für die Prognosen unserer Wettermodelle.

Radiosonden sind damit eine unverzichtbare Ergänzung zum Bodenstationsmessnetz, denn Wetter ist nicht zwei-, sondern dreidimensional! Gerade in höheren Luftschichten liegen die eigentlichen Antriebe für unser Wettergeschehen. Die dort stattfindenden Prozesse lassen beispielsweise Hoch- und Tiefdruckgebiete am Boden entstehen oder sorgen manchmal für Schauerwetter, obwohl das heimische Barometer "schön" anzeigt (Stichwort "Höhentief"). Derzeit führt der DWD in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr an rund zwei Dutzend Standorten in Deutschland mindestens zwei Mal am Tag (jeweils um 0 und 12 UTC) Radiosondenaufstiege durch.


Radiosondenaufstieg am Standort Norderney (Quelle Frank Kahl / Deutscher Wetterdienst)
Radiosondenaufstieg am Standort Norderney (Quelle Frank Kahl / Deutscher Wetterdienst)


Noch einmal zurück zum Aufstieg einer Radiosonde. Vielleicht fragen Sie sich, was denn eigentlich mit dem Gerät noch so passiert? Steigt es immer höher und gesellt sich schließlich zum Weltraumschrott? Oder lässt es sich ferngesteuert wieder zurückbringen? Die Antwort ist relativ simpel: Die Physik sorgt für die Rückkehr der Radiosonde. Der Ballon, an dem die Sonde hängt, dehnt sich beim Aufstieg durch den abnehmenden Druck der Umgebungsluft immer mehr aus. Irgendwann stößt das Material des Ballons dann aber an seine Belastungsgrenze. Die Folge: Er platzt! Das ist oftmals in einer Höhe von etwa 20 bis 30 km über dem Erdboden der Fall. Es kann allerdings auch noch deutlich höher gehen wie z.B. am 22.06.2005 bei einem Aufstieg des Observatoriums in Lindenberg: Erst bei stolzen 40 km gab sich der Ballon geschlagen - Rekord beim DWD.

Damit die Radiosonde nun nicht wie ein Meteorit auf die Erde zurast, ist sie mit einem kleinen Fallschirm ausgestattet, mit dessen Hilfe sie auf sanfte Weise wieder festen Boden unter ihre Messfühler bekommt. Dabei sendet sie weiterhin fleißig Messdaten an die Bodenstation. Wo die Sonde dann letztlich landet, hängt natürlich stark vom Wind ab und kann durchaus in der tiefsten Pampa zig Kilometer vom Startort entfernt sein. Tja, und wenn Sie möchten, können Sie nun ins Spiel kommen.

Die Radiosonde sendet nämlich nicht nur meteorologische Messdaten, sondern auch ihren Standort per GPS. Damit lässt sich die Flugbahn der Sonde darstellen, die Sie sich unter https://t1p.de/9s4gs für die verschiedenen Radiosondenstandorte des DWD und der Bundeswehr in Deutschland zu Gemüte führen können. Wie bei einer Schnitzeljagd können Sie sich nun auf den Weg machen, um in der Nähe des letzten GPS-Signals nach der Sonde zu suchen. Während "normale" Radiosonden getrost in die Wertstoffentsorgung gegeben werden können (Batterien bitte gesondert entsorgen!), winkt beim Auffinden einer Ozonsonde, wie sie vom Observatorium Lindenberg und Hohenpeißenberg verwendet wird, sogar ein Finderlohn von 30 Euro.

Aber Vorsicht! Vereinzelt werden die Ballons noch mit Wasserstoff gefüllt. Unter Umständen kann der Ballon nach der Ladung teilweise noch mit dem leicht entzündbaren Gas gefüllt sein. Vermeiden Sie also unbedingt offenes Feuer hinsichtlich der dann bestehenden Explosionsgefahr. Nicht, dass sich die Sonde auf ihre zweite Reise durch die Atmosphäre begibt ....



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