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30. Juni 2024 | M.Sc. Meteorologe Nico Bauer

Die Bilanz von Unwettertief ANNELIE

Die Bilanz von Unwettertief ANNELIE

Datum 30.06.2024

Heftiger Starkregen, Hagel und Böen bis in den orkanartigen Bereich. Nicht nur in Dortmund gab es am vergangenen Abend und letzte Nacht während des EM-Spiels zwischen Deutschland und Dänemark schwere Gewitter.

Tief ANNELIE sorgte in einigen Teilen Deutschlands für eine unruhige Nacht. Unwetterartige Gewitter mit heftigen Starkregen, Hagel, hohen Blitzraten und schweren Sturmböen sorgten für einige Turbulenzen. Betroffen davon war vor allem der Westen und gebietsweise auch der Norden Deutschlands.
ANNELIE hatte ihren Ursprung über Südostfrankreich und verlagerte sich im Laufe des gestrigen Samstags in den Westen Deutschlands. Dabei wurden auf der Vorderseite des Tiefs heiße und sehr feuchte Luftmassen herangeführt. Im Süden stiegen die Temperaturen in den Niederungen auf schweißtreibende Werte von deutlich über 30 Grad an. Spitzenreiter war Kitzingen mit 35,0 Grad. Zudem war die Luftmasse sehr feucht. Am Abend lagen die Taupunkte in der Südhälfte verbreitet bei über 20 Grad. Stellenweise wurden sogar Taupunkte um 25 Grad registriert.



Temperaturen und Taupunkte um 22 Uhr. (Quelle DWD)
Temperaturen und Taupunkte um 22 Uhr. (Quelle DWD)



In dieser schwülwarmen bis heißen Luftmasse fehlte aber zunächst der Hebungsantrieb, sodass sich die Gewitteraktivität bis zum Abend in Grenzen hielt und somit bestes Bade- und Grillwetter herrschte. Erst im Laufe des Abends mit Annäherung von Tief ANNELIE kamen von Frankreich und Benelux die ersten kräftigen Gewitter auf. Im Verlauf des Abends formierte sich über dem äußersten Westen Deutschlands ein erstes Gewittercluster. An dessen Südostseite entwickelte sich ein erstes unwetterartiges Gewitter mit heftigem Starkregen, Hagel und Sturmböen, welches für eine kurze Pause beim EM-Spiel zwischen Deutschland und Dänemark sorgte.

Zur gleichen Zeit zog auch ins Saarland und nach Rheinland-Pfalz ein größeres Gewittersystem, dass sich bis Mitternacht nach Hessen ausbreitete. Dabei kam es zu heftigen Starkregen und schweren Sturmböen. Örtlich wurden Niederschlagsmengen bis 50 Liter pro Quadratmeter innerhalb von wenigen Stunden gemessen. Im weiteren Verlauf der Nacht verlagerte sich der Gewittercluster unter Abschwächung weiter nach Nordosten. Gegen Morgen wurden dann aber kaum noch Unwetterschwellen erreicht.



12 stündige Niederschlagssummen bis 08 Uhr. (Quelle DWD)
12 stündige Niederschlagssummen bis 08 Uhr. (Quelle DWD)



Auch von Niedersachsen bis nach Brandenburg entwickelten sich bereits am Abend gebietsweise kräftige Gewitter. Dort trat neben heftigem Starkregen auch häufiger Hagel auf. Lokal eng begrenzt wurden innerhalb von wenigen Stunden Niederschlagssummen um 60 Liter pro Quadratmeter beobachtet.



Radarbild, Satellitenfilm, Blitze und Geopotential um 01:00 Uhr. (Quelle DWD)
Radarbild, Satellitenfilm, Blitze und Geopotential um 01:00 Uhr. (Quelle DWD)



Trotzdem blieb die Gewitterlage der vergangenen Nacht glücklicherweise etwas hinter den Erwartungen. Vor allem die Windentwicklung während der Gewitter war schwächer ausgeprägt als gedacht. Dies könnte zum einen daran gelegen haben, dass die atmosphärische Grundschicht feuchter war als von den Modellen prognostiziert. Dadurch entfalten Gewitterfallböen nicht ihr volles Potenzial. Durch eine stärkere Verdunstung von Wassertröpfchen kühlt das Luftpaket nämlich innerhalb des Abwindbereiches eines Gewitters stärker ab. Dadurch wird dieses beschleunigt, da kühlere Luftmassen relativ zur Umgebungsluft eine höhere Dichte aufweisen. Dies führt zu höheren Windgeschwindigkeiten am Erdboden in der Nähe des Gewitters. Zudem war der Organisationsgrad der Gewittersysteme nicht so stark ausgeprägt, wie von den Vorhersagemodellen prognostiziert. Dadurch ist der Transport höherer Windgeschwindigkeiten in niedrigere Luftschichten schwieriger. Beide Faktoren könnten eine entscheidende Rolle gespielt haben und erklären, warum an den amtlichen Wetterstationen gestern Abend und eingangs der Nacht keine Orkanböen gemessen wurden.



© Deutscher Wetterdienst

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