16. September 2012 | Dipl.-Met. Johanna Anger
2012 - Saison der Wirbelstürme?
Der ehemalige Hurrikan LESLIE, der uns in den letzten beiden Tagen
als außertropisches Tiefdruckgebiet die erste frühherbstliche
Sturmlage im Norden Deutschlands brachte, befindet sich nun über
Nordskandinavien und hat somit keinen Einfluss mehr auf unser Wetter
(siehe auch Thema des Tages vom 14.9.2012). Stattdessen sind wir
mittlerweile unter den Einfluss des Hochdruckgebietes ENNIO gelangt,
das uns heute landesweit ruhiges und freundliches Septemberwetter
bringt.
Die Tropensturmsaison auf dem Atlantik geht unterdessen weiter und
mit Hurrikan NADINE hat sich mittlerweile das 14. System der
diesjährigen Wirbelsturmsaison gebildet. Vergleicht man das mit dem
Jahr 2005, in dem sich insgesamt 30 tropische Stürme entwickelt haben
- unter anderem auch KATRINA, die New Orleans verwüstete - so tauchte
der Buchstabe "N" mit dem Hurrikan NATE bereits am 5. September auf.
Mit 2006 folgte dann unmittelbar ein Jahr mit wenigen Entwicklungen.
Hurrikan ISAAC war damals der neunte und letzte Wirbelsturm. 2011 gab
es bis zum Ende der Saison insgesamt 19 Tropenstürme, davon 7
Hurrikane. So gesehen, muss man 2012 schon jetzt zu den
wirbelsturmreicheren Jahren rechnen.
Schwere tropische Wirbelstürme entstehen meist dann, wenn die
Oberflächentemperatur der Ozeane 26 Grad Celsius überschreitet. In
Einzelfällen sind allerdings Entwicklungen tropischen Charakters auch
schon bei geringeren Wassertemperaturen beobachtet worden. Durch die
starke Verdunstung von der warmen Meeresoberfläche werden die darüber
liegenden Luftschichten mit großen Mengen von Wasserdampf
angereichert. Die feuchte Warmluft steigt nach oben und der
Wasserdampf kondensiert, wobei gewaltige Energiemengen frei werden.
Diese aufsteigende Luft wird außerdem langsam in horizontale Rotation
um das neu entstandene Tiefdruckzentrum herum versetzt. Damit ist das
erste Entwicklungsstadium, die "Tropical Depression" erreicht. Zieht
nun ein solcher junger Sturm weiter über warme Meeresgebiete, gewinnt
dieser durch weitere Zufuhr von Wasserdampf noch mehr an Kraft und
entwickelt sich schließlich zu einem tropischen Wirbelsturm. Die
nächste Entwicklungsstufe wird dann je nach Entstehungsregion
unterschiedlich bezeichnet, nämlich auf dem Atlantik und dem
Ostpazifik als Hurrikan, auf dem Westpazifik als Taifun und im
Indischen Ozean als Zyklon. Um diese Stufe zu erreichen, muss der
Wirbelsturm (mittlere) Windgeschwindigkeiten von 120 km/h
überschreiten.
Die Entstehung von tropischen Wirbelstürmen auf dem Atlantik beginnt
meist vor der Westküste Afrikas. In diesem Jahr begann die
Hurrikansaison auf dem Atlantik bereits am 19. Mai mit dem Tropischen
Sturm ALBERTO, der allerdings nicht das Stadium eines Hurrikans
erreichte. Im selben Monat folgte noch ein weiterer Tropischer Sturm
BERYL, bevor Mitte Juni der Tropensturm CHRIS als erster Hurrikan der
Saison deklariert wurde. Von den bislang 14 Tropenstürmen dieser
Saison wurden 8 zu einem Hurrikan. Nicht alle trafen auf das
amerikanische Festland. Die meisten schlugen etwa auf der Höhe der
kleinen Antillen einen Kurs Richtung Nordosten ein und schwächten
sich entweder auf ihrem weiteren Weg ab, oder wurden ähnlich wie
LESLIE als außertropisches Tief in die Westwinddrift mit einbezogen.
Aktuell befindet sich Hurrikan NADINE auf dem offenen Meer. Nach den
aktuellen Prognosen des National Hurricane Center (NHC) in Miami wird
NADINE in den kommenden Tagen zunächst kurz Richtung Norden und dann
nach Osten abdrehen und könnte so unter Abschwächung voraussichtlich
am Donnerstag die Azoren erreichen.
Derzeit beträgt die Wasseroberflächentemperatur vor der Westküste
Afrikas etwa 27 Grad. Der Ozean liefert demnach noch ausreichend
Energie für die Entwicklung weiterer tropischer Stürme.
Auf dem Pazifik wütet derzeit der Taifun SANBA vor den Küsten Japans
und Südkoreas. Mit Spitzenwindgeschwindigkeiten über 250 km/h hat er
die höchste Taifunkategorie 5 erreicht. Er wird voraussichtlich heute
Abend die Küste Japans streifen, bevor er morgen Südkorea erreicht.
Auch wenn sich der Taifun bis dahin etwas abschwächen wird, stellt er
aufgrund des Windes und starker Regenfälle dennoch eine große Gefahr
dar.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: NOAA
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