Der Titel "Die Frau der Ringe" sollte nicht die Aufmerksamkeit der Leser und Leserinnen auf eine Fortsetzung des Romans "Der Herr der Ringe" von J. R. R. Tolkien hinführen, sondern "Die Frau der Ringe" ist ein Spitzname, den die Einheimischen der Mittelmeerinsel Sizilien einem Berg gegeben haben. Dieser berühmte Berg ist der Vulkan Ätna, welcher der größte und aktivste Vulkan Europas ist (siehe Thema des Tages: https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/8/19.html).
Die Einheimischen geben dem Vulkan üblicherweise den Namen "Idda" oder "Mamma Etna", weil seine Hänge landwirtschaftlich betrieben werden und der Lavaboden sehr fruchtbar ist. Da der Ertrag oft sehr gut ist, ist für die Bauern der Ätna wie eine "liebende Mutter". Aber ab und zu wird "Mamma Etna" zornig und spuckt Feuer und Lava sowie Asche, die dann Probleme und manchmal auch Zerstörung bringen.
Der Ätna ist immer für eine Überraschung gut: In den letzten Tagen konnte man am Ätna ein weltweit einzigartiges Phänomen bewundern. Aus einem der fünf Hauptkrater sind etliche weiße Rauchringe aufgestiegen, die dann für mehrere Minuten am Himmel zu sehen waren. Es ist nicht zum ersten Mal, dass der Ätna Rauchringe produziert. In den Jahren 2000 bis 2003 konnte man schon dieses Naturwunder beobachten. Diesmal war jedoch die Frequenz erstaunlich hoch mit mehreren Ringen hintereinander und nicht wie üblich ein oder zwei am Tag.
Was ist ein Rauchring und wie entsteht er?
Ein Rauchring, im Fachjargon "Volcanic Vortex Ring", ist ein Wirbel in der Form eines Ringes mit Strömungsrichtung um den Ringkörper herum. Die innere Geschwindigkeit ist stets höher und somit entsteht ein in sich geschlossenes Strömungs- und damit Energiesystem. Die Ringe, zum Beispiel am Ätna, können einen Durchmesser von bis zu 200 m haben.
Am Südostkrater, einem der Hauptkrater des Ätnas, hat sich ein "Pit"-Krater gebildet: ein Krater, der wie ein Brunnen aussieht, in dem heiße Gase austreten. Nun sollte man es sich am Ätna so vorstellen: Der Vulkanschlot ist mit Magma gefüllt. Das Magma kommt aus großer Tiefe, aus dem Erdmantel. Das Magma trifft auf dem Weg zur Erdoberfläche auf mehrere Becken. Eines davon liegt auf 2900 m Höhe, also knapp unter dem Krater, der 3352 m hoch ist. Das Magma ist aber zähflüssig und die Gase können nicht so leicht ausweichen, daher bilden sich größere Gasblasen, die dann plötzlich zerplatzen und einen hohen Druck erzeugen. Die erzeugte Druckwelle muss nun durch die relativ enge Krateröffnung austreten. Durch die Reibung entlang der zylinderförmigen Wände wird die Druckwelle eingebremst, während in der Mitte die Gase schneller austreten können. Somit entsteht ein kreisförmiger Wirbel, der dann nach außen geschleudert wird. Ein Rauchring ist somit entstanden.
In den sozialen Medien sind tolle Bilder der Rauchringe zu finden. Auch in Artikeln und sogar im Fernsehen wurde das Phänomen gezeigt und beschrieben. Der Fotograf und Bergführer Giò Giusa hat dankeswerterweise einige Bilder zu Verfügung gestellt. Diese wurden Anfang April geschossen. Aktuell hat die Anzahl der Ringe zwar abgenommen, aber es können jeder Zeit wieder mehr werden.
Wer also Urlaub auf Sizilien verbringen will, kann auch dieses Naturschauspiel erleben, auch wenn in den nächsten Tagen das Wetter nicht mehr so mitspielt. Das Wetter zeigt sich nämlich wechselhafter und der Gipfel des Vulkans liegt dann oft in Wolken.