07. Mai 2012 | Dipl.-Met. Martin Jonas
Knapp vorbei...
... ist auch daneben, pflegt man im Sport ja ab und an zu sagen, wenn
das erhoffte Erfolgserlebnis nur um wenige Zentimeter verpasst wurde.
Ganz so knapp geht es aktuell in der Atmosphäre nicht zu, aber die
warme Luft, die wir spätestens seit dem kurzen Sommerintermezzo vor
etwa 10 Tagen vermissen, ist - global betrachtet - gar nicht so weit
entfernt.
Gar nicht so weit - das sind im aktuellen Fall läppische 1000 km und
damit für atmosphärische Maßstäbe "überschaubare" Distanzen. Trotzdem
bekommen wir von der Wärme nichts ab. Denn diese wird leider über
Osteuropa nach Norden verfrachtet.
Bis zu 20 Grad wurden dabei im Norden Russlands am 60. Breitengrad
erreicht, in ganz Weißrussland über 20 Grad, in den meisten Gebieten
der Ukraine über 25 Grad. Dabei zeigten sich an der Luftmassengrenze,
die die bei uns vorherrschende kalte von der weiter im Osten
liegenden warmen Luft trennte, teils sehr scharfe
Temperaturgegensätze. So kletterten die Temperaturen gestern im
litauischen Klaipeda, dem früheren Memel, auf nur 12 Grad, in Kaunas
im Landesinneren dagegen auf 24 Grad. Ein bemerkenswerter Gegensatz
in einem relativ kleinen Land, auch wenn man den dämpfenden Einfluss
der Ostsee auf die Höchsttemperaturen berücksichtigen muss. Aber auch
in Polen deutliche Temperaturkontraste: 8 Grad im zentralpolnischen
Torun, 23 in Brest an der polnisch-weißrussischen Grenze.
Immerhin - allmählich geht es auch bei uns wieder aufwärts mit den
Temperaturen. Verantwortlich dafür ist eine Mädels-Kombo auf dem
Atlantik und über dem Nordmeer. Die Tiefs SVENJA vor Norwegen,
TATIJANA bei den Britischen Inseln und zwei noch namenlose
Bandmitglieder geben in dieser Woche den Ton an. Die beiden letzten
liegen aktuell noch über dem Atlantik und üben die Wettermusik. Im
weiteren Verlauf der ersten Wochenhälfte nehmen sie Kurs auf die
Iberische Halbinsel. Am Ende der Entwicklung bilden die 4 vom
nördlichen bis zum südwestlichen Europa ein Quartett, das aus dem
Bereich des subtropischen Atlantiks warme Luft nach Mitteleuropa und
damit auch nach Deutschland bringt.
Vor allem der Donnerstag verspricht im Süden und Osten sommerlich zu
werden, was nichts anderes heißt, als dass die Höchstwerte mal wieder
über 25 Grad steigen. Aber auch im Norden wird die 20-Grad-Marke wohl
verbreitet geknackt werden. Das klingt natürlich für die meisten erst
einmal positiv. Allerdings sollte nicht verschwiegen werden, dass die
Luft auch einiges an Feuchtigkeit im Gepäck hat. Und mit dieser
Feuchtigkeit sorgen unsere Mädels dafür, dass es ab der Wochenmitte
wieder richtig rockt - das heißt, es muss in der zweiten Wochenhälfte
wieder mit teils kräftigen Schauern und Gewittern gerechnet werden,
und auch Hagel und Sturmböen dürften hier und da mit von der Partie
sein. Diese Akkorde der Wettermusik kann man zu Recht als lebhaft,
abwechslungsreich und auch schwer vorhersagbar bezeichnen.
Harmoniebedürftige Musikliebhaber werden sie wohl auch dissonant
nennen.
Da kann man nur hoffen, dass die unangenehmsten Entwicklungen an uns
vorbeiziehen - wenn auch vielleicht nur knapp.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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