13. November 2012 | Dipl.-Met. Martin Jonas
Umgekehrt
Manchmal läuft es nicht so, wie es soll. Schlimmer noch, es läuft
eher umgekehrt. Kennen Sie das? Das kennen Sie!
Abgesehen von den "Umkehrungen" im täglichen Leben kennen auch viele
Wissenschaften entsprechende Phänomene. Speziell die
Naturwissenschaften und darunter auch die Meteorologie. Und da man
wissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten gerne mit hochtrabenden
Bezeichnungen versieht, hat man im Lateinischen gesucht und ist
fündig geworden. "Inversio" heißt die Umkehrung dort, und folglich
bezeichnet man Umkehrungen oft als Inversion.
Meteorologen meinen damit eine unnormale Temperaturschichtung. Aber
was ist denn eine "normale" Schichtung und wann wird diese
"unnormal"? Die normale Schichtung wird häufig anhand der sogenannten
Standardatmosphäre definiert. In ihr nimmt die Temperatur je 100
Höhenmeter um genau 0,65 Grad ab, und das vom Erdboden bis in eine
Höhe von 11 km. Man könnte es als mutig oder verwegen bezeichnen,
etwas als Standard zu definieren, was nach menschlichem Ermessen
niemals auftreten wird. Genauso mutig wäre es, zu einem bestimmten
Zeitpunkt exakt das Wetter zu erwarten, das vorhergesagt wird.
Die Kunst besteht natürlich in etwas anderem. Während der Meteorologe
bei seiner Prognose möglichst wenig von der zukünftigen Situation der
Atmosphäre abweichen möchte, will der "Standardisierer" über einen
langen Zeitraum und ein großes Gebiet einen mittleren Zustand
beschreiben. Hilfreich ist die - auf den ersten Blick obskur
anmutende - Definition der Standardatmosphäre zum Beispiel in der
Luftfahrt, denn in höheren Luftschichten sind die Abweichungen vom
Mittelwert deutlich geringer als bodennah.
Gerade diese hohe Variabilität in der Nähe des Erdbodens kann aber
dazu führen, dass die Temperatur mit zunehmender Höhe nicht ab-,
sondern zunimmt. Und dann spricht der Meteorologe von einer
Inversion. Eine entsprechende grafische Darstellung, sowohl von der
Standardatmosphäre als auch von einer Inversion, finden Sie nebenstehend:
Der
Inversionsbereich des Radiosondenaufstieges ist mit einem roten Kreis
markiert, wobei die durchgezogene schwarze Linie die Temperatur
wiedergibt.
Gerade aktuell gestaltet sich die Wetterlage wieder derart, dass es
verbreitet zu Inversionen kommt. In den Nächten kühlt sich die Luft
am Erdboden sehr stark ab. Ihre Temperatur liegt dann tiefer als die
Temperatur in den darüberliegenden Schichten. Das Auskühlen ist dabei
nicht nur häufig mit Dunst und Nebel verbunden, diese Schichtung der
Atmosphäre ist auch sehr stabil. Mit anderen Worten: Sie sorgt dafür,
dass der vertikale Luftaustausch sehr stark eingeschränkt ist. Früher
waren dies die typischen Smog-Lagen. Aufgrund geringerer
Schadstoffkonzentrationen in der Luft hat sich dieses Problem in den
letzten Jahren aber deutlich entspannt.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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