24. Juli 2012 | Dipl.-Met. Sabine Krüger
Mit kühlem Kopf an der Küste
Im Gefolge von Hoch Xerxes strömt in den kommenden Tagen sommerlich
warme, teils heiße Luft nach Deutschland, vielerorts werden von
Mittwoch bis Freitag Tageshöchsttemperaturen von 30 Grad erwartet.
Gebietsweise zeigt dann das Thermometer auch Höchstwerte von bis zu
33 Grad. In Norddeutschland werden 25 bis 29 Grad erwartet, an den
Küsten der Nord- und Ostsee kann man dagegen bei Höchstwerten von 20
bis 24 Grad einen kühlen Kopf bewahren. Wie kommt das?
Das Stichwort zur Erklärung dieses Phänomens ist der Seewind. Davon
spricht man, wenn der Wind vom Meer zum Land weht und damit kühlere
Seeluft heranführt. Die aktuellen Wassertemperaturen der Nord- und
Ostsee liegen bei etwa 17 Grad. Die Temperaturen des Wassers ändern
sich im Vergleich zu den Temperaturen an Land deutlich langsamer und
haben daher im Sommer einen kühlenden Effekt auf die nähere Umgebung.
Nachts kann man übrigens den umgekehrten Effekt beobachten. Das
umliegende Wasser ist dann verhältnismäßig warm und kann die
Abkühlung in küstennahen Gebieten deutlich dämpfen.
Für die Seewinde gibt es unterschiedliche Ursachen. Einerseits kommt
es auf Grund der großräumigen Druckverteilung zu Winden aus
entsprechenden Richtungen. In den nächsten Tagen führt ein
Hochschwerpunkt über den Britischen Inseln zum Seewind an der Nord-
und Ostseeküste, der die Tageshöchstwerte im Vergleich zum
Landesinneren dämpft. Andererseits kann sich bei einer windschwachen
Hochdruckwetterlage, wenn großräumige Luftbewegungen nur schwach sind
oder ganz fehlen, ein lokales, kleinräumiges Windsystem ausbilden,
bei dem sich Land- und Seewind tageszeitlich abwechseln. Die
sogenannte Land-Seewind-Zirkulation.
Die Land-Seewind-Zirkulation hat rein thermische Ursachen, wird also
nur durch die unterschiedliche Erwärmung von Land und Wasser
hervorgerufen und kann an den Meeresküsten oder auch an den Ufern
großer Seen wie dem Bodensee entstehen. Das Land heizt sich durch die
Sonneneinstrahlung sehr viel stärker auf als die Wasseroberfläche.
Die warme Luft ist leichter als kühlere Luft und steigt daher auf. Je
nach Intensität der Sonneneinstrahlung beginnt das Aufsteigen der
über dem Land erhitzten Luft etwa um die Mittagszeit. Durch das
Aufsteigen entsteht am Boden ein lokales Tiefdruckgebiet (siehe
Abbildung), dem eine
Ausgleichsströmung vom Wasser zum Land hin folgt - der Seewind, der
kühlere und feuchtere Seeluft heranführt. Die so wegtransportierten
Luftmassen werden aus höheren Schichten ersetzt, so dass über dem
Wasser ein lokales Hochdruckgebiet entsteht. In höheren Luftschichten
herrscht durch die von unten aufsteigende Luft ein relativ höherer
Luftdruck. Es kommt zu einer Ausgleichströmung in der Höhe vom Land
zum Wasser, so dass der Kreislauf geschlossen ist.
Am Abend und in der Nacht kehren sich die Verhältnisse um. Es weht
ein Wind vom Land zum Wasser, der sogenannte Land- oder auch
ablandige Wind, der aber bei weitem schwächer ausgeprägt ist als der
See- oder auflandige Wind am Nachmittag.
Am Bodensee sind bis einschließlich Donnerstag schwache Winde aus
unterschiedlichen Richtungen, teils entsprechend
Land-Seewind-Zirkulation vorhergesagt.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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