25. September 2012 | Dipl.-Met. Jens Hoffmann
Stürmischer Wochenstart - eine Bilanz und ein kurzer Ausblick
Seit dem vergangenen Samstag, 16:48 Uhr MESZ läuft der kalendarische
Herbst 2012. Und damit die Menschheit merkt, dass das auch so ist,
hat die Atmosphäre am gestrigen Montag bei uns in Deutschland, aber
auch in einigen benachbarten Staaten eine erste "Duftmarke" gesetzt.
Herbststurm heißt das Thema, wobei man gleich vorweg schicken muss,
dass wir in Deutschland noch vergleichsweise glimpflich davon
gekommen sind. Doch der Reihe nach:
Protagonistin der gestrigen Sturmlage war das kräftige Tief KARIN,
das seine Geburtsstunde bereits in der vergangenen Woche über dem
Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel hatte. Im Laufe des
Wochenendes entwickelte sich KARIN zu einem Sturmtief, das in der
Nacht zum Montag von der Biscaya kommend den Westeingang des
Ärmelkanals erreichte. Dabei frischte der westliche Wind besonders
über Westfrankreich stürmisch auf, bis weit ins Binnenland wurden
Sturmböen der Stärke 8 bis 9 Beaufort (etwa 65 bis 85 km/h)
registriert. Fetziger ging es an der Atlantikküste zu, wo schwere
Sturmböen (Stärke 10 Bft), vereinzelt sogar orkanartige Böen (Stärke
11 Bft) mit bis zu 105 km/h auftraten.
In Deutschland war es zu diesem Zeitraum noch vergleichsweise ruhig,
lediglich an der Nordsee sowie in einigen Hochlagen blies schon ein
lebhafter, in Böen stürmischer Wind.
Das sollte sich tagsüber mit allmählicher Verlagerung und
Intensivierung des Tiefs in Richtung Mittelengland/westliche Nordsee
ändern. Bereits am Vormittag frischte der südliche bis südwestliche
Wind im Grenzbereich zu Belgien, Luxemburg und Ostfrankreich deutlich
auf mit ersten Sturmböen 8 bis 9 Bft. In den Alpen wehte ein
kräftiger Föhnsturm, dessen Schwerpunkt mit orkanartigen Böen auf den
Gipfeln in Österreich lag. Und auch an der Küste dehnte sich das
Starkwindfeld allmählich bis zur Ostsee aus. Das Interessante dabei:
Es handelte sich nicht - wie häufig üblich - um einen Sturm aus
westlichen Richtungen, sondern der Position des Tiefs entsprechend um
einen Ost- bis Südoststurm. Auf Helgoland und am Leuchtturm in Kiel
wurden dabei schwere Sturmböen zwischen 90 und 100 km/h gemessen,
sonst ging es allgemein moderater zu - eine normale herbstliche
Starkwindlage. In Frankreich hatte sich das Sturmfeld mittlerweile in
die nördlichen Landesteile verlagert, wobei die Spitze an der
Kanalküste in Boulogne mit 111 km/h auftrat.
Am Nachmittag legte der Wind dann auch in der gesamten Westhälfte
Deutschlands mächtig zu. Verbreitet traten Sturmböen 8 bis 9 Bft bis
in tiefe Lagen auf, und ganz im Westen wurden sogar einzelne
10er-Böen registriert wie z.B. in Aachen-Orsbach (90 km/h) oder in
Trier-Petrisberg (94 km/h). Auf der Wasserkuppe in der Rhön gab es
sogar die "volle Orkandröhnung" mit 119 km/h (Windstärke 12 Bft), was
bei einer Höhe von etwa 920 m aber keine Besonderheit darstellt. In
den östlichen Landesteilen, quasi von Brandenburg über Sachsen bis
hinunter nach Bayern, blieb der Wind - abgesehen von den Hochlagen -
relativ zahm, woran auch eine kleine Intensivierung am Abend sowie in
der ersten Nachthälfte nichts änderte.
Am meisten tobte sich der Südweststurm am Nachmittag und Abend in
Belgien und den Niederlanden aus, wo flächendeckend Sturmböen,
Richtung Küste schwere Sturmböen und orkanartige Böen gemessen
wurden.
Übrigens, die Zugbahn des Sturmtiefs erfolgte nicht auf der sonst
eher typischen Spur Britische Inseln/Südskandinavien/Baltikum bzw.
Nordwestrussland sondern eher auf einem Außenseiterkurs. Von daher
erklärt sich nicht nur der der Oststurm an der deutschen Küste,
sondern auch die Tatsache, dass der Wind in den meisten Regionen
vergleichsweise warm daher kam. Mit der südlichen bis südwestlichen
Strömung wurde nämlich eine Portion Subtropikluft in weite Teile des
Landes gelenkt, die für schauerartige Regenfälle und Gewitter sorgte
und die Temperatur von den Alpen bis an den Südrand der Norddeutschen
Tiefebene verbreitet auf über 20°C steigen ließ. Weiter nördlich war
es dagegen zum Teil deutlich frischer. Vor allem in
Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern hielt sich die
Freude über das Wetter angesichts gerade mal 11 bis 13°C, Wind, Sturm
und Regen in überschaubaren Grenzen.
Nach ausführlicher historischer Betrachtung bliebe abschließend noch
ein kurzer Blick in die Zukunft. Sturmtief KARIN ziert zwar weiterhin
die Wetterkarte, allerdings mit deutlich weniger Auswirkungen (vor
allem hinsichtlich des Windes) auf unser Wetter als noch am Montag.
Bis Mittwoch zieht KARIN über Nordengland und die Irische See zurück
zum Westeingang des Ärmelkanals, um dann bis zum Freitag irgendwo
über Nordfrankreich oder Belgien in die ewigen Jagdgründe der
Meteorologie zu verschwinden.
Und wie wird es nun bei uns:
Am heutigen Dienstag im Norden und Westen Wolkenüberschuss und
zeitweise Regen, vereinzelt Gewitter bei 15 bis 20°C. Im Osten und
Süden dagegen viel Sonne und Erwärmung auf 20 bis 24°C. In den Alpen
erneut auflebender Föhnsturm.
Am Mittwoch wenig Änderung, im Norden und Westen weitere Regenfälle,
teils gewittrig bei 15 bis 19°. Von Vorpommern bis nach Bayern meist
trocken und Sonne bei 19 bis 25°C, im Südosten Bayerns mit
Föhnunterstützung örtlich sogar noch darüber - na herzlichen
Glückwunsch.
Ab Donnerstag dann aber auch im Osten und Süden wechselhafter und
nicht mehr so warm, mit deutschlandweiten 14 bis 20°C aber auch nicht
wirklich kalt. Dazu eine Mischung aus Wolken, zeitweiligem Regen aber
auch sonnigen Abschnitten. Details später...
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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