23. August 2012 | Dipl.-Met. Marcus Beyer
Gordon und die Azoren
Bei der ganzen Hitze der letzten Tage haben wir das Wetter um uns
herum ganz aus den Augen verloren. Nach der Abkühlung auf "normales"
sommerliches Niveau wird es aber nun Zeit, mal zu schauen, wie es mit
den tropischen Systemen auf den Weltmeeren so ausschaut.
So hatte am 20.08. ein Hurrikan die Azoren erreicht. Wie es dazu kam
und wie stark Gordon war, dazu gleich mehr. Zunächst erstmal eine
kurze Zusammenfassung des Grundwissens über tropische Wirbelstürme.
Bei tropischen Wirbelstürmen handelt es sich um Tiefdruckgebiete, die
meist in den tropischen Breiten unserer Weltmeere vorkommen. Sie
bilden sich allerdings anders, als die uns bekannten
mitteleuropäischen Tiefdrucksysteme.
Bei unseren Tiefs spielen große horizontale Temperaturunterschiede
die entscheidende Rolle. Treffen warme und kalte Luftmassen
aufeinander, so ist die Natur bestrebt diese Gegensätze
auszugleichen. Diese Aufgabe übernehmen Tiefdruckgebiete, die wie ein
Schaufelradbagger auf ihrer Vorderseite warme Luft nach Norden
bringen, während an ihrer Rückseite kalte Luft nach Süden
transportiert wird.
Je stärker die Temperaturgegensätze sind, desto intensiver werden
auch die Tiefs. Das ist auch der Grund, warum die Sturmtiefgefahr im
Winter am größten ist. Dann ist nämlich auch der Temperaturgegensatz
zwischen Polen und Tropen am größten.
Bei Wirbelstürmen spielen solche Temperaturgegensätze überhaupt keine
Rolle. Im Gegenteil, einheitliche Temperaturverteilungen sind sogar
von Vorteil. Sie entstehen zwischen dem 5ten und dem 30ten
Breitengrad immer dann, wenn die Wassertemperatur einen kritischen
Wert von 26 Grad überschreitet. Entscheidend ist dabei vor allem der
Temperaturunterschied zwischen Wasser und Luft. Darüber hinaus ist
auch wichtig, dass der bodennahe Wind und die Winde in höheren
Luftschichten möglichst einheitlich sind (geringe Windscherung).
Dadurch behalten die Stürme ihr kreisrundes Erscheinungsbild und
können ihre volle Kraft entfalten. Ein dritter wichtiger Faktor ist
die Feuchte. Trockene Luftmassen verhindern die Ausbildung von
Gewittern, die einen wesentlichen Bestandteil der Stürme darstellen
und quasi ihr Motor sind. Trockene Luft schwächt also Wirbelstürme
oder kann sie gar ganz zerstören.
Damit wären die wesentlichen Zutaten beisammen. Wirbelstürme können
theoretisch auf allen Weltmeeren auftreten. Sie werden je nach Region
unterschiedlich benannt. Auf dem Nordatlantik tragen sie den
bekannten Namen "Hurrikan". Eher selten kommen sie auf dem
Südatlantik vor. Der Grund dafür liegt unter anderem in der starken
Windscherung in dieser Region. Ebenfalls eher selten kommt es vor,
dass sich ein Hurrikan bis zu den Azoren bewegt, da die
Wassertemperatur in diesen Regionen (am Rande des Golfstroms) schon
recht kühl ist.
Gordon ist ein Exemplar, der es dann aber tatsächlich mal wieder
geschafft hat. Er ist der erste Hurrikan seit 2006 der die Azoren
erreichen konnte. Interessanterweise hatte der damalige Sturm exakt
denselben Namen.
Der diesjährige Gordon konnte sich am 15.08 aus einem Gewitterkomplex
über dem Ostatlantik bilden. Auf seinem Weg nach Osten hat er sich
bis zu einem Hurrikan der Stufe 2 (Winde über 150 km/h) verstärkt. Er
war damit der bisher stärkste Sturm der aktuellen Hurrikansaison auf
dem Nordatlantik. Als er schließlich am 20.08 auf die südlichen
Azoren traf hatte er noch über 120 km/h zu bieten (Stufe 1). Größere
Schäden hat der Wirbelsturm aber zum Glück nicht anrichten können.
Nun ist Gordon nicht mehr aktiv. Über dem Ostatlantik hat sich aber
mittlerweile ein Gewitterkomplex zu dem neuen Tropischen Sturm Isaac
verstärkt. Die Prognosen sehen derzeit so aus, dass der Sturm sich
sogar noch zu einem Hurrikan der Stufe 1 verstärken könnte. Er soll
über die Dominikanische Republik/Haiti und Kuba hinweg ziehen, ehe er
zu Beginn der neuen Woche Florida erreichen könnte.
Was ist sonst noch los? Über dem Westpazifik sind zwei Wirbelstürme
unterwegs. Typhoon Tembin hat derzeit Stärke 3 und soll sich noch
etwas verstärken, ehe er am Freitag den Süden Taiwans treffen kann.
Der zweite Typhoon Bolaven liegt derzeit noch über der Philippinische
See und soll sich unter Verstärkung nordwärts bewegen. Er könnte zu
Beginn der neuen Woche die Küstenregion zwischen Korea und China
gefährden.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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